1760/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat BLÜNEGGER und Kollegen haben am 14.

Jänner 1997 unter der Nr. 1742/J-NR/97 an mich eine schriftliche parla-

mentarische Anfrage betreffend die "Dienstzuteilung von Tiroler und Salzburger

Gendameriebeamten ohne deren Zustimmung zum Landesgendarmerie-

kommando-Niederösterreich/Sicherung der EU-Außengrenzen"' gestellt, die

folgenden Wortlaut hat:

"1 . Welche Gründe sind/waren für die Entscheidung die EU-Außengrenze

Niederösterreichs mit zusätzlichem Personal aus Tirol und Salzburg zu

verstärken, ausschlaggebend? Über welchen Zeitraum erstreckt sich die

angeordnete Maßnahme?

2. Sind weitere Zuteilungen von Tiroler/Salzburger Gendarmeriebeamten zur

Sicherung der EU-Außengrenze in Niederösterreich oder in anderen

Bundesländern geplant?

Wenn ja, in welchem Umfang und Dauer?

3. Wie hoch ist die Anzahl der aus den Bundesländern Tirol und Salzburg dem

Landesgendarmeriekommando-Niederösterreich derzeit und künftig zuge-

teilten Gendarmeriebeamten, wieviele davon waren bisher "freiwillig" und un-

freiwillig"?

4. Welche Gründe bewogen das Gendarmeriezentralkommando eine Unter-

scheidung zwischen "Freiwilligen', und 'Unfreiwilligen" zu veranlassen?

Welche Absicht verfolgte diese Anordnung welche Folgen haben die

"Unfreiwilligen" zu gewärtigen?

5. Entspricht es der Richtigkeit, daß das Bundesland Tirol gegenüber dem

Bundesland Salzburg eine verhältnismäßig höhere Anzahl von Gendarmerie-

beamten zum Schutz der EU-Außengrenze Niederösterreichs zu stellen hat,

obwohl sowohl das Landesgendarmeriekommande Tirol als auch das

Landesgendarmeriekommando Salzburg über eine annähernd gleich hohe

Anzahl Beamter über dem Systemstand aufweisen (Tirol 109, Salzburg 100)?

Wenn ja, wie begründen Sie diese Maßnahme?

Nach welchem "Schlüssel" erfolgten die Dienstzuteilungen?

6. Wie beurteilen Sie den Vorwurf engagierter Gendarmeriebeamter, es würden

"nur interne Belastungsstatistiken zur Berechnung der überstände an Be-

amten pro Dienststelle, Bezirk, Land, herangezogen. Diese Zahlen gingen

jedoch an der Realität weit vorbei"?

7. Entspricht es der Richtigkeit, daß im Bereich des Landesgendarmeriekom-

mandos-Tirol durch die Übernahme von Zollwachebeamten erstmals der

theoretische "Ist-Zustand" an systemisierten Beamten erreicht worden ist?

8. Wieviele illegale Ausländer wurden in den Jahren 1995-96 im Westen

Österreichs (Vorarlberg, Tirol, Salzburg) bzw Osten (Oberösterreich,

Niederösterreich, Wien, Burgenland) aufgegriffen? Bildet dieses Zahlen-

material eine Grundlage zur Entscheidung über das Erforderns gegenständ-

licher Dienstzuteilungen?

9. Wie beurteilen Sie die gegenständlichen Dienstzuteilungen ohne Zustimmung

der Beamten, das Ausmaß und das "Recht", auch künftig hunderte Beamte

gegen deren erklärten Willen in andere Bundesländer zuzuteilen?

10. Halten Sie es für richtig, daß Gendarmeriebeamte mit absolut- familienfeind-

lichen Dienstzeiten und Einsätzen von oftmals mehr als 100 Stunden in der

Woche, zusätzlich noch derartige Zwangsmaßnahmen über sich ergehen

lassen müssen?

11. Wie beurteilen Sie als politisch verantwortlicher Ressortminister die er-

zeugten Frustrationserscheinungen in den Reihen des Tiroler/Salzburger

Gendarmeriecorps? Welche Maßnahmen gedenken Sie zum Wohle der

Beamten zu ergreifen?

12. Sind Ihnen die in der Einleitung erwähnten anonymen Schreiben von

Gruppen engagierter Gendarmeriebeamter bekannt?

Wenn ja, bitte um Ihre Stellungnahme.

1 3. Wie begründen Sie die Verweigerung der Ersuchen um österreichweite

Dienstzuteilungen auf freiwilliger Basis nach Tirol zur Verstärkung in den

Wintermonaten seitens des BMI? Weshalb finden "prinzipielle" Gründe, die

zur Ablehnung geführt haben, nicht auch bei Dienstzuteilungen von Tirol

nach Nö Anwendung?

14. Die hohe Wahrscheinlichkeit einer künftigen Dienstzuteilung nach Nieder-

österreich gegen deren erklärten Willen schwebt als "Damoklesschwert"

über hunderten Tiroler und Salzburger Gendarmenfamilien. Erachten Sie die

sich hieraus ergebenden psychischen und sozialen Belastungen als zumut-

bar für die Betroffenen und deren Familien?

15. Werden Sie nach Kenntnis der vorliegenden Sachlage - unverhältnismäßige

Anwendung des Rechts auf Dienstzuteilungen ohne Zustimmung der Be-

amten - dem Gesetzgeber eine Änderung des Beamtendienstrechtsgeset-

zes vorschlagen oder zumindest Weisungen zur restriktiven Anwendung

erteilen?

16. Wurde eine österreichweite Rekrutierung von Gendarmeriebeamten zum

Nö-Grenzeinsatz auf freiwilliger Basis in Erwägung gezogen?

Wenn ja., warum mit mangelndem Erfolg?

Wenn nein, warum nicht?

17. Wären Sie bereit, für entsprechende finanzielle Anreize neben der Zu-

teilungsgebühr bei Dienstzuteilungen ohne Zustimmung der Beamten in

andere Bundesländer zu sorgen?

18. Sind Ihnen in Österreich noch andere Berufssparten oder Menschengrup-

pen bekannt, die gegen deren erklärten Willen zu Tätigkeiten gezwungen

werden, ausgenommen die Gruppen der Wachkörper, des Bundesheeres

und der Häftlinge?

19. Halten Sie es mit den Grundsätzen der Humanität vertretbar, ausländische

Familien in Österreich zusammenzuführen, Familien von Gendarmeriebe-

amten gegen deren erklärten Willen jedoch auseinanderzureißen?"

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1:

Durch den Beitritt Österreichs als Mitglied der Europäischen Union zum

Schengener übereinkommen hat sich Österreich zur Sicherung der EU-Außen-

grenze (verstärkt an der Ostgrenze) im gesamten Verlauf gemäß dem

Schengener Standard verpflichtet, wobei die Schengener Partner die Außen-

grenze zur Slowakei bzw. zu Ungarn als einen der sensibelsten Teile der zu-

künftigen Schengener Grenze ansehen.

Insgesamt werden für den Grenzeinsatz 5300 Bedienstete zur Verfügung

stehen, wobei für die Aufgaben der Zollwache 2300 und für die der Bundes-

gendarmerie 3000 Bedienstete vorgesehen sind.

Durch den Beitritt bedingt, kam es insbesondere in den Bundesländern Tirol

und Salzburg zu einem Entfall von Zollaufgaben, und somit zu einem personel-

len Überhang bei der Zollwache. Dieser kann nur durch die Übernahme von

Zollwachebeamten in den Gendarmeriedienst ausgeglichen werden, wodurch

es jedoch temporär zu einem überstand beim Gendarmeriedienst in den

Bundesländern Salzburg und Tirol kommt.

Zu Frage 2:

Ja.

Umfang und Dauer hängen von der zukünftigen Planstellenentwicklung ab.

Zu Frage 3:

Mit Stichtag 1.12. 1996 waren 110 Gendarmeriebeamte aus den Bundesländern

Tirol und Salzburg dem Landesgendarmeriekommando für Niederösterreich

dienstzugeteilt, wobei davon 59 Beamte mit deren Zustimmung zugeteilt

wurden.

Seit 1. März 1997 sind dem Landesgendarmeriekommando für Niederöster-

reich zur Verstärkung des Grenzdienstes nunmehr 100 Beamte aus anderen

Bundesländern (10 Beamte werden vom LGK für Niederösterreich im eigenen

Bereich aufgebracht) aufgrund deren freiwilligen Meldung dienstzugeteilt, wo-

bei das LGK für Tirol ein Kontingent von 40 und das LGK für Salzburg eines von

35 Beamten stellt.

Im Laufe des Jahres 1997 ist eine Erhöhung des Kontingentes auf 200 Beamte

ins Auge gefasst, wobei vermehrt versucht wird, dieses Kontingent durch

Berücksichtigung von sich freiwillig meldenden Beamten aus anderen Bundes-

ländern aufzubringen.

Zu Frage 4:

Da eine Zuteilung in ein anderes Bundesland zweifellos auch mit gewissen

Belastungen verbunden ist, wurde auf die Freiwilligkeit besonderes Augenmerk

gelegt.

Für die "Unfreiwilligen,' ergeben sich außer der notwendigen Zuteilung keine

Folgen.

Zu Frage 5:

Nein, da mit Stichtag 1.12.1996 das LGK für Salzburg einen Personalüberstand

von 68 Beamten aufwies und das LGK für Tirol einen von 99.

Z Frage 6:

Dieser Vorwurf kommt meist von Beamten unterdurchschnittlich belasteter

Dienststellen und ist unberechtigt.

Zu Frage 7:

Wenn mit dem "theoretischen Ist-Zustand" jener Stand gemeint ist, der auf-

grund der Belastung erwartet wird, dann wurde durch die Übernahme der

Zollwachebeamten dieser Stand erreicht. Vergleicht man jedoch Soll- und

Ist-Stand, so ergibt sich, daß schon im Herbst 1995 eine Überschreitung des

Sollstandes festzustellen ist.

Zu Frage 8:

ln den genannten Jahren ergab sich folgende Anzahl an Fremden, bei denen im

Zuge einer Amtshandlung festgestellt wurde, daß sie illegal aufhältig bzw. illegal

eingereist sind:

Westen Osten

(Vlbg, Tirol, Szbg) (Oö, Nö, W, Bgld)

1 995: 3284 7674

1 996: 2564 9090

Dieses Zahlenmaterial bildete eine Grundlage für die getroffenen Maßnahmen.

Zu Frage 9 und 10:

Bei der Beurteilung kann nicht allein auf die Bedürfnisse der Beamten Rück-

sicht genommen werden. sondern es sind auch die Erfordernisse des Dienstes

zu berücksichtigen. Im übrigen handelt es sich dabei um keine Zwangsmaß-

nahmen, sondern um Möglichkeiten, die im Rahmen des Beamtendienstrechtes

vorgesehen und geregelt sind. Ich bin mir aber bewußt, daß alles getan werden

muß, um möglichst familienorientiert vorzugehen. Härten sollen soweit wie

möglich vermieden werden.

Zu Frage 11:

Durch den Beitritt zur Europäischen Union hat sich auch die Notwendigkeit

einer gravierenden Personalverschiebung von der Zollwache zur Bundesgen-

darmerie ergeben, was nicht von allen Beamten goutiert wurde. Es wurde und

wird noch versucht, die Beamten von diesen Notwendigkeiten zu überzeugen.

Zu Frage 12:

Ja.

Diesbezüglich gab es im Dezember 1996 bereits drei Besprechungen, an denen

etwa 350 Gendarmen des LGK für Tirol teilnahmen, wobei viele Mißverständ-

nisse ausgeräumt werden konnten.

Zu Frage 13:

Das LGK für Tirol weist derzeit einen erheblich über dem Soll-Stand liegenden,

tatsächlichen Personalstand auf, weshalb Dienstzuteilungen nach Tirol nicht

erforderlich sind. Abgesehen von Extremfällen muß jedes LGK mit dem ihm zur

Verfügung stehenden Personal auskommen. Die personelle Verstärkung des

Grenzdienstes an der Ostgrenze stellt hingegen ein unabdingbares Erfordernis

dar.

Zu Frage 14:

Ich bin mir der Probleme - vor allem der familiären- völlig bewußt. Ich werde

alles tun damit dieses Problem nur temporär ist und das sich sukzessive mit

dem Personalaufbau im Osten ständig verringert.

Zu Frage 15:

Nein, weil auch Zuteilungen gegen den Willen von Beamten bei besonderen

dienstlichen Notwendigkeiten möglich bleiben müssen.

Zu Frage 16:

Ja, mit dem Erfolg, daß für jenes, mit 1.3.1997 zu stellende Kontingent 35

Beamte aus anderen LGK-Bereichen zugeteilt werden.

Zu Frage 17:

Nein. Im Rahmen der Budgetkonsolidierung ist besonderes Augenmerk auf den

effizienten Mitteleinsatz zu legen. Zusätzliche finanzielle Anreize. wie etwa ein

erhöhtes Ausmaß an Überstunden, kommen deshalb nur dann in Frage, wenn

es den Bedarf hiefür gibt. Ein Mehr an Überstunden in diesem Bereich müßte

aber durch Einsparungen in anderen Bereichen hereingebracht werden.

Zu Frage 18:

Ich gehe davon aus, daß bei vielen Menschen die Bereitschaft besteht, im

Interesse der Erhaltung oder Erlangung eines sicheren Arbeitsplatzes und

gegen Abgeltung der entsprechenden Mehrkosten für einen beschränkten

Zeitraum auch in einem anderen Bundesland zu arbeiten.

Zu Frage 19:

Ja, da durch eine vorübergehende Verwendung in einem anderen Bundesland,

mit der Möglichkeit regelmäßig Freizeitblicke bei der Familie zu verbringen,

Familien von Gendarmeriebeamte nicht auseinandergerissen werden.

Ich werde aber alles tun, um dieses Problem möglichst bald zu beseitigen.

Derzeit sehe ich leider keine Alternative!