1851/AB XX.GP
zur Zahl 1850/J-NR/1997
Die Abgeordneten zum Nationalrat Rudolf Anschober, Freundinnen und Freunde
haben an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend Wiener, gerichtet
und folgende Fragen gestellt:
"1 . Ist Ihnen die oben (in der Anfrage) angeführte Sachverhaltsdarstellung be-
kannt?
2. Wenn ja, seit wann und zu welchen konkreten Konsequenzen hat die Sach-
verhaltsdarstellung bislang geführt,?
3. Wie lautet der Wortlaut der Sachverhaltsdarstellung?
4. Sind die entsprechenden Passagen aus dem Akt korrekt wiedergegeben?
Wenn nein, in welchen Details nicht?
5. Wie erklärt sich der Minister aus heutiger Sicht die aufgelisteten skandalösen
Pannen?
6. Existierte damals eine politische Weisung, die Attentäter entkommen zu las-
sen?
7. Hat es unmittelbar nach dem Attentat eine Kontaktaufnahme der österreichi-
schen mit den iranischen Behörden gegeben? Wenn ja, mit welchem konkre-
ten Inhalt von wem wurde sie realisiert und
welche Konsequenzen hatte sie?
8. Wie wurde die Weisung der reduzierten Überwachung der iranischen Bot-
schaft durch den Generaldirektor für öffentliche Sicherheit begründet?
9. Haben sich in den Jahren seit dem Attentat neue Anhaltspunkte für die öster-
reichischen Behörden ergeben? Wenn ja, welche konkret im Detail?
10. Hat es in dieser Angelegenheit Kooperation mit ausländischen Diensten ge-
geben? Wenn ja, mit welchen und in welchem konkreten Detail und Zusam-
menhang?"
Ich beantworte diese Fragen wie folgt:
Zu1 und 2:
Die an die Staatsanwaltschaft Wien gerichtete Sachverhaltsmitteilung von Frau
Dr. Susanne Rasoul-Rockenschaub wurde dem Bundesministerium für Justiz am
23.12.1996 von der Oberstaatsanwaltschaft Wien vorgelegt. Das übereinstimmende
Vorhaben der Anklagebehörden, diese gegen unbekannte Täter (involvierte Organe
der Strafrechtspflege und der Sicherheitsbehörden) gerichtete Anzeige gemäß §.90
Abs. 1 StPO zurückzulegen, wurde am 15.1.1997 vom Bundesministerium für Justiz
zur Kenntnis genommen.
Zu 3:
Hiezu verweise ich auf die im Anhang angeschlossene Kopie der Sachverhaltsmit-
teilung.
Zu 4 und 5:
In diesem Zusammenhang verweise ich zunächst auf die Beantwortung der an mei-
nen Amtsvorgänger gerichteten parlamentarischen Anfrage, betreffend Mord an drei
Kurden am 13. Juli 1989, Zahl 4242/J-NR/1989. Demnach lag gegen Amir Mansour
Bozorgian-Assl vorerst kein dringender Tatverdacht wegen §§ 12, 75 StGB vor. Die
Verdachtslage war von vornherein sowohl durch Indizien gekennzeichnet, die für ei-
ne Beteiligung des Genannten an dem Mordanschlag sprachen, als auch durch sol-
che, die auf das Gegenteil hindeuteten, sodaß gegen den Genannten lediglich ein
Haftbefehl wegen des Verdachts in Richtung des
§ 95 Abs. 1 StGB (und nicht - wie
in der Sachverhaltsmitteilung angeführt - wegen § 92 StGB) erlassen wurde. Auffal-
lend war, daß Bozorgian-Assl die beiden zunächst intervenierenden Beamten des
Bezirkspolizeikommissariats Landstraße selbst zur Tatortwohnung geführt hatte und
kein Fluchtverhalten hatte erkennen lassen. Auch das Ergebnis der Schußhandab-
nahme verlief negativ. Während seines Wien-Aufenthalts wurde er von einem Bru-
der des Mordopfers Dr. Rasoul betreut, was eher auf ein amikales Verhältnis zu den
Kurden hindeutete.
Im übrigen schien die Aussage des Mohamad Djafari Sahraroodi nicht geeignet, die
Behauptung des Amir Mansour Bozorgian-Assl, er habe sich im Tatzeitpunkt nicht in
der Tatortwohnung aufgehalten, eindeutig zu widerlegen.
Im Zuge der Erhebungstätigkeit gegen Mohamad Djafari Sahraroodi ergab sich zu-
nächst ebenfalls kein dringender Tatverdacht in Richtung einer Mittäterschaft an
dem Verbrechen, vielmehr sprachen die ersten Erhebungsergebnisse dafür, daß der
Genannte irrtümlich selbst ein Opfer des Verbrechens geworden war, zumal er bei
diesem Anschlag Verletzungen erlitten hatte. Die Voraussetzungen für einen Antrag
der Anklagebehörde auf Erlassung eines Haftbefehls gegen Sahraroodi lagen vor-
erst nicht vor.
Unmittelbar nach dem Mordgeschehen wurde mit der Vornahme der Obduktionen
begonnen, in deren Verlauf eine Reihe von Nebenbefunden mitzuerheben war (z.B.
chemische Untersuchung der Bekleidung auf Schuß- und Blutspuren, Anfertigung
von Röntgenbildern der Leichen, feingewebliche Untersuchungen der Schußwun-
den). Am 19.7.1989 wurde Sahraroodi von Ärzten des Instituts für gerichtliche Medi-
zin der Universität Wien untersucht. Im Anschluß an die Obduktionen besichtigten
Ärzte dieses Instituts den Tatort. Am 26.7.1989 erfolgte ein Lokalaugenschein des
Gerichts am Tatort, an dem der Untersuchungsrichter, der Staatsanwalt, Beamte
der Staatspolizei und des Sicherheitsbüros, der beauftragte Sachverständige des In-
stituts für gerichtliche Medizin der Universität Wien und der Schießsachverständige
teilnahmen. Bei diesem Termin wurde den ermittelnden Behörden seitens des ge-
richtsmedizinischen Sachverständigen ein Überblick über die von medizinischer Sei-
te erhobenen Befunde zur Kenntnis gebracht. Zu diesem Zeitpunkt lagen die Ob-
duktionsbefunde bereits vor. In Übereinstimmung
mit den Erkenntnissen, die der
Schießsachverständige erarbeitet hatte, zeigte der gerichtsmedizinische Sachver-
ständige Widersprüche der Befunde zu den Aussagen des beim Tathergang verletz-
ten Sahraroodi auf. Zur genaueren Erfassung des Tatgeschehens wurde hierauf die
Vornahme von Beschußversuchen vorgesehen, die dann in der zweiten September-
hälfte in Anwesenheit des Untersuchungsrichters durchgeführt wurden. Am
1 0.1 1 .1 989 fand schließlich eine Abschlußbesprechung zwischen dem gerichtsme-
dizinischen Sachverständigen und dem Schießsachverständigen statt; die zusam-
menfassenden schriftlichen Gutachten der beiden Sachverständigen langten am
17.11.1989 beim Untersuchungsrichter des Landesgerichts für Strafsachen Wien
ein.
Nach einer Dienstbesprechung zwischen dem Staatsanwalt und den Polizeibehör-
denam 20.11.1989 beantragte die Staatsanwaltschaft Wien am 28.1 1 .1 989 die Er-
lassung von Haftbefehlen gegen Amir Mansour Bozorgian-Assl, Moustafa Ajvadi
und Mohamad Djafari Sahraroodi wegen § 75 StGB sowie deren Ausschreibung zur
Verhaftung im Inland sowie auf dem europäischen Festland (einschließlich Türkei
mit Anatolien). Die sogleich erlassenen Haftbefehle wurden der Bundespolizeidirek-
tion Wien noch am selben Tag übergeben. Am 19.12.1989 erließ der Untersu-
chungsrichter Steckbriefe gegen die drei Beschuldigten und ordnete die internatio-
nale Fahndung in allen Staaten der Welt an.
Aus dieser Darstellung der Abläufe zeigt sich, daß zwar bereits im Juli 1989 Unge-
reimtheiten in den Aussagen von Mohamad Djafari Sahraroodi festgestellt werden
konnten, daß aber erst weitere Erhebungen und schließlich dann die schriftlichen
Gutachten den Tatverdacht in dem Ausmaß verstärkten, daß die Erlassung von
Haftbefehlen geboten war.
Die sonstigen Vorwürfe in der Sachverhaltsmitteilung von Frau Dr. Susanne Rasoul-
Rockenschaub richten sich gegen die Sicherheitsbehörden und berühren nicht un-
mittelbar die Belange der Justiz.
Zu 6:
Im Justizbereich wurden in diesem Fall keine
Weisungen erteilt.
Zu 7:
ln den Monaten nach den Morden an den Kurdenführern in Wien ist es zu Kontakten
zwischen Vertretern der iranischen Botschaft in Wien und dem Bundesministerium
für Justiz gekommen. Im Zuge dieser Kontakte brachten die Repräsentanten des
Iran vor, der Anschlag sei von Volksmudjaheddins veranlaßt und durchgeführt wor-
den, weshalb die von den österreichischen Gerichten erlassenen Haftbefehle gegen
die iranischen Verdächtigen aufgehoben werden sollten. Die iranische Seite werde
aktiv an der Aufklärung der Morde mitwirken. Das Bundesministerium für Justiz sah
sich durch dieses Vorbringen jedoch nicht zu irgendwelchen Schritten, insbesondere
nicht zu einer Aufhebung der eingeleiteten Fahndung, veranlaßt.
Zu 8:
Die Beantwortung dieser Frage fällt nicht in den Vollzugsbereich des Bundesmini-
steriums für Justiz.
Zu 9:
Aufgrund eines Rechtshilfeersuchens des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom
17.10.1990 übermittelte der Iran im Oktober 1995 zusammengefaßte Antworten und
Stellungnahmen der Beschuldigten Mohamad Djafari Sahraroodi und Amir Mansour
Bozorgian-Assl zu den im Rechtshilfeersuchen gestellten Fragen. Neue Erkenntnis-
se zum Tathergang sind diesen kurz gehaltenen Antworten nicht zu entnehmen.
Zu 10:
Seitens der Justiz ist es zu keiner Zusammenarbeit mit ausländischen Diensten ge-
kommen.
Beilage wurde nicht gescannt !!!