1694/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten Kier und Partner/innen haben an meinen Amtsvor-

gänger am 18.12.1996 die schriftliche Anfrage Nr. 1719/J betref-

fend "Verweigerung der Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen

wegen des Vorliegens von "Scheinehen" mit folgendem Wortlaut

gerichtet :

1 . In welcher Form werden Erkundigungen über das Vorliegen einer

"Scheinehe" eingeholt?

2 . In wievielen Fällen wurden - aufgeschlüsselt nach den Jahren

1993 bis 1996 sowie nach Geschlecht - die Erteilung einer

Erstaufenthaltsbewilligung mit der Begründung, es läge eine

"Scheinehe" vor , verweigert?

3. In wievielen Fällen wurden - aufgeschlüsselt wie bei Frage

1 - Aufenthaltsbewilligungen aberkannt bzw. nicht ver-

längert, weil eine "Scheinehe" vorlag?

4. In wievielen der in den Fragen 1 und 2 genannten Verfahren

wurden beide Ehepartner niederschriftlich einvernommen, in

wievielen nur der/die österreichische Partner/in, in

wievielen Fällen nur der/die ausländische Partner/in?

5. Gegen wieviele dieser Bescheide wurde berufen und wie fielen

die bereits rechtskräftigen Entscheidungen aus?

6. In wievielen der diesbezüglich rechtskräftig gewordenen

Bescheide wurden die Ehen der Antragsteller tatsächlich

annulliert?

7. Auf welcher gesetzlichen Grundlage beruht die Vorgangsweise

der MA 62, aber dem Vernehmen nach auch des Innenministeriums,

in einem solchen Verfahren auf die Einvernahme der betroffenen

Ausländer/innen zu verzichten, beigelegte Dokumente zu

ignorieren und somit die Glaubwürdigkeit einer Person an die

österreichische Staatsbürgerschaft zu binden bzw. ein Er-

mittlungsverfahren nach dem AVG zu ersetzen?

8. Wie beurteilen Sie den in der Einleitung geschilderten Fall?

9. Welche konkreten Maßnahmen werden Sie setzen, um die Recht-

mäßigkeit, Gründlichkeit und Objektivität der Verfahren

nach dem Aufenthaltsgesetz zu garantieren?

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

zu Frage 1:

Aufgrund der Stellungnahme der in der Anfrage angesprochenen

Behörde erster Instanz, welche überdies zahlenmäßig die meisten

Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz führt, kann mitgeteilt wer-

den, daß im Fall von konkreten Hinweisen die Klarstellung, ob

eine "Scheinehe" vorliegt, dadurch herbeigeführt wird, daß die

beiden Ehegatten als Partei bzw. als Zeuge einvernommen werden.

Weiters besteht die Möglichkeit, einen Fall nach durchgeführtem

Ehenichtigkeitsverfahren aufzugreifen, zumal diese Mitteilungen

direkt von der Staatsanwaltschaft Wien an die erstinstanzliche

Behörde übermittelt werden.

zu den Fragen 2, 3, 4, 5 und 6:

Es gibt keine statistische Erfassung aufenthaltsrechtlicher Be-

scheide nach dem Grund für eine Ablehnung des Antrags. Die abweis-

lichen Bescheide sind jeweils individuell zu begründen und daher

nicht in einer Form in der EDV erfaßt, die sich gesondert auf das

Element der "Scheinehe" und die damit zusammenhängenden Fakten

beziehen. Aus diesem Grund können diese Fragen nicht beantwortet

werden: Eine Beantwortung würde die Durchsicht aller Akten der

letzten vier Jahre - dies sind mehrere hunderttausend - erfor-

dern, was im Rahmen der vorhandenen Personalkapazitäten nicht

möglich ist.

zu Frage 7:

Wie bereits zu Frage 1 ausgeführt, erfolgt die Einvernahme des

Antragstellers ebenso wie die Einvernahme des österreichischen

Ehegatten, um Ermittlungsverfahren nach dem Allgemeinen Verwal-

tungsverfahrensgesetz gerecht zu werden. Bei der Einvernahme des

Zeugen wird dieser hinsichtlich der Wahrheitspflicht und der

Entschlagungsrechte belehrt, sowie auf die strafrechtlichen Fol-

gen einer falschen Zeugenaussage (§ 289 StGB) aufmerksam gemacht.

Die Behörde hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnis-

se nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als

erwiesen anzunehmen ist. Dies wird auch durch die ständige Judika-

tur der Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der "Scheinehe" bestä-

tigt.

Bei der Feststellung dieses Wahrheitsgehaltes geht die Behörde -

ohne dabei von Beweisregeln gebunden zu sein - schlüssig im Sinne

der Judikatur in den Beweisregeln auf Grundlage des AVG vor.

zu Frage 8:

Zu dem in der Einleitung geschilderten Fall ergibt sich aus den

Akten, daß sowohl der Antragsteller als auch dessen österreichi-

sche Ehegattin zum Beweisthema befragt wurden und beide Ehegatten

nicht vom Vorliegen einer ehelichen Gemeinschaft ausgegangen

waren. Daraus ergab sich nicht die Notwendigkeit, weiteres Partei-

engehör zu wahren, zumal die Behörde erster Instanz von unbestrit-

tenen Tatsachen ausgehen konnte. Im übrigen geht die Judikatur

des Verwaltungsgerichtshofes davon aus, daß die Nichtgewährlei-

stung des Parteiengehöres im Rahmen des Berufungsverfahrens

sanierbar ist .

zu Frage 9:

Dazu wird festgehalten, daß weiterhin von den Behörden nach den

Vorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes vorge-

gangen wird, wobei insbesondere auf ein ordnungsgemäßes Ermitt-

lungsverfahren größten Wert zu legen sein wird.