1873/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Herrn Mag. Karl Schweitzer und Kollegen
haben am 22. Jänner 1997 unter der Nr. 1838/J an mich eine schriftliche
parlamentarische Anfrage betreffend "Räumung der Altlast N 9 'Mülldeponie
Helene Berger"' gerichtet.
Seit Ende Oktober 1996 habe die Räumung der Mülldeponie Helene Berger in
Weikersdorf/Wr. Neustadt begonnen. Den Informationen zufolge wurden rund
900.000 m³ Abfall mittels LKW auf 13 verschiedene Deponiestandorte in
Niederösterreich, Steiermark, Wien, Burgenland und Kärnten verteilt. Es sei dies
die bisher größte behördlich angeordnete Zwangsräumung einer Deponie in
Österreich.
Zu dem sei durch die vermehrten LKW-Transporte mit einer gravierenden
Umwelt- und Verkehrsbelastung zu rechnen.
Die Anfrage hat folgenden Wortlaut.
Anfrage
1 ) Hat es ein öffentliches Ausschreibungsverfahren bezüglich der Räumung der
Berger-Deponie gegeben?
1 a) Wenn ja, welche Unternehmen haben sich um die Ausschreibung beworben,
welches Unternehmen hat aufgrund welcher Kriterien den Zuschlag erhalten?
1 b) Wenn nein, aus welchen Gründen nicht?
2) Wie hoch sind die Kosten für die
Räumung der Berger-Deponie anzusetzen?
3) Wie groß ist das auf der Berger-Deponie lagernde Abfallvolumen?
4) Aus welchen Abfallarten setzt sich dieses Volumen zusammen?
5) Existiert für die oben angeführte Räumung der Berger-Deponie von seiten
Ihres Ressorts ein konkreter Entsorgungsplan?
5a) Wenn ja, welche Maßnahmen sieht dieser Plan vor?
5b) Wenn nein, welche Maßnahmen werden Sie setzen?
5c) Gibt es zur Entsorgung bzw. Sicherung der Berger-Deponie
Expertenuntersuchungen für eine optimale umweltverträgliche Variante?
6) Wurden von seiten Ihres Ressorts Überlegungen angestellt, die
Berger-Deponie mittels kostengünstigeren Sperrbrunnen (ähnlich der
Fischer-Deponie) abzusichern, anstatt eine Räumung anzuordnen?
6a) Wenn ja, aus welchen Gründen wurde der Räumung der Deponie der
Vorzug gegeben?
6b) Wenn nein, aus welchen Gründen nicht?
7) Ist die Räumung des Abfallvolumens der Berger-Deponie per Bahn oder per
LKW vorgesehen?
8) Gibt es diesbezüglich von seiten Ihres Ressorts Überlegungen betreffend
die ökologisch optimalste Transportvariante für das gesamte Abfallvolumen?
8a) Wenn ja, wurden dazu Vergleichsanalysen betreffend den
Treibstoffverbrauch und die Emmissionswerte in bezug auf die Entsorgung
per Bahn bzw. per LKW vorgenommen?
8b) Wenn nein, werden Sie eine solche Analyse
veranlassen?
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1):
Die Räumung der Berger-Deponie ist öffentlich (europaweit) ausgeschrieben
worden.
Zu Frage 1a und 1b:
I.
Anzahl der an der Ausschreibung beteiligten Firmen, deren Nennung im Hinblick
auf die schutzwürdigen Interessen der unterlegenen Bieter unterbleibt.
a) Räumung und Transport: 5 Bieter
b) Lieferung von Auffüllungsmaterial: 10 Bieter
c) Eluat- und Feststoffanalysen: 7 Bieter
d) Grundwasserbeweissicherung: 16 Bieter
e) örtliche Bauaufsicht: 7 Bieter
f) örtliche Aufsicht Chemie: 8 Bieter
II.
Folgende Firmen haben nach Evaluierung, dem vom Bundesvergabegesetz für
öffentliche Ausschreibungen geforderten Bestbieterprinzip (das bei einigen
Firmen zugleich auch den Billigstbieterprinzip entspricht) folgend, den Zuschlag
erhalten.
a) Räumung: Arbeitsgemeinschaft Grün & Bilfinger, STUAG, Porr
Umwelttechnik, Hinteregger & Söhne, Teerag Asdag
b) Abfalltransport: Arbeitsgemeinschaft Universale, WHT, Böhm,
ÖKOTECHNA
c) Lieferung von Auf
füllungsmaterial: Universale
Bau AG
d) Eluat- u. Feststoffanalysen: Bietergemeinschaft
Univ.Prof.DI Dr. Wogrolly/ Firma Rumpold GmbH
e) Grundwasserbeweissicherung: Umweltanalytisches Institut
f) örtliche Bauaufsicht: ZI DI Trugina
g) örtliche Aufsicht Chemie: ZI Dr. Cernoch
Zu Frage 1:
Im Mai 1 995 wurde ein "Räumungs-Finanzbedarfsplan" erstellt. Demnach
ergibt sich nunmehr - entgegen der ursprünglichen bloßen Kostenschätzung von
S 2,5 Milliarden - ein kalkulierter Kostenaufwand von ca. S 1,3 Milliarden.
In diesem Betrag sind alle Aufwendungen enthalten, die der Räumung, d.h. der
Ersatzvornahme nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VVG), von den
Vorarbeiten bis hin zu den Rekultivierungsmaßnahmen zuzurechnen sind.
Zu Frage 3:
In der Berger-Deponie befindet sich ein Abfallvolumen von ca. 640.950 m³, das
Volumen des kontaminierten Untergrunds beträgt 84.135 m³. Das zu entsorgende
Gesamtvolumen beträgt daher 725 .085 m³.
Zu Frage 4:
Die Zusammensetzung des Abfallvolumens ergibt sich aus der
folgenden Aufstellung der Abfallarten, die jeweils mengenmäßig den
7 Räumungsabschnitten zugeordnet sind, die Menge ist hiebei im Verhältnis
1:1000 m³ angegeben.
|
Abdeck- schicht |
Aluminium- schlacke |
Kunststoff- anteil |
Bau- schutt |
|
RA 1 4 12% |
12 43% |
7 4% |
2 5% |
|
RA 2 3 8% |
0 0% |
8 4% |
4 7% |
|
RA 3 1 3% |
0 0% |
46 25% |
12 7% |
|
RA 4 4 11% |
7 25% |
60 32% |
4 8% |
|
RA 5 10 32% |
4 13% |
48 26% |
20 42% |
|
RA 6 8 23% |
0 1% |
1 1% |
0 1% |
|
RA 7 4 11% |
5 19% |
16 9% |
5 10% |
|
Sägemehl |
Textilien |
Kies |
k. Zuordnung |
|
RA 1 1 0% |
0 0% |
1 1% |
16 43% |
|
RA 2 7 4% |
0 0% |
2 2% |
0 0% |
|
RA 3 4 2% |
0 0% |
1 1% |
0 0% |
|
RA 4 32 17% |
2 18% |
9 9% |
0 0% |
|
RA 5 11 6% |
7 26% |
17 17% |
7 19% |
|
RA 6 74 40% |
14 54% |
50 50% |
6 17% |
|
RA 7 56 30% |
3 11% |
19 19% |
7 20% |
Gesamt
RA 1 43
RA 2 24
RA 3 65
RA 4 117
RA 5 123
RA 6 154
RA 7 115
641
Zu Frage S, 5a, 5b
Bei Räumungen speziell dieser Dimension halte ich es für unerläßlich, einen
konkreten Entsorgungsplan zu erstellen.
1995 wurde mit einer entsprechenden Konzeption das Zivil-Ingenieur-Büro
Dipl.-Ing. Josef Ringhofer beauftragt (s. auch Antwort zu Frage 2), das auch die
Projektsteuerung bis zum Abschluß der
Räumung durchführt.
Zu Frage 5c, 6, 6a und 6b
Bei der- Berger--Deponie wurde im Titelverfahren ein Räumungsbescheid nach
dem Wasserrechtsgesetz i.V.m. dem Altlastensanierungsgesetz erlassen.
Die Vollstreckung, für die ich als oberstes Organ (Art. 19 B-VG) verantwortlich
bin, ist an die nach dem Materiengesetzen erlassenen Titelbescheide gebunden.
Sie kann daher nur in dem Rahmen erfolgen, der durch die Titelbescheide
vorgegeben ist. Für Überlegungen zu Alternativen bleibt in der Vollstreckung
wenig Raum.
Trotzdem versucht mein Ressort schon derzeit im Rahmen der rechtlichen
Möglichkeiten, die Vollstreckungsbehörden möglichst zu unterstützen und auch
noch in dieser Situation bestmögliche ökologische und ökonomische Ergebnisse
zu erzielen.
Insofern wird der Abfall auch nicht einfach "ausgeräumt und auf andere Deponien
verbracht", sondern es werden z.B. alle Schritte gesetzt, um vor Ort eine
Trennung in Eluatklassen oder auch eine Reduktion der einzelnen Eluatklassen zu
erreichen und so die Belastung für die Umwelt bei der tatsächlichen Räumung
herabzusetzen. Dies bringt nicht nur ökologische Vorteile mit sich, sondern
erlaubt - durch die fortschreitende Entwicklung auf dem Technologiesektor -
nicht selten auch ökonomische Einsparungen.
Nach diesen Kriterien erfolgte in der Folge u.a. auch die Suche nach
entsprechenden "Zieldeponien". Nicht bloß "umzulagern" sondern auch Zielorte
mit, den einzelnen Abfallfraktionen entsprechenden Technologien wie z.B. der
Verrottung anzufahren, um auch hier ein bestmögliches ökologisches Ergebnis zu
erzielen, ist nach meinem Verständnis unerläßlich.
Im übrigen fällt die Beantwortung dieser Fragen nicht in meinen Zuständigkeits-
bereich.
Zu Frage 7,8, Ba und 8b:
Abgesehen davon, daß ich durch das Tätigwerden im Rahmen der Vollstreckung
die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit in
besonderem Maße zu beachten habe, werden bei allen Überlegungen selbst-
verständlich auch die ökologischen Faktoren beachtet. Kostengründe allein sind
nicht ausschlaggebend.
Die Kosten für den Bahntransport waren laut Anbot doppelt so hoch wie für den
LKW-Transport, in diesen Kosten war zusätzlich weder die Kalkuation für die
zu schaffende Infrastruktur enthalten noch bedacht worden, daß ein
Gleisanschluß notwendig gewesen wäre, der Anschluß der A 2 (Südautobahn)
befindet sich dagegen in unmittelbarer Nähe. Außerdem liegen der Behörde
Berechnungen vor, wonach die durch Emmissionen und Unfallrisiko bedingte
Belastung des Straßenverkehrs, die durch die Räumung der Berger-Deponie
verursacht werden könnte, relativ gering ist. Es wurde daher der Variante
"Transport per LKW" der Vorzug gegeben.