1914/AB XX.GP

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr.

2016/J betreffend WTO-Ministerkonferenz in Singapur, welche die

Abgeordneten Inge Jäger, Genossinnen und Genossen am 19.2.1997 an

mich richteten, stelle ich fest:

Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:

Zur Problematik der Umweltklauseln herrschte bei der WTO-Mini-

sterkonferenz in Singapur Einhelligkeit, das Mandat des Komitees

für Handel und Umwelt ohne zeitliche Begrenzung zu verlängern.

Das Komitee für Handel und Umwelt wird sich mit der Komplemen-

tarität von Handelsliberalisierung, wirtschaftlicher Entwicklung

und Umweltschutz beschäftigen, es ist angehalten, seine Arbeit im

Rahmen des bestehenden Mandats fortzusetzen, auf die bisher

bereits geleistete Arbeit aufzubauen und dem Allgemeinen Rat zu

berichten .

Für die Befassung der WTO mit grundlegenden Arbeitsnormen sprach

sich nur eine kleine Minderheit der damals 128 WTO-Mitglieder,

darunter Österreich sowie die übrigen EU-Mitgliedsstaaten mit

Ausnahme Großbritanniens und Deutschlands, die USA und das Gast-

geberland Singapur aus.

Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:

Die überwiegende Mehrheit der Entwicklungsländer, aber auch Groß-

britannien und Deutschland stimmten gegen die Befassung der WTO

mit der genannten Problematik. Wie es sich bereits bei den

Diskussionen rund um die Vorbereitung der WTO-Ministerkonferenz

herausgestellt hatte, vermuten die Entwicklungsländer protek-

tionistische Beweggründe der Industrieländer hinter ihrer Forde-

rung und befürchten insbesondere den Verlust ihres komperativen

Vorteils der niedrigeren Lohnkosten. Nach bundesdeutscher Ansicht

ist die WTO nicht das geeignete Forum zur Erörterung dieser

Frage .

Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:

Österreich hat sowohl im Rahmen der EU-internen Koordinierung

als auch bei der Plenardebatte mit Nachdruck die Einsetzung einer

WTO-Arbeitsgruppe zur Prüfung des Zusammenhanges zwischen Handel

und grundlegenden Arbeitsstandards gefordert.

Der diesbezügliche Text meiner Erklärung in der Plenardebatte

lautet wie folgt:

"In Österreich fanden und finden sehr intensive Diskussionen über

die sogenannten neuen Gebiete statt. Für unsere politischen

Parteien und den Nationalrat haben Themen wie Handel und Investi-

tionen, Handel und Wettbewerb, Handel und Umwelt sowie grund-

legende Arbeitsnormen hohe Priorität (und sie verfolgen die dies-

bezügliche Entwicklung mit großer Aufmerksamkeit ) .

Der Hauptausschuß des österreichischen Parlaments hat letzte

Woche eine Entschließung verabschiedet, die mich verpflichtet,

anläßlich dieser Konferenz die Schaffung einer Arbeitsgruppe über

die von der ILO definierten, grundlegenden Arbeitsnormen nach-

drücklich vorzuschlagen sowie für ein Mandat zur Fortführung und

Intensivierung der Arbeiten des Komitees für Handel und Umwelt

einzutreten. Aus meiner eigenen Erfahrung als Wirtschaftspoliti-

ker weiß ich, daß die Verwirklichung dieser grundlegenden Normen

die bestehenden komperativen Vorteile von Entwicklungsländern

nicht entscheidend beeinträchtigen wird. "

Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:

In der Plenardebatte sprach sich noch deutlich eine überwiegende

Mehrheit der Entwicklungsländer gegen jede Befassung der WTO mit

Fragen der grundlegenden Arbeitsstandards aus. Gemeinsam mit den

USA und dem am Gelingen der Konferenz interessierten Vorsitzland

Singapur gelang eine Aufweichung der Haltung der insbesondere

asiatischen Hardliner .

Absatz 4 der Ministererklärung von Singapur bekräftigt die Ver-

pflichtung zur Einhaltung der internationalen anerkannten grund-

legenden Arbeitsstandards, bezeichnet die ILO als das zuständige

Gremium für die Festlegung und Behandlung derselben und be-

kräftigt die Unterstützung der ILO-Arbeit bei ihrer Forderung.

Die Verwendung der grundlegenden Arbeitsstandards für protek-

tionistische Zwecke wird zurückgewiesen; die komparativen Vor-

teile, insbesondere der EL mit niedrigen Lohnkosten, dürfen

keinesfalls in Frage gestellt werden. Die existierende Zusam-

menarbeit der Sekretariate von WTO und ILO wird fortgesetzt.

Die Einsetzung einer eigenen Arbeitsgruppe in der WTO konnte

trotz aller Bemühungen nicht erreicht werden, doch ist aufgrund

des letzten Satzes des Absatzes 4 der Ministererklärung zu er-

warten, daß das WTO-Sekretariat eine stärkere Rolle in den

Arbeiten der bereits bestehenden ILO-Arbeitsgruppe für Fragen der

Zusammenhänge zwischen Handel und sozialen Fragen wird spielen

können. Im abschließenden Ringen hat sich für die USA das Inter-

esse am Zustandekommen des ITA ( Abkommen über Informationstechno-

logieprodukte) als prioritär erwiesen.

Österreich brachte im EU Rahmen seine Enttäuschung darüber zum

Ausdruck, daß nicht mehr erreicht werden konnte, akzeptierte aber

- wie alle anderen EU-Mitgliedsstaaten - den erzielten Kompromiß,

da damit zumindest erstmalig im WTO-Kontext der Bereich der

grundlegenden Arbeitsstandards Niederschlag findet.

Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

Da innerhalb der Welthandelsorganisation das Prinzip des

Konsenses gilt, konnten die wenigen Befürworter die Phalanx der

Gegner nicht nachhaltig erschüttern. Der erzielte Kompromiß ist

dennoch als Erfolg zu werten. Siehe auch Antwort zu Frage 4.

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

Österreich wird im Rahmen der Europäischen Union weiterhin mit

allen zur Verfügung stehenden Mitteln auf die Bedeutung dieser

Thematik hinweisen und verstärktes Augenmerk darauf richten, daß

im Sinne der Ministererklärung die Zusammenarbeit mit der ILO zu

konkreten Ergebnissen führt. Auch im Rahmen der OECD wird öster-

reichischerseits diese Frage aktiv betrieben.

Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:

Normen, die den Arbeitnehmer- und Umweltschutz zum Gegenstand

haben, bleiben eine Priorität der österreichischen Aktivitäten in

internationalen Gremien, so auch der WTO.