1827/AB XX.GP

 

In Beantwortung der dringlichen parlamentarischen Anfrage Nr.

1728/J betreffend gesamtwirtschaftliche Konsequenzen der Übernah-

me der CA-Bundesanteile durch die Bank Austria, welche die Abge-

ordneten Dr. Lukesch, Auer, Kröll und Kollegen am 14. Jänner 1997

an mich richteten und aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit

in Kopie beigelegt ist, stelle ich fest:

Antwort zu den Punkten 1 bis 14 der Anfrage:

Der im Koalitionsausschuß beschlossene Rückzug der Politik aus

dem Bankenbereich ist eine notwendige Voraussetzung für einen

zukünftigen Erfolg der Übernahme der CA-Anteile durch die Bank

Austria. In diesem Zusammenhang darf kein Verkauf der AVZ- bzw.

Wiener Holding-Anteile an der Politik nahestehende Unternehmungen

erfolgen. Weiters muß sichergestellt sein, daß ein Verkauf der

Bank Austria-Anteile des Bundes in möglichst breiter Streuung

erfolgt .

Natürlich darf dabei nicht übersehen werden, daß die Politik nur

die äußeren Rahmenbedingungen für das wirtschaftliche Reüssieren

von Banken geben kann, aber keinen Einfluß auf Management-Ent-

scheidungen hat. Insoweit ist der Vorstand der Bank Austria ge-

fordert, ein Organisationskonzept vorzulegen, das bei den CA-Mit-

arbeitern nicht den Eindruck eines feindlichen Take-overs er-

weckt. Schon die ersten Personalentscheidungen werden zeigen, ob

für die CA-Mitarbeiter weiterhin Chancen im neuen Bankenkomplex

bestehen .

In Österreich bestehen derzeit keine bzw. unzureichende gesetz-

liche Regelungen zum Schutz der Minderheitsaktionäre. Insbesonde-

re fehlt es an einer Take-over-Regelung. Diese Regelung ist in

jedem gut entwickelten Kapitalmarkt zu finden. Außerdem ist in

diesem Zusammenhang auf den Vorschlag der EU-Kommission be-

treffend eine Regelung für Übernahmeangebote hinzuweisen, wonach

die Mitgliedstaaten angehalten werden sollen, Minderheitsaktio-

nären ein obligatorisches Angebot oder andere geeignete,

mindestens gleichwertige Vorkehrungen durch den Übernehmer einzu-

räumen . Eine Orientierung in diesem Zusammenhang ist das

Schweizer Bundesgesetz über den Börsen- und Effektenhandel, das

1997 in Kraft tritt. Im Sinne der Effizienzsteigerung des öster-

reichischen Kapitalmarktes ist es notwendig, auch in Österreich

rasch vergleichbare Regelungen zu schaffen.

Eine breite Plazierung von Aktien auf dem heimischen Kapitalmarkt

wird ohne eine gesetzliche Regelung zum Schutz von Klein- und

Minderheitsaktionären nicht verwirklichbar sein. Daher ist es

dringend erforderlich, internationalen Vorbildern entsprechend

das österreichische Börsegesetz hinsichtlich des Take-overs in

Form von zwingenden Übernahmeangeboten an die Klein- und Minder-

heitsaktionäre zu reformieren. Diese Regelung ist notwendig, um

wirtschaftlichen Schaden von Kleinaktionären abzuwenden, der

eintreten kann, wenn ein Übernehmer eine dominierende Position in

einer Gesellschaft erreicht. Weiters ist im Aktienrecht ein ver-

stärktes Mitspracherecht der Kleinaktionäre zu verankern. Dies

sollte einerseits in der Hauptversammlung ermöglicht werden,

andererseits wäre auch eine proportionelle Vertretung der Klein-

aktionäre im Aufsichtsrat wünschenswert.

Wie im Koalitionsausschuß vereinbart ist es Ziel der Bundesregie-

rung, bis zum Sommer dieses Jahres eine Börse AG zu schaffen, an

der nicht nur Banken, sondern auch Emittenten und Investoren

beteiligt sind. Damit wird die derzeitige unverträgliche Dominanz

der Banken im Börsewesen beseitigt. Die Aktiengesellschaft ist

als optimale Rechtsform anzusehen, in der auch die derzeit

outgesourcten Bereiche zusammengefaßt werden können. Die neue

Struktur soll der Wiener Börse eine einheitliche strategische

Ausrichtung von Kassa- und Terminmarkt mit einem einheitlichen

Unternehmensziel ermöglichen. Eine wettbewerbsfähige Gebührenpo-

litik, die Schaffung klarer Kompetenzen und Verantwortungsbe-

reiche und eine optimale Kundenorientierung sind notwendige Eck-

punkte des Konzeptes. Die Reduktion der Kosten führt dabei zu

einer Steigerung der Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit.

Der ursprünglich aufgrund von Pressezitaten ( Vorstandsvorsitzen-

der Randa sprach von ca. 4000 Mitarbeitern) zu befürchtende

massive Abbau von Mitarbeitern der CA und die damit verbundene

Freisetzung von mehreren tausend Mitarbeitern im Banksektor konn-

te abgewendet werden. Durch die Zusicherung des Vorstandes der

Bank Austria, den Personalstand der CA nur durch natürlichen

Abgang zu reduzieren, können diesbezügliche Befürchtungen zer-

streut werden. Bei der Beurteilung der eingereichten Offerte hat

die Investmentbank J.P. Morgan darauf hingewiesen, daß üblicher-

weise bei derartigen Take-overs Arbeitsplatzverluste von 6 - 12 %

zu erwarten sind. Diese Zahlen hat der damalige Finanzminister

auch im Bundesrat genannt. Diese Auswirkungen werden nun unter-

bleiben .

Weiters besteht ein Offert der BA, den CA-Mitarbeitern Aktien im

Kurswert von einer halben Milliarde Schilling anzubieten.

Der Kauf der CA-Anteile des Bundes durch die Bank Austria und die

damit verbundenen Vereinbarungen im Koalitionsausschuß können nur

als erster Schritt zur Verbesserung der Struktur des österreichi-

schen Bankwesens gesehen werden. Durch diesen Verkauf werden

anderen Marktteilnehmern neue Entwicklungsmöglichkeiten geboten.

Außerdem bietet die Privatisierung der Bank Austria die Chance,

neue Trägerstrukturen zu schaffen und Investoren auf den Banken-

markt zu bringen.

Die Treuhandschaft für die Stimmrechtsanteile von AVZ und Wiener

Holding an der Bank Austria stellt nur eine Übergangslösung für

die echte Entpolitisierung des Bankensektors dar. Natürlich löst

diese Konstruktion nicht alle damit verbundenen Probleme, jedoch

wird die Einflußmöglichkeit der Politik weiter zurückgedrängt.

Eine mögliche Blokade etwaiger Kapitalerhöhungen in der Hauptver-

sammlung wird damit ausgeschlossen.

Ohne der Bundesregierung vorgreifen zu können, ist hervorzuheben,

daß es notwendig ist, den Rückzug des Staates aus dem Wirt-

schaftsleben zügig voranzutreiben. Daher sollte für den Verkauf

der Anteile des Bundes an der Bank Austria, der PSK, der Staats-

druckerei und der weiteren ehemals verstaatlichten Unternehmen

rasch ein Privatisierungskonzept erstellt werden.

Neben der bereits erwähnten Umwandlung der Wiener Börse in eine

Aktiengesellschaft und der vorgesehenen Stärkung der Rechte von

Minderheitsaktionären sollte ein Programm für den österreichi-

schen Aktienmarkt erarbeitet werden. In der Privatisierungspoli-

tik soll neben einem breiten Going Public auch ein ausgewogener

Investorenmix aus strategischen Partnern angestrebt werden, um

den Unternehmern betriebswirtschaftliche Stärkung zu ermöglichen.

Durch Mitarbeiter-Aktien und breite Streuung von Aktienpaketen

sollte das Sparbewußtsein der Österreicher in einen breiteren

Veranlagungsmix gelenkt werden.