1806/AB XX.GP
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage96aNr.
1766/J betreffend Mißstände im Zirkus Colosseum, welche die Abge-
ordneten Petrovic, Wabl, Freundinnen und Freunde am 14. 1. 1997 an
mich richteten, stelle ich fest:
Den CITES-Behörden (Convention On International Trade In
Endangered Species Of Wild, Fauna and Flora) obliegt nur die
Kontrolle der Ein-, Aus- und Durchfuhr von im Washingtoner
Artenschutzübereinkommen (WA) gelisteten Tieren sowie die
Beurteilung der in Aussicht genommenen artgerechten
Unterbringung. Ist jedoch eine illegale Beschaffung von Tieren
als strafbarer Tatbestand nach dem WA-Durchführungsgesetz bereits
verjährt, fehlt den CITES-Behörden jeglicher Zugriff, da der
Besitz von artengeschützten Tieren als solches nicht verboten
ist.
Aufgrund der Kompetenzverteilung der Bundesverfassung fallen
Angelegenheiten des Tierschutzes sowie der Naturschutz und das
Jagd- und Fischereiwesen in die Zuständigkeit der Länder. Die
Regelung des Besitzes von
artengeschützten Tieren ist eine Ange-
legenheit des Tierschutzes. Dem Bund kommt hier keine Kompetenz
zu. Hinsichtlich der Aufgaben der Wissenschaftlichen Behörde geht
der Bund in Ausübung seiner Vollzugskompetenz davon aus, daß die
Länder in ihrem Bereich sowohl über die notwendigen Rechtsvor-
schriften als auch über die entsprechend qualifizierten Behörden
verfügen .
Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten wurde
am 11.11.1996 telefonisch von Frau Chr. Beck-Graninger, Tiergar-
ten Hellbrunn Salzburg, Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, in
Kenntnis gesetzt, daß die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umge-
bung als Tierschutzbehörde nach dem Salzburger Tierschutzgesetz
ein Verfahren wegen Tierquälerei gegen das Zirkusunternehmen
Colosseum eingeleitet und nach Begutachtung der Tiere durch den
do. Amtstierarzt die Beschlagnahme verschiedener Exemplare ausge-
sprochen habe. Einige Exemplare seien in den Anhängen des WA
gelistet und seien von Frankreich nach Österreich verbracht wor-
den , ohne daß der Betreiber , M . A . Korittnig alias Alfred von Roy ,
CITES-Dokumente für die WA-E.Exemplare vorlegen könne.
Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:
Der genannte Betreiber wurde am 11.11.1996 schriftlich unter
Hinweis auf die einschlägigen Strafbestimmungen aufgefordert,
umgehend entsprechende Nachweise bzw. CITES-Dokumente für die
vorhandenen WA-Exemplare binnen drei Tagen vorzulegen. Eine Kopie
dieser Aufforderung erging an das Amt der Salzburger Landesregie-
rung als Wissenschaftliche Behörde nach dem WA. Die nachweislich
eigenhändig angeordnete Zustellung war erfolgreich.
Am 15.11.1996 übermittelte der Aufgeforderte per Telefax eine
Zuchtbescheinigung und eine Transportbescheinigung, ausgestellt
von der zuständigen französischen
CITES-Behörde für einen von
Frankreich nach Österreich verbrachten lebenden Tiger ( Panthera
tigris).
Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:
Nach Verbringung der Tiere nach Oberösterreich durch den Betrei-
ber trotz aufrechter Beschlagnahme wurde am 18.11.1996 die zu-
ständige BH-Vöcklabruck vom Sachverhalt in Kenntnis gesetzt und
um die Aufnahme von Ermittlungen betreffend Art, Anzahl, Herkunft
und Zustand der Tiere ersucht.
Ein erstes Ermittlungsergebnis über den exakten Bestand an Tieren
wurde am 19.11.1996 vorgelegt. Danach befanden sich die Tiere
nach Begutachtung durch den do. Amtstierarzt in guter Kondition
und Pflegezustand. Das Zirkusunternehmen konnte eine Bewilligung
der Oberösterreichischen Landesregierung vom 12.12.1995 zum ambu-
lanten Betrieb eines Zirkusunternehmens und einer Tierschau im
Land Oberösterreich, gültig vom 15.12.1995 bis 19.6.1997, vor-
weisen. Zum Nachweis der Herkunft der Tiere wurden zwei französi-
sche CITES-Dokumente für den aus Frankreich eingeführten Tiger
und Kaufnachweise für die aus österreichischer Zucht stammenden
Tiere vorgelegt .
Die exakte Listung in den Anhängen des WA wurde festgestellt und
der BH-Vöcklabruck unter Hinweis auf die anzuwendenden recht-
lichen Grundlagen übermittelt. Im nunmehr von der BH-Vöcklabruck
als zuständige Behörde zu führenden Verfahren wurden die Ermitt-
lungen auf die Prüfung der Kaufnachweise der österreichischen
Züchtungen ausgedehnt. Die französischen Dokumente wurden der
französischen CITES-Behörde zur Prüfung übersandt.
Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:
Es wurde die Notwendigkeit einer neuerlichen Gutachtenerstellung
betreffend die Haltung, Pflege und Zustand der
Tiere festge-
stellt, da das Salzburger Amtsgutachten den mittlerweile durch
den Zirkusbetreiber gelegten Privatgutachten sowie dem Gutachten
des Vöcklabrucker Amtstierarztes zu widersprechen schien. Davon
wurde auch das für die artgerechte Haltung von WA-Exemplaren
zuständige Amt der Oberösterreichischen Landesregierung als
Wissenschaftliche Behörde nach dem WA unterrichtet.
Es wurde als Gutachter Dr. Schwammer, Tiergarten Schönbrunn, der
BH-Vöcklabruck als Großkatzenspezialist nominiert und dies auch
mit der Wissenschaftlichen Behörde für Oberösterreich koordi-
niert. Die BH-Vöcklabruck hat allerdings Dr. Schwammer nicht als
Gutachter herangezogen, sondern ihrerseits den Tierarzt Dr. G.
Händlhuber, gerichtlich beeideter Sachverständiger in Wels, mit
der Erstellung eines Gutachtens unter Berücksichtigung aller
vorerstellten Gutachten beauftragt. Das Gutachten wurde am
5.12.1996 vorgelegt.
Der Gutachter hat bei der Erstellung des Gutachtens internatio-
nale Expertenmeinung, deren Untersuchungsergebnisse und einschlä-
gige Publikationen sowie internationale wissenschaftliche Litera-
tur konsultiert und berücksichtigt. Der Sachverständige konnte
keine Übertretung der Tierschutzbestimmungen wegen der in den
Raubtierkäfigwagen vorgegebenen Grundflächen und räumlichen Hal-
tungsbedingungen feststellen. Bei keinem Tier wurde eine klini-
sche Erkrankung diagnostiziert. Die Winterfestigkeit der Exem-
plare wurde bestätigt und der Gutachter geht davon aus, daß die
Exemplare keine körperlichen Schmerzen erdulden müssen. Die
früher vermutete Lungenerkrankung des Tigers wurde nicht
bestätigt, sondern das Tier als völlig gesund bezeichnet.
Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:
Das Washingtoner Ubereinkommen normiert keinerlei Anforderungen
für Transportmittel und Käfige. Die jeweilige Wissenschaftliche
Behörde hat die artgerechte Unterbringung
im Rahmen ihrer Prüf-
kompetenz zu begutachten. Die dabei anzulegenden Maßstäbe liegen
im Ermessen der Wissenschaftlichen Behörde, d.h. der jeweilig in
Betracht kommenden Landesbehörde.
Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:
Wie bereits im Vorwort angeführt, fallen Angelegenheiten des
Tierschutzes in die Zuständigkeit der Länder. Dem Bund kommt hier
keine Kompetenz zu.