191/AB
Herrn
Präsidenten des Nationalrates
Dr. Heinz FISCHER
Parlament
1017
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 178/J betreffend Bergrecht, welche die Abgeordneten Anschober, Freundinnen und Freunde am 27. Februar 1996 an mich richteten und aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigelegt ist, stelle ich fest:
Antwort zu Punkt 1 der Anfrage.-
Schotter als solcher unterliegt nicht dem Berggesetz 1975. Mit diesem Begriff wird ein nichtbindiges Lockergestein bestimmter Körnung bezeichnet, wobei die Gesteinsart unmaßgeblich ist. Dem Berggesetz 1975 unterliegen nur bestimmte definierte höherwertige mineralische Rohstoffe. Nur dann, wenn ein Lockergesteinvorkommen aus einem derartigen mineralischen Rohstoff besteht, kommt das Berggesetz 1975 zur Anwendung, nicht bei Massenrohstoffen schlechthin. Auf "Schotterabbauvorhaben" ist das Berggesetz 1975
nicht anzuwenden. Auch werden von den Berghauptmannschaften keine Schotterabbauflächen genehmigt.
Gemeint sein dürfte, wieviele Gewinnungsbewilligungen für grundeigene mineralische Rohstoffe auf Grund der Übergangsbestimmungen der Bergrechtsnovelle 1990 ex lege als erteilt gelten und wieviele Gewinnungsbewilligungen für grundeigene mineralische Rohstoffe nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes erteilt wurden. Hiezu ist auszufahren:
Bei den Berghauptmannschaften sind zwischen 1. Jänner 1991 und dem 31. Dezember 1992 insgesamt 1081 Bekanntgaben gemäß § 238 des Berggesetzes 1975 in der Fassung der Berggesetznovelle 1990 eingelangt. Dadurch wurden die seinerzeit bestandenen Gewerbeberechtigungen obsolet. Auf Grund dieser Bekanntgaben wurden 881 Gewinnungsbewilligungen vorgemerkt, in 58 Fällen wurde mit Bescheid festgestellt, daß die Voraussetzungen des § 238 Abs. 1 des Berggesetzes 1975 am 1. Jänner 1991 nicht vorgelegen sind. 25 Gewinnungsbewilligungen, die am 1. Jänner 1991 ex lege als erteilt galten, sind mit Ablauf des 31. Dezember 1992 erloschen. Die Gesamtfläche, für die Gewinnungsbewilligungen für grundeigene mineralische Rohstoffe als am 1. Jänner 1991 ex lege als erteilt gelten, beträgt 9.545,7 ha, das sind 0,114 % des Bundesgebietes.
Nach dem 1. Jänner 1991 wurden bei den Berghauptmannschaften 258 Anträge auf Erteilung einer Gewinnungsbewilligung für grundeigene mineralische Rohstoffe eingebracht und wurden von den Berghauptmannschaften Gewinnungsbewilligungen für eine Fläche von insgesamt 1249,1 ha, das sind 0,015 % des Bundesgebietes, erteilt. Die vorgenannten Anträge um Erteilung einer Gewinnungsbewilligung sowie die von den Gewinnungsbewilligungen abgedeckten Flächen des Bundesgebietes verteilen sich auf die einzelnen Bundesländer und Berghauptmannschaften wie folgt:
Anträge: Gewinnungsbewilligungen:
Bundesland Berghaupt- (Fläche, Anteil a.d.Landesfläche)
mannschaft
Wien 3 Wien 5,0 ha = 0,012
Burgenland 12 Wien 136,7 ha = 0,034 %
NÖ 160 Wien 777,0 ha = 0,041 %
Steiermark 13 Graz u. Leoben 118,5 ha = 0,007 %
Kärnten 3 Klgft. 24,4 ha = 0,003 %
Tirol 12 Innsbruck 104,1 ha = 0,008 %
Vorarlberg 0 Innsbruck
Salzburg 4 Salzburg 14,6 ha = 0,002 %
oö 11 Salzburg 68,7 ha = 0,006 %
Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:
Eine Schotterverbrauchstatistik ist dem Bundesministerium für wirtschaf tliche Angelegenheiten nicht bekannt. Es gibt jedoch Produktionsstatistiken. Die dem Bergrecht unterliegende Gewinnung mineralischer Rohstoffe ist dem jährlich erscheinenden Österreichischen Montan-Handbuch zu entnehmen.
Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:
Der Personalstand der Bergbehörden ist dem Österreichischen Montan-Handbuch 1995 zu entnehmen.
Antwort zu den Punkten 4, 5 und 6 der Anfrage:
Durch die Berggesetznovelle 1990 erfolgte die Ausdehnung "des Geltungsbereiches des Berggesetzes 1975 im wesentlichen nur in bezug auf einen Bergbauzweig sowie auf die Wahrnehmung bergbautechnischer Aspekte. Alle bergbehördlichen Bediensteten sind mit sämtlichen Angelegenheiten befaßt, auf die das Berggesetz 1975 bereits vor der Berggesetznovelle 1990 Anwendung gefunden hat.
Eine planstellenmäßige Zuordnung zur Berggesetznovelle 1990 ist daher nicht möglich. Einsparungsressourcen werden nicht gesehen.
Antwort zu den Punkten 7 und 8 der Anfrage:
Die geltende Gewerbeordnung berücksichtigt den Bergbau nicht und wäre größtenteils auf diesen nicht anwendbar, da hiefür besondere Rechtsinstitute notwendig sind, die in der Gewerbeordnung fehlen. Auch wird übersehen, daß, bedingt durch die Eigentumsverhältnisse, vier Kategorien mineralischer Rohstoffe (bergfreie, bundeseigene, grundeigene und sonstige mineralische Rohstoffe) bestehen, für die teilweise unterschiedliche bergrechtliche Regelungen gelten. Im übrigen müßten mehrere Gesetze geändert werden, auch solche verfassungsrechtlicher Art. Überdies würde verschiedentlich gegen EU-Richtlinien und Übereinkommen der internationalen Arbeitsorganisation verstoßen werden.
Bei Unterstellung des durch das Berggesetz 1975 erfaßten Bergbaus unter das Gewerberecht würde es zu einer Verwaltungsaufblähung, zu unklaren Zuständigkeitsregelungen und zu einer Aufsplitterung der Kompetenzen kommen. Die Mitvollziehung verschiedener Materienvorschriften wegen des unlöslichen Zusammenhangs mit dem Kompetenztatbestand Bergwesen würde wegfallen und damit eindeutig den Deregulierungsbestrebungen zuwiderlaufen. Neben den Gewerbebehörden würden auch andere Behörden, so u.a. die Baubehörden oder die Arbeitsinspektorate, unabhängig voneinander, tätig werden. An die Stelle eines Zwei-Instanzenzuges würde verschiedentlich, wie etwa im Anlagenrecht, ein Drei-Instanzenzug treten. Nicht den fachkundigen Bergbehörden würde der Vollzug obliegen, sondern den mit dem Bergbau nicht vertrauten Behörden der allgemeinen Verwaltung. Der Grundsatz der Gesamtgefahrenabwehr, wie er dem Bergbau immanent ist, würde aufgegeben werden. Es würden nur Einzelgefahren erfaßt werden.
Bei Verwirklichung des Vorschlags der ÖGNU würde es zu einer eklatanten Beamtenvermehrung kommen, die nicht den Sparzielen der Bundesregierung entspricht. Da die Vollziehung bei Nicht-Fachbehörden liegen würde, müßten zusätzlich fachkundige Beamte eingestellt werden. Auch würde es zu einer Vermehrung des Instanzenzuges und somit zu einer weiteren Aufblähung der Verwaltung kommen. In diesem Zusammenhang darf auch nicht übersehen werden, daß der überwiegende Teil vor allem die leitenden bergbehördlichen Beamten sowohl über ein montanistisches als auch über ein rechtswissenschaftliches Universitätsstudium verfügen, wodurch es möglich ist, den Beamtenstand relativ klein zu halten.
Antwort zu Punkt 9 der Anfrage:
Die objektive Eignung eines mineralischen Rohstoffes wird auf Grundlage der Fachliteratur, der jeweils geltenden technologischen Standards, Normen und Prüfmethoden festgestellt.
Die meisten Einflußgrößen für die Bestimmung der Abbauwürdigkeit eines Vorkommens sind variabel. Dementsprechend ist die Abbauwürdigkeit auch kein absoluter, zeitloser Zustand sondern eine von der technischen Entwicklung und der wechselnden wirtschaftlichen Situation abhängige, veränderliche Größe. Bei der Feststellung der Abbauwürdigkeit kommen nicht nur betriebswirtschaftliche sondern auch volkswirtschaftliche und bergwirtschaftliche Gesichtspunkte zum Tragen. Gerade die absolute Standortgebundenheit von Vorkommen mineralischer Rohstoffe, insbesondere deren Art und Lage sowie die Art, Menge und Beschaffenheit derselben stellt ein wesentliches Kriterium für die Abbauwürdigkeit dar. Dies bedingt u.a., daß der Lagerstätteninhalt optimal zu nutzen ist, um die Inanspruchnahme von Flächen für bergbauliche Zwecke so gering"wie möglich zu halten.
Die tatsächliche Verwendung ist kein objektives Kriterium für die Feststellung der Eignung eines mineralischen Rohstoffes zur Herstellung bestimmter Erzeugnisse, allenfalls stellt sie ein Indiz
dar. Wenn es sich um ein neu aufgefundenes Vorkommen handelt, kann dessen Substanz noch nicht verwendet worden sein. Schon aus diesem Grund und da es sich um ein subjektives Kriterium handelt, ist die tatsächliche Verwendung als maßgebendes Kriterium nicht geeignet. Auch kann sich die Verwendung im Laufe der Zeit ändern, dann müßte jeweils eine neue Zuordnung vorgenommen werden. Überdies sind verschiedene Verwendungen nebeneinander möglich.
Das Berggesetz 1975 stellt jedoch auf die objektive Eignung eines mineralischen Rohstoffes zur Herstellung bestimmter Erzeugnisse und nicht auf die tatsächliche Verwendung ab. Im übrigen unterliegt die Verwendung von Produkten nicht der Aufsicht der Bergbehörden und würde eine Regulierung der Verwendung den Gedanken einer freien Marktwirtschaft zuwiderlaufen.
Antwort zu den Punkten 10 und 11 der Anfrage:
Der Quarzgehalt ist kein Eignungskriterium nach § 5 des Berggesetzes 1975. Die Eignung wird auch nicht vom Wirtschaftsministerium oder von den Berghauptmannschaften festgelegt, sondern ergibt sich, wie zu Punkt 9 der Anfrage ausgeführt, aus objektiven Kriterien.
Antwort zu Punkt 12 der Anfrage:
Es handelt sich um ein vom Bund und den Ländern finanziertes Projekt mit dem Titel "Harmonisierungsmodell". Dieses im "Harmonisierungsmodell" erarbeitete Rechtsgutachten berücksichtigt weder die Rechtslage, die durch das Allgemeine Berggesetz aus 1854 und die am 1. Oktober 1925 gegebene Verfassungslage gegeben war, Hoch die Rechtssprechung der Verfassungsgerichtshofes im Hinblick auf die Fortentwicklung von Kompetenztatbeständen. In einem zuletzt ergangenen Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1992, G 171/91-29 und G 115/92-22, wurde die Zuordnung von
weiteren mineralischen Rohstoffen zum Bergrecht als verfassungskonform angesehen. Die Ausführungen und Schlußfolgerungen im "Harmonisierungsmodell" sind bloß verfassungsrechtlicher Art und scheinen darauf gerichtet zu sein, die bezüglichen Verfassungsgerichtshoferkenntnisse zu unterlaufen.
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