1661/AB XX.GP

 

zur Zahl 1622/J-NR/1996

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier und Genossen haben an

mich eine schriftliche Anfrage, betreffend Anwendung von § 15 Kapitalmarktgesetz,

gerichtet und folgende Fragen gestellt:

"1 . Wie viele Strafanzeigen bzw. Sachverhaltsmitteilungen wurden seit Inkrafttre-

ten des KMG unter Bezugnahme auf § 11 und § 15 KMG an die österreichi-

schen Anklagebehörden (Staatsanwaltschaften) gerichtet?

2. ln wie vielen Fällen wurde dabei durch das Finanzministerium - als Aufsichts-

behörde - eine entsprechende Strafanzeige erstattet?

3. In wie vielen Fällen wurden unter Bezugnahme auf § 11 nach § 15 KMG Vorer-

hebungen oder Voruntersuchungen eingeleitet und Anklage erhoben?

4. In wie vielen Fällen kam es seit Inkraftreten des Kapitalmarktgesetzes zu

rechtskräftigen Verurteilungen nach § 15 KMG?

5. Gegen den European Kings-Club wurde durch die Arbeitskammer Salzburg

erstmals am 7.9.1993 unter Bezugnahme auf § 15 KMG Anzeige erstattet, wo-

bei mehrere Nachtragsanzeigen folgten. Warum wurde damals trotzdem kein

Verfahren gegen die verantwortlichen Personen des European Kings-Club -

wobei bei der ersten Strafanzeige sogar mehrere Namen ausdrücklich be-

kanntgegeben und auf die strafrechtliche Verfolgung in der Bundesrepublik

und der Schweiz verwiesen wurde - eingeleitet?

6. Handelte es sich bei der Veranlagung ("Letter") durch den European Kings-

Club um ein prospektpflichtiges Angebot im Sinne des KMG?

7. Wenn nein, warum nicht?

8. Werden in Zukunft Anbieter von derartigen Finanzdienstleistungen wie die des

European Kings-Club unter die gesetzlichen Bestimmungen (Wohlverhaltens-

regeln etc.) des nun beschlossenen WAG fallen?

9. Wenn nein, warum nicht?"

Ich beantworte diese Fragen wie folgt:

Zu 1:

Soweit dies von den einzelnen Staatsanwaltschaften auf Grund der von ihnen

geführten Aufzeichnungen bzw. nach der Erinnerung der einzelnen Referenten

erhoben werden konnte, wurden seit Inkrafttreten des Kapitalmarktgesetzes

zumindest sechzehn Anzeigen nach dessen § 15 erstattet.

Zu 2:

Zumindest in zwölf dieser Fälle trat das Bundesministerium für Finanzen als Anzei-

gerin auf.

Zu 3:

In zwölf Verfahren wurden Vorerhebungen in Richtung § 15 KMG geführt, in vier

Fällen Strafanträge eingebracht. Diese Verfahren wurden allerdings nicht unter Be-

zugnahme auf § 11 KMG geführt, weil dieser die Prospekthaftung, also einen zivil-

rechtlichen Schadenersatzanspruch, regelt.

Zu 4:

Zu rechtskräftigen Verurteilungen ist es bisher noch nicht gekommen; ein Schuld-

spruch nach § 15 KMG ist noch nicht rechtskräftig. In drei Verfahren wurden die Be-

schuldigten rechtskräftig freigesprochen.

Zu 5,6 und 7:

Bei der Veranlagung durch "Letters" des European Kirngs Club handelt es sich nach

Ansicht der Staatsanwaltschaft Salzburg um ein prospektpflichtiges Angebot im Sinn

des Kapitalmarktgesetzes. Ich habe jedoch bereits in Beantwortung der mündlichen

Anfrage des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier bei der Fragestunde

am 28. November 1996 dargelegt, daß von der Verfolgung der einzigen damals in

Österreich aufhältigen Repräsentantin des European Kings Club wegen des Ver-

dachts des Verstoßes gegen § 15 Kapitalmarktgesetz am 1. Februar 1995 in Anbe-

tracht des damals anhängigen Verfahrens zur Auslieferung an die Schweiz gemäß

§ 34 Abs. 2 StPO unter Vorbehalt der späteren Verfolgung abgesehen wurde. Nach

dieser Bestimmung kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung strafbarer

Handlungen Abstand nehmen, wenn die im Inland zu erwartenden Strafen gegen-

über denen, auf die voraussichtlich im Ausland erkannt werden wird, nicht ins Ge-

wicht fallen.

Gegen die Verantwortlichen des European Kings Club war in der Folge auch im In-

land ein Strafverfahren wegen des Verdachts des schweren gewerbsmäßigen Be-

truges anhängig, das schließlich am 4. September 1996 zu einem Ersuchen der

Staatsanwaltschaft Salzburg um Übernahme der Strafverfolgung gegen mehrere

Personen an die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main geführt hat. Eine weitere

Verfolgung nach § 15 KMG ist daher auf Grund der in dieser Strafbestimmung ent-

haltenen Subsidiaritätsklausel, nach der sie nur zur Anwendung gelangt, wenn die

Tat nicht nach anderen Bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, nicht mög-

lich.

Zu 8 und 9:

Die Frage, ob das Anbieten von "Finanzdienstleistungen", wie sie der European

Kings Club offerierte, den "Wohlverhaltensregeln" der §§ 12 ff. Wertpapieraufsichts-

gesetz, BGBl.Nr. 753/1996 (WAG), unterliegt, kann anhand der dem Bundesministe-

rium für Justiz vorliegenden Erhebungsergebnisse und Unterlagen nicht abschlie-

ßend beantwortet werden. Sollten die von dieser Organisation ausgegebenen "Let-

ters" als Veranlagungen im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 3 KMG anzusehen sein und sollte

eine vergleichbare Organisation solche Dienstleistungen gewerblich erbringen, so

wäre eine Anwendung der Wohlverhaltensregeln der §§ 12 bis 18 WAG in Betracht

zu ziehen (vgl. § 11 Abs. 1 Z 3 lit. c und Abs. 2 WAG). Zur näheren Prüfung dieser

Fragen darf ich aber auf die führende Zuständigkeit des Bundesministers für Finan-

zen verweisen.