1891/AB XX.GP

 

Die Abgeordnete zum Nationalrat Mag. Terezija Stoisits, Freundin-

nen und Freunde haben am 29.01.1997 unter der Zahl 1899/J-NR/1997

an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend

"die Auffassung österreichischer Asylbeamter, Folterungen und

Mißhandlungen von Inhaftierten durch Polizisten seien ein geeigne-

tes Mittel, um Geständnisse zu erhalten" gerichtet, die folgenden

Wortlaut hat :

" 1. Wie beurteilen Sie als Innenminister (und damit als Verant-

wortlicher für die österreichische Polizei ) die in ihrem Be-

reich offenbar bestehende Auffassung über die angebliche Zuläs-

sigkeit von Mißhandlungen und Folter von Inhaftierten durch

Polizisten, um von Häftlingen ein Geständnis erwirken zu kön-

nen?

2. Was werden Sie als Innenminister gegen die in ihrem Bereich

offenbar bestehende Auffassung unternehmen, daß Polizeibehör-

den Geständnisse durch Folter erpressen dürfen?

3. Teilen Sie die Auffassung Ihres Beamten, daß es sich bei

Folter unter Umständen "um Schritte handelt, die zur Aufklä-

rung eines strafbaren Deliktes dienen " ?

a) wenn ja, unter welchen Umständen sollten Ihrer Auffassung

nach derartige "Schritte" zulässig sein ?

4. Ist es Ihnen möglich herauszufinden, unter welchen Umständen

der verantwortliche Beamte derartige Schritte für zulässig

hält?

5. Wie beurteilen sie diese Meinung?

6. Sollten Sie staatliche Folter ablehnen, werden Sie das dem

verantwortlichen Beamten mitteilen?

7. Teilen Sie die Auffassung Ihres Beamten, daß es sich bei Folte-

rungen durch staatliche Organe unter Umständen nicht eine

Verfolgungshandlung im Sinne des Asylgesetzes handeln könnte ?

8. Wenn ja, unter welchen Umständen kann ihrer Meinung nach Miß-

handlung und Folterung von Inhaftierten durch Polizeibeamte

nicht eine "Verfolgungshandlung" darstellen und damit " legi-

tim" sein?

9. Werden Sie entsprechend den Möglichkeiten des AVG den angespro-

chenen Bescheid von Amts wegen korrigieren und dem Betroffenen

Asyl gewähren?

a ) wenn nein, warum eigentlich nicht?

10. Welche Konsequenzen hatte der Bescheid und die darin festge-

schriebene Auffassung, daß es sich bei Polizeifolter nicht um

Verfolgungshandlungen, sondern bloß "um Schritte handelt, die

zur Aufklärung eines strafbaren Deliktes dienen"

a ) für den betroffenen Asylwerber?

b ) für den verantwortlichen Beamten?

11.Könne Sie ausschließen, daß es weitere ähnliche negative

Asylbescheide erster oder zweiter Instanz gibt?

a) wenn nein, was gedenken Sie zu tun, um derartige Bescheide

ausfindig zu machen und zu korrigieren?"

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1:

Es ist nicht Auffassung meines Ressorts, daß Mißhandlungen und

Folter von Inhaftierten durch die Polizei - zu welchem Zwecke und

in welchem Staat immer - zulässig seien .

Der zitierte Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien in einem

Verfahren gemäß § 54 Fremdengesetz versucht festzustellen, daß

- im Einklang mit der Genfer Flüchtlingskonvention - nicht jeder-

lei Mißhandlung als solche ipso facto als politische Verfolgung

qualifiziert werden muß, wobei dies - rechtlich zutreffend -

verneint wird.

Es ist zu konzedieren, daß dieser Bescheid mißverständlich formu-

liert wurde und die Aussage, wonach nicht jegliche Mißhandlung

als solche ipso facto als politische Verfolgung zu werten ist,

nicht klar genug formuliert wurde.

Zu Frage 2:

Da die unterstellte Auffassung nicht besteht, kann die Frage

nicht beantwortet werden. Im übrigen wird auf die Beantwortung

der Frage 1 verwiesen .

Zu Frage 3:

Folter ist unter allen Umständen abzulehnen und verwerflich. Es

ist empirisch zu konstatieren, daß staatliche Folterungen sich

nicht ausschließlich im Kontext politischer Verfolgung ereignen

können, sondern daß (unter Umständen) in gewissen Ländern auch

Personen, die der Begehung gemeinstrafrechtlicher Vergehen ver-

dächtigt sind, eine solche Behandlung zu erdulden haben.

Zur Teilfrage a) :

Selbstverständlich handelt es sich bei jeglicher Form von Folter

um ein verabscheuungswürdiges und durch nichts zu rechtfertigen-

des bzw. zu entschuldigendes Staatsverbrechen. Insofern kann es

auch keinerlei Umstände geben, unter denen Folter zulässig sein

könnte.

Zu Frage 4:

Da es sich für mich, insbesondere auch aufgrund des in der Anfra-

ge zitierten Bescheidtextes, nicht ergibt, daß die Meinung des

verantwortlichen Beamten in bezug auf die moralische und rechtli-

che Beurteilung von Folterpraktiken von meiner oben dargelegten

etwa abweichen könnte, besteht für mich kein Anlaß, über die

Meinungen dieses Beamten weitere Nachforschungen anzustellen.

Zu Frage 5:

Hiezu ist auf das zu Frage 4 Ausgeführte zu verweisen.

Zu Frage 6:

Da ich keinen Anlaß habe, zu bezweifeln, daß die Beamten des

Bundesministeriums für Inneres meine in Punkt 3a) dargelegte

Auffassung teilen, besteht keine Notwendigkeit einer gesonderten

Mitteilung.

Zu Frage 7:

Da es sich, wie zu Frage 1 ausgeführt, bei dem hier gegenständli-

chen Bescheid nicht um einen nach Asylgesetz 1991 gehandelt hat,

kann sich aus diesem Bescheid auch keinerlei Auffassung eines

meiner Beamten über die Subsumption eines bestimmten Sachverhal-

tes unter das Asylgesetz 1991 ergeben. Somit läßt sich die Frage

in der vor 1 iegenden Form nicht beantworten .

Zu Frage 8:

Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen .

Zu Frage 9:

Bei dem angesprochenen Schriftstück handelt es sich - wie in

Punkt 1 ausgeführt - um einen Bescheid der der Bundespolizeidirek-

tion Wien in einem Verfahren gemäß § 54 Fremdengesetz , und nicht

um einen Bescheid nach dem Asylgesetz 1991 . Die Frage kann hier-

mit so nicht beantwortet werden.

Zu Frage 10:

Da sich die vorliegende Frage auf Einzelpersonen und für diese

existentiell wichtige Bereiche (einerseits fremdenrechtlicher,

andererseits dienstrechtlicher Status) bezieht, verbietet mir die

Amtsverschwiegenheit, Auskünfte der begehrten Art zu geben.

Zu Frage 11:

Da es sich im gegenständlichen Fall um keinen "Asylbescheid"

gehandelt hat, geht auch diese Frage ins Leere und kann nicht

beantwortet werden .