1771/AB XX.GP
Auf die - aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigeschlossene - an meinen
Amtsvorgänger gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten
Mag. Gilbert Trattner und Genossen vom 14. Jänner 1997, Nr. 1804/J, betreffend die
Veräußerung der Austria Tabakwerke-Tochter HTM an den schwedischen Investor
Johan Eliasch, beehre ich mich folgendes mitzuteilen:
Der Anfrage liegen offensichtlich vertrauliche Unterlagen aus dem Unternehmen zugrunde.
Aufgrund des Art, 20 Abs, 3 Bundes-Verfassungsgesetz (Amtsverschwiegenheit) und des
§ 1 Abs. 1 Datenschutzgesetz ist mir aber - soweit durch die Anfrage nicht die in der Folge
dargestellten Maßnahmen gemäß § 1 03 Abs, 2 Aktiengesetz berührt werden - die Beant-
wortung einiger Fragen nicht möglich. Außerdem ist auch auf das betriebliche Interesse und
auf die Interessenlage sowie die berechtigten Vertraulichkeitserwartungen Dritter Bedacht zu
nehmen.
lch ersuche um Verständnis dafür, daß ich bei der Anfragebeantwortung diese Gesichts-
punkte zu beachten habe. Soweit eine inhaltliche Beantwortung erfolgt, stützt sich diese auf
eine vom Unternehmen eingeholte Stellungnahme.
Zu 1.:
Auch hier ist darauf hinzuweisen, daß diese und eine Reihe von anderen Fragen, welche die
internen Vorgänge im Aufsichtsrat von Austria Tabak zum Gegenstand haben, als vertraulich
zu werten sind. Dem Antrag an den Aufsichtsrat lag ein Beschluß des Vorstandes über einen
Verkauf der HTM-Gruppe an EPL zugrunde. Da Gegenstand der beantragten Beschluß-
fassungen im Aufsichtsrat die Zustimmung zum
Verkauf an EPL durch den Vorstand war,
kann sich - wie mir weiters mitgeteilt wird - im Protokoll kein Hinweis auf eine "Beauftragung"
finden.
Zu 2. :
ln der Aufsichtsratssitzung vom 1. und 4. August 1995 wurde in dem vom Aufsichtsrat be-
schlossenen Antrag an die Hauptversammlung gemäß § 103 Abs. 2 Aktiengesetz im Zu-
sammenhang mit der Entscheidung über die vom Alt-Vorstand beantragte weitere Mittelzu-
führung von 1,5 Mrd. S unter anderem festgehalten "die Option zu verfolgen, für die gesamte
HTM-Gruppe einen neuen Eigentümer zu suchen und diesem sämtliche oder die Mehrheit
der Eigentumsrechte unter akzeptablen Bedingungen (Abschlagszahlung) abzutreten."
ln diesem Zusammenhang ist - wie mir berichtet wird - klarzustellen, daß wegen der nega-
tiven Geschäftsentwicklung bereits seit Anfang 1995 neben anderen Maßnahmen gleichwer-
tig eine Veräußerung in Erwägung gezogen wurde und daß der Vorstand in diesem Sinne
SBC Warburg beauftragt hatte.
Zu 3.:
Für alle Aufsichtsratssitzungen der Gesellschaft liegen Protokolle vor.
Zu 4. bis 7.:
Wie mir weiters berichtet wird, wurden dann im Wege eines zweistufigen Ausleseprozesses
mehr als vierzig potentielle Käufer von SBC Warburg kontaktiert, darunter auch österrei-
chische Firmen. Von diesen Personen/Unternehmen äußerten lediglich neun ein erstes
Interesse an einem Erwerb von HTM, von denen in weiterer Folge sechs aus dem Verkaufs-
prozeß ausschieden. ln Abstimmung mit Austria Tabak wurde den drei übriggebliebenen
Interessenten die Möglichkeit einer sogenannten Due diligence geboten, die jedoch nur von
Andlinger und der Investorengruppe EPL wahrgenommen wurde; diese legten auch in der
vorgesehenen Frist bis 12 . September 1995 definitive Angebote. Der Inhalt der Angebote
von
- Gruppe Andlinger & Company, New York, und
- Gruppe Equity Partners Ltd. , London (vertreten durch Eliasch)
wurde dem Aufsichtsrat in der Sitzung vom 14. September 1 997 vorgelegt. Der Vergleich der
beiden Angebote ergab, daß das Angebot von EPL für Austria Tabak besser war.
Zu 8. bis 10.:
Dem damaligen Bundesminister für Finanzen wurden dann aufgrund eines Beschlusses des
Aufsichtsrates der Austria Tabakwerke AG vom 14, September 1995 die Anträge des Vor-
standes und des Aufsichtsrates an die
Hauptversammlung gemäß § 103 Abs. 2 Aktiengesetz
wegen Verkaufs der Geschäftsanteile an der HTM Sport- und Freizeitgeräte AG vorgelegt;
die Beschlußfassung erfolgte am 20. September 1995 im Rahmen einer außerordentlichen
Hauptversammlung.
Den Aufsichtsratsbeschlüssen lagen ein Bericht über die Sonderprüfung gemäß § 95 Abs. 3
Aktiengesetz der KPMG, Austria Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft mbH, vom 31. Juli 1995,
insbesondere über die wirtschaftliche Lage der HTM-Gruppe die Werthaltigkeit des Umlauf-
vermögens zum 30. Juni 1991 und der Vermögens- und Ertragslage zum
31. Dezember 1994 sowie ein Bericht von SBC Warburg über die betriebswirtschaftliche
Plausibilität des HTM-Sanierungskonzeptes und die damit zusammenhängenden Risiken
zugrunde. Zusätzlich lagen dem Aufsichtsrat u.a. auch eine von der Beraterfirma Czipin &
Partner erstellte Beurteilung der Lage und Aussichten bei der HTM-Gruppe, ein Bericht über
die Ergebnisse Jänner bis Juli 1995 der HTM-Gruppe und eine Beurteilung der Alternativen
Weiterführung und Verkauf vor. Diese Unterlagen lagen im wesentlichen auch dem
Bundesministerium für Finanzen vor.
Zu 11. bis 13.:
Dem Vorstand und dem Aufsichtsrat lagen branchenübliche lnformationen und
Bankenauskünfte vor, nähere Details können aufgrund gegebener
Verschwiegenheitsverpflichtungen nicht bekanntgegeben werden.
Zu 14.:
Die negative Ergebnisentwicklung der HTM-Gruppe zeigte sich auch durch die folgenden
Planabweichungen:
in tsd. US-$ 1993 1994 1 - V/1995
Budget - 1.785 + 66 - 43.806
Ist - 19.089 - 48.140 - 55.802
Auf die vom Aufsichtsrat in diesem Zusammenhang in Auftrag gegebenen Sonderprüfungen
wurde bereits hingewiesen.
Die aus dem Zusammenhang zitierten Ausführungen des Aufsichtsratsvorsitzenden bezogen
sich ausschließlich auf das Tabakgeschäft.
Entsprechend den inhaltlichen Zuständigkeiten wurden im Beihilfeverfahren HTM der
EU-Kommission Auskünfte betreffend die Republik Österreich durch die zuständigen Beam-
ten des Bundesministeriums für Finanzen
als Eigentümervertreter unter Mitwirkung von Ex-
perten der Finanzierungsgarantie-Gesellschaft, betreffend Austria Tabak durch deren Ver-
treter und betreffend die Umstrukturierung von HTM durch Vertreter von HTM erteilt.
Zu 15. :
Die maßgeblichen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Liberalisierung des Tabak-
warenmarktes waren bei Funktionsübernahme des Interimsvorstandes bereits getroffen. Das
HTM-Problem mußte rasch bewältigt werden, da dieses wegen des stark ansteigenden Zu-
schußbedarfes eine ernsthafte Gefährdung des Tabakgeschäftes darstellte. Das Tabakge-
schäft wurde erfolgreich weitergeführt, was sich in einer Verbesserung der Ertragswerte der
Gesellschaft zeigt.
Zu 16.:
Im Hinblick auf die datenschutzrechtlichen Bestimmungen kann diese Frage nicht beant-
wortet werden. lch ersuche um Verständnis.
Zu 17., 19., 20. und 21.:
Für das Geschäftsjahr 1995 hat die vom Aufsichtsrat beauftragte Wirtschaftsprüfungs-
gesellschaft KPMG einen Jahresverlust bei HTM von rund 1 ,6 Mrd. S prognostiziert. Weiters
wurde festgestellt, daß zum 2. Juli 1 995 der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag
rund 44 o/o der Bilanzsumme betrug. Die Entwicklung der HTM-Gruppe war als bedrohlich zu
beurteilen, ein unverantwortlicher politischer Willkürakt lag nicht vor. Die der Fragestellung
zugrundeliegende Behauptung ist unsachlich.
Mit dem in der Anfrage erwähnten "Bericht" der EU-Kommission ist offensichtlich die am
27. April 1996 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlichte Mitteilung über
die Eröffnung des Beihilfeverfahrens gemeint. Das Ergebnis dieses Verfahrens wurde am
28. Jänner 1997 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, dem auch alle relevanten
betriebswirtschaftlichen Details entnommen werden können, veröffentlicht. Die Europäische
Kommission kommt darin im Gegensatz zu der in der Anfrage aufgestellten Behauptung zum
Schluß "daß der Verkauf ..... im Rahmen eines breitangelegeten Verfahrens erfolgte, das in
seiner Wirkung einer normalen öffentlichen Ausschreibung entspricht und in dessen Verlauf
Austria Tabak das beste Angebot auswählte."
Weiters hat mein unmittelbarer Amtsvorgänger im Februar 1996 den Herrn Präsidenten des
Rechnungshofes um Prüfung des gesamten HTM-Fragenkomplexes ersucht. Der Bericht
darüber liegt noch nicht vor.
Für die Prüfung von Schadenersatzansprüchen in der in der Anfrage dargelegten Art besteht
aufgrund der dargestellten Sachverhalte kein sachlich nachvollziehbarer Grund,
Zu 18.:
Da kein politischer Willkürakt gegeben ist und keine Verletzungen der Sorgfaltspflichten des
Interimsvorstandes bekannt sind, kann es zu keinem Kostenersatz kommen. Im übrigen wird
auf die bisher erfolgten Anfragebeantwortungen verwiesen.
Zu 22.:
Wie bereits zu den voranstehenden Punkten mehrfach ausgeführt, belegen alle vorliegen-
den Informationen und insbesondere auch die Feststellungen der EU-Kommission, daß von
den Organen der Austria Tabak das beste Verkaufsangebot angenommen wurde. Daher
sind keine wie immer gearteten rechtlichen und sachlichen Grundlagen für die angeführten
Maßnahmen gegen den früheren Bundesminister für Finanzen und Aufsichtsratsmitglieder
von Austria Tabak gegeben.