1699/AB XX.GP

 

Parlamentarische Anfrage der Abgeordneten

DDr. Niederwieser und Genossen betreffend

Bewirtschaftung von Wasserressourcen

Die Abgeordneten zum Nationalrat DDr. Niederwieser, Mag. Guggenberger, Mag.

Wurm, Tegischer und Genossen haben am 14. Jänner 1997 unter der Nr. 1791/J an

mich eine schriftliche Anfrage betreffend Bewirtschaftung von Wasserressourcen

gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:

"1 . Durch wen war Österreich bei der genannten Konferenz vertreten und welche

Position hat der Vertreter Österreichs zur Abänderung des Einstimmig-

keitsprinzips bei Art. 13Os Abs. 2 dort eingenommen?

2. ln welcher Form wurde bisher bei den Vorbereitungen für die Regierungskonfe-

renz zur Weiterentwicklung des Maastricht-Vertrages der Wille Österreichs ge-

genüber der EU bekundet, bei der Bewirtschaftung der Wasserressourcen am

Prinzip der Einstimmigkeit festhalten zu wollen?

3. Welche Mitgliedstaaten teilen und vertreten ebenfalls diese Position?

4. Welche Mitgliedstaaten traten bisher in diesen Angelegenheiten für das Prinzip

der Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit ein?

5. In welcher Form sind die österreichischen Interessen bei der Energieversor-

gung durch eine mögliche Abänderung des Beschlußverfahrens betroffen?

6. Welche Position vertritt die österreichische Bundesregierung hinsichtlich des

Abgehens oder der Beibehaltung der Einstimmigkeit bei Raumordnung und

Bodennutzung sowie bei den "Vorschriften steuerlicher Art"?

7. ln der einleitend zitierten Konferenz wurde auch der Komplex besprochen, daß

nach Art. 100a Abs. 4 EGV ein Mitgliedstaat unter bestimmten Bedingungen

einzelstaatliche Maßnahmen ergreifen kann, die strenger sind als die Gemein-

schaftsnormen, wenn dies durch Erfordernisse im Sinne des Art. 36 EGV oder

in bezug auf den Schutz der Arbeitsumwelt oder den Umweltschutz gerechtfer-

tigt ist. Da die Regierungsparteien immer die These vertreten haben, daß

Österreich seine strengeren Umweltnormen beibehalten kann, fragen wir, wel-

che Position Österreichs Vertreter in dieser Causa bei der einleitend erwähnten

Konferenz vertreten hat."

Ich beehre mich, diese Fragen wie folgt zu beantworten:

Zu Fragen 1 und 2:

Die Regierungskonferenz wurde durch den Europäischen Rat in Turin am 29. März

1996 eröffnet und tagt auf Außenministerebene. Deren Treffen werden durch eine

Gruppe von Beauftragten vorbereitet, österreichischer Vertreter in diesem Gremium

ist der Ständige Vertreter bei der EU, Botschafter Dr. Manfred Scheich. Die österrei-

chische Mitwirkung an der Regierungskonferenz erfolgt auf der Grundlage der

"Österreichischen Grundsatzpositionen", die auch im Nationalrat behandelt und im

März 1996 von der Bundesregierung beschlossen wurden. Der Text der

"Grundsatzpositionen" wurde auch den übrigen EU-Mitgliedstaaten zur Kenntnis ge-

bracht (Konferenzdokument CONF/3857/96).

In diesen Grundsatzpositionen ist klar festgehalten, daß Österreich einer Ausdeh-

nung der Mehrheitsentscheidung im Umweltbereich positiv gegenübersteht, es aber

für unabdingbar erachtet, daß "besonders sensible Fragen (Raumordnung, Boden-

nutzung, Wasserressourcen, Wahl des Energieträgers) auch in Zukunft dem Ein-

stimmigkeitsprinzip unterliegen".

Diese Haltung wurde in den bisherigen Treffen der Regierungskonferenz von der

österreichischen Delegation unmißverständlich vertreten. Weiters wurde diese Posi-

tion in den österreichischen Vorschlägen für Vertragsformulierungen im Umweltbe-

reich, die im September 1996 in die Konferenz eingebracht wurden, in schriftlicher

Form bekräftigt (CONF/3917/96).

Anzumerken ist, daß Änderungen des EG-Vertrags im Rahmen der derzeit laufen-

den Regierungskonferenz der Zustimmung aller EU-Mitgliedstaaten bedürfen; damit

ist auch ein Übergang von der Einstimmigkeit zur Mehrheitsentscheidung im Bereich

des Art. 1 3Os Abs. 2 gegen den Willen Österreichs nicht möglich.

Zu Fragen 3, 4 und 5:

ln der Regierungskonferenz ist es bisher noch zu keiner eingehenden Diskussion

über die Frage des künftigen Anwendungsbereichs der qualifizierten Mehrheit ge-

kommen. Bereits in der generellen Debatte hat jedoch Österreich auf seine bekannte

Position verwiesen, wonach in Fragen der Raumordnung, der Bodennutzung, der

Wasserressourcen und der Wahl des Energieträgers die Einstimmigkeit beizubehal-

ten wäre.

Da sich die Konferenz mit der Frage der qualifizierten Mehrheit erst zu einem späte-

ren Zeitpunkt beschäftigen wird, läßt sich die Haltung der einzelnen Mitgliedstaaten

zu Art. 1 3Os Abs. 2 EG-Vertrag derzeit noch schwer abschätzen. Bisher hat sich je-

doch kein Mitgliedstaat für Mehrheitsabstimmungen in den vier genannten Bereichen

ausgesprochen, sodaß aus heutiger Sicht eine - in Frage 5 angesprochene - Abän-

derung des Beschlußverfahrens im Energiebereich unwahrscheinlich ist.

Zu Frage 6:

Wie bereits oben ausgeführt, vertritt die Bundesregierung die Position, daß in Fragen

der Raumordnung und der Bodennutzung Entscheidungen auch künftig einstimmig

getroffen werden sollten. Im Steuerbereich wäre allerdings, wie die "Grundsatzpo-

sitionen" festhalten, die Einführung der Mehrheitsregel zweckmäßig.

Zu Frage 7:

Im Einklang mit der österreichischen Position während der Beitrittsverhandlungen

strebt die Bundesregierung die Stärkung der Möglichkeiten an, strengere nationale

Bestimmungen aus Gründen des Umweltschutzes beibehalten oder auch einführen

zu können. Auch auf diese Haltung wurde in der Konferenz von den österreichischen

Vertretern immer wieder hingewiesen. Im September 1996 legte Österreich in der

Konferenz auch einen konkreten Vorschlag für Vertragsänderungen im EG-Vertrag

vor (CONF/391 7/96), die dieses Recht der Mitgliedstaaten konkretisieren bzw. bes-

ser absichern würden.