1967/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Anschober, Freundinnen und Freunde haben an

mich eine schriftliche Anfrage, betreffend Deponieskandal Bachmanning, gerichtet

und folgende Fragen gestellt:

"1. Welche Informationen besitzen Sie über die letzten Schätzungen der Sanie-

rungskosten und Sanierungsdauer sowie den konkreten Beginn der Sanie-

rungsarbeiten bei der Skandaldeponie Bachmanning?

2. Auf welche konkrete Art und Weise wird das verseuchte Erdreich entsorgt?

Welche Mengen werden in andere Deponien gebracht? In welche konkreten

Deponien werden welche Mengen gebracht und welche Mengen des ver-

seuchten Erdreiches sollen der Verbrennung zugeführt werden? Welche kon-

kreten Mengen werden in welche Verbrennungsanlage gebracht?

3. Ist es richtig, daß es 1981 zu einer unangemeldeten Kontrolle der Deponie

durch einen Landesbeamten gekommen ist, der damalige Deponiebetreiber K.

mit einer Besitzstörungsklage reagiert habe und gegen den Beamten anschlie-

ßend disziplinäre Schritte eingeleitet worden sind? Wenn ja, wann konkret er-

eignete sich diese Situation, wer leitete die disziplinarrechtlichen Schritte ein,

und welchen Verlauf nahm das Disziplinarverfahren?

4. Ist es richtig, daß laut den Akten des Landesgerichtes Wels bereits 1 981 Fär-

beversuche im Bereich der Deponie vorgelegt wurden, die belegen, daß die

Deponie undicht ist?

5. Ist. es richtig, daß bei der gewerberechtlichen Betriebsbewilligung der BH Wels

Land vom 15.6.1979 nahezu keine umweltrelevanten Maßnahmen vorge-

schrieben wurden?

6. Ist es richtig, daß in der Verhandlungsschrift vom 13.12.1982 das Ansuchen

der Kieba-Bau Ges.m.b.H. um neuerliche, bzw. nachträgliche wasserrechtliche

Bewilligung zum Weiterbetrieb einer Haus- und Sondermülldeponie festgestellt

wurde, daß zum Zeitpunkt der Besichtigung die Grube 1 bereits nahezu mit

Haus- und Sondermüll verfüllt war und die Grube 2 bis zu ca. 50 Zentimeter

unterhalb der Dammkrone mit Bentonit Schlamm, bzw. mit Überstandswasser

verfüllt war und die Grube 3 ebenfalls mit Bentonit Schlämmen, bzw. mit Was-

ser verfüllt war?

7. Ist es richtig, daß mit Bescheid vom 21.2.1983 das Amt der OÖ Landesregie-

rung das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes für die Mülldeponie festge-

stellt hat und dieses Erlöschen mit einer Untersuchungsserie des Institutes für

Geothermie und Hydrogeologie, bzw. der Auswertung durch Dr. H. hinsichtlich

des Zusammenhanges zwischen dem Grundwasser und der Deponiesohle

durch Färbeversuche begründet wurde? Ist es richtig, daß darin festgehalten

wurde, daß man davon ausgehen müsse, daß die ursprünglich angenommene

Dichte der Deponiesohle nicht gegeben sei?

8. Ist es richtig, daß 1982 ein geologisches Gutachten von Prof. W. zum Schluß

kam, daß im zur Frage stehenden Raum Bachmanning keine Mülldeponien

und schon gar nicht Sondermülldeponien errichtet werden sollten?

9. Ist es richtig, daß es zur direkten Rolle der Behörden im Gerichtsakt, formuliert

durch den Gerichtssachverständigen, heißt: "... Es stellt sich die Frage, inwie-

weit durch das unsachgemäße Betreiben der Anlage und bei rechtzeitigem be-

hördlichen Einschreiten eine Schadensverminderung hätte erreicht werden

können. Wie im Behördenschriftverkehr erkennbar, waren zahlreiche Vorfälle

amtsbekannt, bzw. deuteten auf eine nicht sachgemäße Betriebsführung hin.

Unterstellt man als theoretisches Gedankenspiel dem Betreiber der Anla-

ge eine nur geringe Kritikfähigkeit hinsichtlich der Gefahrenabschätzung, so ist

es unverständlich, weshalb nicht die Behörde, beispielsweise für den Betrieb

der Anlage, eine chemische Begleitkontrolle vorschrieb. So gibt es mehrere

Berichte an die BH durch Organe der OÖ Landesregierung, die rechtzeitig An-

laß zur Besorgnis hätten geben müssen. Es ist den Gefertigten derzeit nicht

bekannt, weshalb nicht rechtzeitig befriedigende, qualitative und quantitative

Maßnahmen gesetzt wurden ...,'?

1 0. Ist es richtig, daß im Bescheid vom 8.6.1 989 durch das Landwirtschaftsmini-

sterium ausgeführt wird, daß die Gemeinde Lambach in allen Details von 80

Fässern hoch toxischen Phenol berichtete, die in Grube 1 eingebracht wur-

den? Ist es richtig, daß diesbezüglich der entsprechende Gerichtsakt feststellt:

"... Diese Feststellungen treffen bei Relevanz einer tatsächlichen Einlagerung

von Phenol hinsichtlich der Befürchtungen zu. Es ist aus Sicht des Gefertigten

, -

unverständlich, wie derart schwerwiegende Feststellungen mehrere Jahre oh-

ne Überprüfung des tatsächlichen Gefährdungspotentiales im Raum stehen

konnten, ohne daß sich die zuständige Behörde bemüßigt fühlte, eine qualitati-

ve und quantitative Sachverhaltsdarstellung vorzunehmen ..."?

11. Ist es richtig, daß Dipl.Ing. H. in einem Aktenvermerk der BH Wels Land am

2.3.1983 mitteilte, daß bei Einsichtnahme in die Betriebsaufzeichnungen der

im Jahr 1982 übernommenen Abfälle festgestellt worden sei, daß ,'Für die Be-

urteilung der Zulässigkeit von Ablagerungen die vorliegende mangelhafte und

unvollständige Deklaration ungeeignet sei. Die Firma Kieba sei mit der Beurtei-

lung von Abfällen und deren Interpretation des Genehmigungsumfanges allei-

ne überfordert und es wäre unmöglich, die Wiederverwertung, Aufbereitung

und Zwischenlagerung von Abfällen zu überprüfen. Eine Prüfung der Beseiti-

gungsmethode sei nicht möglich, im Jahr 1982 seien Abfälle übernommen wor-

den, die für die vorhandenen Schwermetallbehälter und die Bentonitgrube un-

geeignet seien."? Welche konkreten Konsequenzen wurden aus diesem Akten-

vermerk gezogen, an welchen Verteiler wurde dieser Aktenvermerk übermit-

telt?

12. Ist es richtig, daß in weiteren Briefen entsprechende Aktenvermerke vom

11.4.1983, 17.5.1983, 23.9.1983, 11.11.1983, 17.11.1983, 22.11.1983 jeweils

von Landesbeamten der BH Wels Land mitgeteilt wurde, daß es jeweils zu ille-

galen Ablagerungen gekommen sei? Wie lautet der konkrete Wortlaut dieser

Aktenvermerke? An welchen Verteiler erging dieser Aktenvermerk? Welche

konkreten Konsequenzen wurden aus diesen Informationen gezogen?

1 3. Ist es richtig, daß in einer Zeugenvernehmung der Angestellte der Betreiberfir-

ma, Karl S., am 30.11.1989 erklärte, daß Beamte der BH Wels Land jeweils mit

vorheriger Anmeldung Überprüfungen durchgeführt hätten? Ist es richtig, daß

Karl S. formulierte, daß die Deponie jedesmal gesäubert wurde, um Spuren zu

beseitigen, da bekannt gewesen sei, wann die Beamten der BH Wels Land an-

kämen? Wie lautet das Protokoll dieser Zeugenvernehmung im Wortlaut? Gibt

es weitere Hinweise darauf, daß die entsprechenden Überprüfungen angemel-

det wurden? Wenn ja, wer ordnete diese Anmeldungen an? Gab es in der BH

Wels Land eine direkte Anweisung, derartige Anmeldungen durchzuführen?

Wenn ja, wann wurde sie von wem erteilt?

14. Ist es richtig, daß in einem Aktenvermerk eines Landesbeamten vom

23.3.1 983 der BH Wels Land mitgeteilt wird, daß auf der Deponie potentiell

Wasser gefährdende Stoffe abgelagert seien und im Werksbereich zum Teil

undefinierte Abfälle zwischengelagert würden? Wenn ja, wie lautet der Wort-

laut dieses Aktenvermerkes? An welchen konkreten Verteiler erging er, und

welche konkreten Konsequenzen wurden daraus gezogen?

15. Wie bewertet, angesichts der enormen notwendigen Summen für die längst

überfällige Sanierung der Deponie, der Minister die konkrete Tätigkeit der BH

Wels Land? Wer war unmittelbar für die Bearbeitung und Kontrolle der Depo-

nie Bachmanning verantwortlich?

1 6. Besitzt der Umweltminister Informationen über politische Interventionen in die-

ser Causa?

1 7. Welche Informationen liegen über das entsprechende Verfahren gegen die Be-

treiber der Skandaldeponie Bachmanning vor? Wann erfolgten die ersten An-

zeigen, wann nahm das Gericht, mit welchen konkreten Schritten und Unter-

brechungen, die Ermittlungen auf, und welche konkreten Phasen kennzeichne-

ten das entsprechende Verfahren?

1 8. Wurde erwogen, auch gegen konkrete versagende Beamte Rechtsschritte zu

ergreifen, wenn ja, von wem wurden die entsprechenden Schritte geprüft und

ist auszuschließen, daß entsprechende Rechtsschritte noch gesetzt werden?

19. Welche weiteren Hinweise auf die Effizienz der Kontrolltätigkeit in der Frage

des Betriebes der Abfalldeponie Bachmanning liegen dem Minister vor?

20. Ist es richtig, daß die Abteilung R-1 der NÖ Landesregierung am 1 9.7.1 982 an

die Abteilung Wasser- und Energierecht Unterabteilung Gewässeraufsicht des

Amtes der OÖ Landesregierung ein Fernschreiben über die Möglichkeit einer

Ablagerung von Sonderabfällen der illegalen Deponie Lassie in Leobersdorf

am Gelände der Firma K. richtete? Ist es richtig, daß die kontaktierten OÖ Be-

hörden dafür die Genehmigung gaben und anschließend der Abtransport er-

folgte? Welche konkreten Substanzen wurden aus Leobersdorf nach Bach-

manning transportiert? Um welche konkreten Mengen handelte es sich je-

weils? Wer konkret gab die Genehmigung für diesen Sondermülltransport der

NÖ Behörden, mit Wissen der OÖ Behörden in eine, wie damals schon be-

kannt war, völlig desolate Deponie Bachmanning?

21. Wie entwickelten sich die Grundwassermeßergebnisse im direkten Umfeld der

Deponie Bachmanning in den Jahren 1990 bis Ende 1996 für die wichtigsten

Parameter?"

Ich beantworte diese Fragen wie folgt:

Zu 1 bis 3:

Eine Beantwortung dieser Fragen ist mir nicht möglich, weil sie nicht den Zuständig-

keitsbereich des Bundesministers für Justiz betreffen.

Zu 4:

Vorweg sei darauf hingewiesen, daß sich die Beantwortung dieser und der folgen-

den Fragen nicht auf eine aktuelle Einsichtnahme in den - bereits 52 Bände umfas-

sende - Gerichtsakt gründen kann, weil dieser zur Zeit zur Durchführung der Haupt-

verhandlung gegen Alois O. ohne Abkömmlichkeit bei Gericht benötigt wird. Die Be-

antwortung erfolgt daher auf Grundlage der bei den staatsanwaltschaftlichen Behör-

den vorhandenen Unterlagen.

Die in der Anfrage angesprochen Färbeversuche sind aktenmäßig bekannt. Die Er-

gebnisse des ersten Versuchs wurden jedoch wegen dessen möglicher Mangelhaf-

tigkeit angezweifelt; die nachfolgenden Untersuchungen erbrachten divergierende

Ergebnisse. Eine eindeutige Aussage über die Undichtheit der Deponie ergab sich

daher im Jahr 1981 noch nicht.

Zu 5 bis 7:

Die in diesen Fragen angesprochenen Inhalte von Bescheiden und Verhandlungs-

schriften sowie Ergebnisse von Verwaltungsverfahren werden gegebenenfalls im

Rahmen des gegen Herbert K. und Alois O. anhängigen Strafverfahrens zu berück-

sichtigen sein; ihre Wiedergabe und lnterpretation fällt jedoch nicht in den Zustän-

digkeitsbereich des Bundesministers für Justiz.

Zu 8:

Ein derartiges, von der Marktgemeinde Lambach in Auftrag gegebenes geologi-

sches Gutachten von Prof. Dr. Franz W. ist der Staatsanwaltschaft Wels bekannt.

Zu 9, 10 und 13:

Das hier angesprochene Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing.Dr. Bruno S.

und die Aussage von Karl S. sind Inhalt des zu den Fragen 4 sowie 5 bis 7 erwähn-

ten Strafverfahrens, das zur Zeit beim Landesgericht Wels anhängig ist. Diese Be-

weismittel unterliegen daher den Bestimmungen über die Akteneinsicht nach den

§§ 82, 82a StPO. Ihre Erörterung im Rahmen der Beantwortung dieser Anfrage ist

mir somit nicht möglich. Mitteilungen über den Inhalt der darüber hinaus in der An-

frage erwähnten Verwaltungsakten bzw. -verfahren fallen nicht in den Kompetenz-

bereich des Bundesministers für Justiz.

Zu 11, 12, 14, 15, 16, 19, 20 und 21:

Die Beantwortung dieser Fragen ist mir nicht möglich, weil sie nicht den Vollzie-

hungsbereich des Bundesministers für Justiz betreffen.

Zu 17:

Zum früheren Verlauf des Strafverfahrens gegen die Betreiber der Deponie Bach-

manning verweise ich zur Vermeidung von Wiederholungen auf meine Antworten

auf die parlamentarischen Anfragen 4347/J-NR/1993 und 6799/J-NR/1994.

In der Folge hat die Staatsanwaltschaft Wels am 6.10.1994 Anklage gegen Herbert

K. wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB,

des Vergehens der vorsätzlichen Gefährdung durch Verunreinigung der Gewässer

nach § 1 80 Abs. 2 StGB (alte Fassung) und des Vergehens des umweltgefährden-

den Beseitigens von Abfällen und Betreibens von Anlagen nach dem § 181b Z 1

StGB sowie gegen Alois O. wegen des Vergehens der vorsätzlichen Gefährdung

durch Verunreinigung der Gewässer nach § 1 80 Abs. 2 StGB (alte Fassung) einge-

bracht. Mehrfache medizinische Begutachtungen ergaben jedoch die Verhandlungs-

unfähigkeit des Herbert K., sodaß eine Hauptverhandlung gegen ihn bisher nicht

durchgeführt werden konnte. Eine entsprechende medizinische Überprüfung seiner

Verhandlungsfähigkeit wird auch in Zukunft periodisch vorgenommen werden. Die

Hauptverhandlung gegen Alois O. wird derzeit durchgeführt; der nächste Verhand-

lungstermin findet am 22. 4.1997 statt.

Zu 18:

Von seiten der Staatsanwaltschaft Wels wurden bislang keine Verfolgungshandlun-

gen gegen Beamte der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land oder des Amtes der

Oberösterreichischen Landesregierung eingeleitet, weil verläßliche Hinweise auf ein

ihnen zuzurechnendes strafrechtlich relevantes Fehlverhalten bisher nicht hervorge-

kommen sind.