1888/AB XX.GP
Zu den aus der beiliegenden Ablichtung der gegenständlichen Anfrage ersichtlichen
Fragen führe ich folgendes aus:
Zu Frage 1:
Ich teile die Auffassung des Herrn Univ. Prof. DDr. Mayer, daß die Betriebskranken-
kassen anachronistisch wären, nicht.
Bei der in der Anfrage zitierten Aussage handelt es sich offensichtlich um eine
subjektive Wertung, die ohne rechtliche Relevanz ist.
Der Umstand, daß schon seit längerem keine neuen Betriebskrankenkassen einge-
richtet wurden, ist offensichtlich darauf zurückzuführen, daß der Bundesgesetzgeber
keinen derartigen Bedarf gesehen hat.
Zu Frage 2:
Die Sozialversicherungsträger haben gemäß § 23 Abs.6 der Rechnungsvorschriften
für die Sozialversicherungsträger neben der Allgemeinen Rücklage zum Ausgleich
unterjähriger Schwankungen von Beitragseinnahmen und Leistungsauszahlungen
sowie zur bilanzmäßigen Absicherung der Erfüllung ihrer Leistungsverpflichtungen
eine Leistungssicherungsrücklage in der Höhe eines Zwölftels des Leistungsauf-
wandes dieses Geschäftsjahres zu bilden.
Die Allgemeine Rücklage und die Leistungssicherungsrücklage zeigen bei den Be-
triebskrankenkassen per 31. Dezember 1995 nachstehendes Bild:
Allgemeine Leistungssicherungs-
in 1.000 S Rücklage rücklage
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BKK d.Ö.Staatsdruckerei 107.337 2.451
BKK A.Tabak AG 133.256 6.764
BKK d.Wr.Verkehrsbetr. 247.268 30.808
BKK d.Semperit AG 492.616 18.462
BKK d.Neusiedler AG 72.337 4.114
BKK Donawitz 218.895 17.382
BKK Zeltweg 58.636 5.734
BKK Kindberg 78.534 4.234
BKK Kapfenberg 6.102 18.402
BKK Pengg 44.387 2.923
Zu Frage 3:
Der Gesamtpersonalstand (Vetwaltungsangestellte, Ärzte, ärztliches Hilfspersonal
und Haus- und sonstiges Personal) belief sich im Geschäftsjahr 1995 im Bereich der
Verwaltung und der eigenen Einrichtungen auf nachstehende Höhe:
Gesamtpersonalstand
BKK d.Ö.Staatsdruckerei 8
BKK A.Tabak AG 20
BKK d.Wr.Verkehrsbetr. 145
BKK d.Semperit AG 15
BKK d.Neusiedler AG 5
BKK Donawitz 14
BKK Zeltweg 7
BKK Kindberg 16
BKK Kapfenberg 40
BKK Pengg 4
Zu Frage 4:
Da der Betriebsunternehmer gemäß § 445 ASVG verpflichtet ist, die zur ordnungs-
gemäßen Verwaltung der Kasse erforderlichen Kosten zu bestreiten und die hiezu
erforderlichen Arbeitskräfte unter eigener Verantwortlichkeit beizustellen, sind dem
Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales die Administrationskosten
der Betriebskrankenkassen nicht bekannt.
Zu Frage 5:
Den Aufwendungen der Unternehmen für Betriebskrankenkassen stehen durchaus
auch erhebliche Vorteile gegenüber (z.B. betreiben Betriebskrankenkassen in enger
Zusammenarbeit mit dem werksärztlichen Dienst arbeitsweltbezogene Ge-
sundheitsförderung und können hiebei auf die Situation im Betrieb eingehen).
Da somit bei den Betriebskrankenkassen nicht nur hinsichtlich der Aufbringung der
Verwaltungskosten, sondern auch hinsichtlich der betriebsspezifischen Betreuung
sachliche Unterschiede zu den anderen, von den Gebietskrankenkassen erfaßten
Unternehmen bestehen, halte ich die zitierte Behauptung der Gleichheitswidrigkeit
für unbegründet.
Zu Frage 6:
Da die Eigentumsstruktur bei Unternehmen, für die Betriebskrankenkassen errichtet
sind, weder rechtliche noch politische Bedeutung hat, bedarf es bei einem Eigen-
tümerwechsel keiner Begründung für die Beibehaltung der Rechtslage. Bei einem
Eigentümerwechsel mußte dem Erwerber wohl, bekannt sein, daß er als Betriebs-
unternehmer auch die hinsichtlich der Betriebskrankenkasse bestehenden Ver-
pflichtungen und Rechte übernimmt.
Zu Frage 7:
Da Betriebskrankenkassen, wie bereits bei Frage 5 dargestellt, für das Unternehmen
neben Kosten auch Vorteile mit sich bringen, kann meiner Auffassung nach von
einer Wettbewerbsverzerrung nicht die Rede sein.
Zu den Fragen 8 und 9:
Univ. Prof. DDr. Mayer begründet seine Auffassung, wonach die Regelungen der
§§ 23 Abs.3 und 445 ASVG verfassungswidrige Eigentumsbeschränkungen
enthalten würden, mit der Behauptung, daß das - vom Verfassungsgerichtshof in
vergleichbaren Fällen geforderte - "Allgemeininteresse" an dieser Regelung nicht
bestehe, ohne diese Behauptung näher auszuführen. Bei der Beurteilung des
"Allgemeininteresses" an einer Eigentumsbeschränkung handelt es sich letztendlich
um eine Wertungsfrage. Hiebei hat der Gesetzgeber einen Spielraum, der meiner
Auffassung nach im konkreten Fall in durchaus verfassungskonformer Weise wahr-
genommen wird.
Ähnlich verhält es sich mit der Beurteilung der Gesetzesstelle als verfassungswidrig,
weil durch sie angeblich die Freiheit der Erwerbstätigkeit eingeschränkt werde. In
diesem Zusammenhang ist die Vorfrage entscheidend, ob die Beschränkung im
öffentlichen Interesse liegt.
Im übrigen greift die Betriebskrankenkassenregelung in keiner Weise in den
materiellen Gehalt der Erwerbsfreiheit ein, sondern verbindet mit der Erwerbs-
tätigkeit Verpflichtungen, die auf das Recht der Erwerbstätigkeit selbst keinen
Einfluß haben.