190/AB

 

An den Präsidenten des Nationalrates

 

Parlament

 

1017 Wien

 

 

 

Betrifft:   Schriftliche Anfrage Nr. 204/J vom 28.  Februar 1996 betreffend mögliche Unterwanderung von Ministerien durch die Organisation Scientology

 

 

 

Die Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde haben am 28.  Februar 1996 unter der Nr. 204/J an meine Vorgängerin, Bundesministerin a. D. Dr. Sonja Moser, eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend mögliche Unterwanderung von Ministerien durch die Organisation Scientology gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:

 

1.      Weiche konkrete Information hat Sie zu der Aussage veranlaßt, heimische Ministerien seien durch Sekten unterwandert?

 

2.      Liegen Ihnen Informationen vor, wonach Mitglieder bzw.  Anhänger von Scientology im Bereich Ihres Ministeriums tätig sind?

 

3.      Inwiefern sehen Sie die Möglichkeit einer Unterwanderung Ihres

Ministeriums durch Mitglieder von destruktiven Kulten oder pseudoreligiösen Sekten?  Haben Sie Vorkehrungen gegen eine derartige Unterwanderung getroffen, und wenn ja, welche?

 

4.      Ist die Fa.  Topcall auch im Bereich Ihres Ministeriums als Vertreiber von EDV-Hard- und Software tätig geworden?

 

a)      Wenn ja, können Sie den Umfang der Dienstleistungen bzw.  Verträge mit Topeall präzisieren?

 

b)      Sind Verträge mit der Fa.  Topcall noch aufrecht bzw. wurden Verträge gelöst?

 

e)      Sind in Ihrem Ministerium Fax-Server der Fa.  Topeall in Verwendung?

 

5.      Inwiefern sind Ihre EDV-Anlagen bzw.  EDV-gestützten Daten gegen eine mißbräuchliche Verwendung durch Außenstehende gesichert?

 

6.      Welche Maßnahmen wurden seitens Ihres Ministeriums ergriffen hinsichtlich des Entschließungsantrages vom 14.  Juli 1994 betreffend Maßnahmen im Zusammenhang mit Sekten, pseudoreligiösen Gruppierungen und Organisationen?

 

a)      Wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, womit wurde sie befaßt und inwiefern wurde Ihr Ministerium in der Arbeitsgruppe tätig?

 

b)      Wann ist die Herausgabe einer Aufklärungsbroschüre zu erwarten?

 

c)      Welche Aufklärungsaktionen für Jugendliche und Familien wurden

gestartet?

 

d)      Inwiefern wurden bestehende Beratungseinrichtungen von Ihrem

Ministerium gefördert?

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu Frage 1:

 

Diese Frage wurde an meine Vorgängerin Bundesministerin a.D. Dr. Sonja Moser persönlich gerichtet und bezieht sich auf einen Artikel in der Zeitung "Neues Volksblatt", der am Freitag, den 19.  Jänner 1996 veröffentlicht wurde.  Ich kann diese Frage daher nicht beantworten.

 

Zu Frage 2:

 

Informationen betreffend die Zugehörigkeit eines/einer Bediensteten des Ressorts zu einem Glaubensbekenntnis bzw. zu einer Weltanschauung werden vom Bundesministerium für Jugend und Familie in seiner Funktion als Dienstbehörde nicht erhoben.

 

Informationen darüber, daß Bedienstete meines Ressorts Mitglieder bzw.  Anhänger von Scientology seien, liegen daher weder in formeller noch in informeller Art vor.

 

Zu Frage 3:

 

Indizien für eine Unterwanderung des Bundesministeriums für Jugend und Familie durch Mitglieder von destruktiven Kulten oder pseudoreligiösen Sekten liegen keine vor.

 

Sollten in Zukunft Indizien hervorkommen, daß Bedienstete meines Ressorts im Bereich der Ausübung ihrer Tätigkeit als Angehörige des Ressorts Aktivitäten entfalten oder Tätigkeiten unternehmen, die in keinem sachlichen Zusammenhang zu den Aufgabenstellungen des Ressorts stehen, werde ich alle dienstrechtlichen, und allenfalls strafrechtliche Schritte setzen, um solchen Mißständen wirksam zu begegnen.

 

Anmerken möchte ich dennoch, daß sich diese Aufmerksamkeit nicht auf den privaten Bereich der Bediensteten meines Ressorts erstreckt.

 

Zu Frage 4:

 

Das Bundesministerium für Jugend und Familie und das Bundesministerium für Umwelt besitzen eine gemeinsame Rechenanlage.  An dieser wurde eine Fax-Box inklusive der für den Betrieb notwendigen Software der Firma Topcall bis Herbst 1995 eingesetzt.  Jedoch wurden keine Wartungsverträge bzw.  Verträge sonstiger Art mit der Firma Topcall abgeschlossen.  Der Ankauf bzw. die notwendigen Dienstleistungen und Wartungsarbeiten wurden über Dritte bezogen.  Es gibt auch keinerlei Anzeichen, daß eine Schädigung aufgrund des Einsatzes der Fax-Box erfolgte.  Derzeit ist auf Grund der Umstellung auf ein Client-Server basierendes System kein Fax-Server der Firma Topcall in Verwendung.

Im übrigen darf ich auf die Beantwortung des Herrn Bundeskanzlers auf die Frage 3 der Anfrage Nr. 197/J verweisen.

 

Zu Frage 5:

 

Der Zutritt zu den Rechenanlagen, sowie zu den Kommunikationseinrichtungen ist unbefugten Personen nicht möglich.  Die Kommunikationseinrichtungen sind - nach dem heutigen Stand der Technik - gegen jedwede Manipulation durch Unbefugte geschätzt.  Der Zugriff auf Programme, Daten und Hardware ist durch vielfältige Sicherungsmaßnahmen nur den jeweils autorisierten Mitarbeitern möglich.

Ich erlaube mir von einer detaillierteren Schilderung abzusehen, da dies den erwähnten Sicherheitskriterien widersprechen würde.

 

Zu Frage 6:

 

In dem Entschließungsantrag vom 14.  Juli 1994 wurde die Einsetzung einer interministerellen Arbeitsgruppe der gesamten Bundesregierung gefordert.  Das Bundesministerium für Jugend und Familie hat seine Bereitschaft bekundet an einer diesbezüglichen interministeriellen Kommission mitzuarbeiten und seine Erfahrungen und Möglichkeiten bei der Vermittlung und Aufbereitung von Informationen an Jugendliche einzubringen.

 

In diesem Zusammenhang leistet mein Ressort derzeit erste Vorarbeiten für die Herausgabe von allgemeinen Informationsmaterialien.  Basierend auf diesen Erfahrungen kann über die Entwicklung weiterer Unterlagen diskutiert werden.

 

Das Bundesministerium für Jugend und Familie plant in den nächsten Wochen im Bereich der Familienberatungsstellen und Jugendinformations- bzw. ­beratungsstellen eine erste Erhebung über die Inanspruchnahme der Beratung durch von 'Sekten' betroffene Jugendliche, Eltern und Angehörige.  Ziel dieser Umfrage ist einerseits eine Erhebung des Iststandes, andererseits sollen häufig zu dieser Thematik frequentierte Stellen eine Unterstützung in Form von Informations- und Schulungsmaßnahmen erhalten.

 

Zur Frage der Unterstützung von Beratungseinrichtungen ist zu bemerken, daß derzeit in Österreich nur eine einzige nichtkirchliche Beratungsstelle existiert.  Diese wird von der Eltern- und Betroffeneninitiative "Gesellschaft gegen Sekten- und Kultgefahren’ betrieben.  Mein Ressort hat diese Beratungsstelle seit ihrem Bestehen unterstützt.  Die Geldmittel wurden in den letzten Jahren - trotz Budgetkürzung ­sogar erhöht.  Mein Ressort hat damit auf den immer größer werdenden Bedarf an Beratung und Information für Eltern, Angehörige, Jugendliche sowie private und öffentliche Institutionen als eine der wenigen öffentlichen Stellen reagiert.