2056/AB XX.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2065/J-NR/97 betreffend Kosten durch die

Einführung der Rechtschreibreform, die die Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und

Kolleginnen am 27. Februar 1997 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

1. Wurde die österreichische Bevölkerung über die Rechtschreibreform informiert und

wenn ja, wie und wenn nein, warum nicht?

Antwort:

Die österreichische Bevölkerung wurde durch die vom Bundesministerium für Unterricht und

kulturelle Angelegenheiten informierten Medien laufend über die Entwicklung der Recht-

schreibreform informiert. Bereits im Juni 1996 lag die Broschüre "Rechtschreibung neu - Eine

Einführung in die neue Orthografie" im österreichischen Buchhandel auf, die der Öster-

reichische Bundesverlag in Zusammenarbeit mit meinem Ressort herausgebracht hat. Weiters

wurden im Sommer 1996 das Wörterbuch des Duden-Verlages sowie das Wörterbuch des

Bertelsmann-Verlages der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Österreichische Wörterbuch wird mit

Beginn des Schuljahrs 1997/98 vorliegen. Darüber hinaus gibt es eine umfangreiche Literatur

zur neuen Rechtschreibung, die im österreichischen Buchhandel erhältlich ist.

2. In welchen Bereichen muß die neue Rechtschreibung verbindlich zur Anwendung

kommen, in welchen fakultativ bzw. nach freier Vereinbarung?

Antwort:

Wie das Regelwerk von 1901/1902 wird auch die neue amtliche Rechtschreibung lediglich für

diejenigen Institutionen, für die der Staat in dieser Hinsicht Regelungskompetenz besitzt,

verbindlich sein. Das sind einerseits die Schulen und andererseits die Behörden. Darüber hinaus

soll sie Vorbildcharakter für alle anderen Bereiche haben, in denen sich die Sprachteilhaber an

einer möglichst allgemein gültigen Rechtschreibung orientieren möchten, Was den Schul-

bereich betrifft, so handelt es sich um die Festlegung eines Lehrinhaltes, der auf das Schul-

organisationsgesetz als gesetzliche Grundlage zu stützen ist. Aus der Sicht des Verfassungs-

dienstes des Bundeskanzleramtes schafft die Rechtschreibreform keineswegs eine allgemeine

Rechtspflicht für die einzelnen Bürger und Bürgerinnen, sich an die neuen Regeln zu halten,

und berührt daher auch nicht deren grundrechtliche Stellung.

3. In welcher Form ist eine Umschulung auf die neue Rechtschreibung der an

Österreichs Schulen unterrichtenden Lehrer und Lehrerinnen erfolgt und falls nein,

warum nicht?

Antwort:,

Den LehrerInnen wurden bereits vor Beginn des Schuljahres 1996/97 Unterlagen zur Verfü-

gung gestellt, und in der Folge werden laufend Informationsmaterialien erarbeitet. Weiters

werden in enger Zusammenarbeit mit den Landesschulräten und den Pädagogischen Instituten

beginnend mit dem Schuljahr 1996/97 Informationsveranstaltungen über die neue deutsche

Rechtschreibung abgehalten.

4. Wie wirkt sich die Einführung der neuen Rechtschreibung auf die Urheberrechte im

Schulbuchbereich aus und inwieweit sind Änderungen aufgrund des derzeit beste-

henden Urheberrechtsgesetzes zulässig?

Antwort:

Die Angelegenheiten des Urheberrechtes fallen in den Wirkungsbereich des Bundesministe-

riums für Justiz, die Frage wäre daher an den Herrn Bundesminister für Justiz zu richten.

5. Wie sieht der genaue zeitliche Rahmen für die Adaptierung der österreichischen

Schulbücher auf die neue Rechtschreibung aus?

Antwort:

Mit dem Schuljahr 1997/98 liegen die Sprachbücher sowie die meisten Grundschulbücher in

adaptierter Form vor. Mittels eines Logos werden die auf die neue Rechtschreibung umge-

stellte Bücher gekennzeichnet.

6. Wie hoch sind die Kosten, die durch die Umstellung der Schulbücher auf die neue

Rechtschreibung entstehen und wie werden diese finanziellen Mehraufwendungen

bedeckt?

7. Wie hoch sind die veranschlagten Kosten, die durch die Umstellung auf die neue

Rechtschreibung entstehen, für die öffentlichen Haushalte wie Bund, Länder und

Gemeinden?

ß. Wie hoch sind Ihrer Kenntnis nach die Kosten, die durch die Umstellung auf die neue

Rechtschreibung insgesamt entstehen werden?

Antwort:

Grundsätzlich sind exakte Kostenangaben nicht möglich, weil über den Bereich der Bundes-

dienststellen und Schulen hinaus keine rechtliche Verpflichtung zur Reformumsetzung besteht

und daher auch kein zwangsläufiger Aufwand entsteht.

Seitens meines Ressorts werden allen Bundesdienststellen sowie anderen Gebietskörper-

schaften bzw. Verwaltungsbereichen kostenlose Schulungen angeboten.

Um Kosten zu sparen werden im Verwaltungsbereich alle vorhandenen Formulare etc. in

Papierform aufgebraucht; die Umstellung auf die neue Rechtschreibung erfolgt jeweils erst bei

einer Neuauflage.

Aufgrund der langen Übergangsfrist (bis 31.7.2005) können Schulbücher - mit Ausnahme der

Rechtschreib-Lernmittel - kontinuierlich im Zuge des normalen Erneuerungsprozesses umge-

stellt werden. So werden bei der Neugestaltung der Schulbücher Rechtschreibreform und

Lehrplanreform berücksichtigt, um Kosten zu sparen.

Den Schulbuchverlegern wurde nach den Verhandlungen mit dem Bundesministerium für

Umwelt, Jugend und Familie eine generelle Preiserhöhung von 0,5 % (ca. 8 Mio. S) gewährt.

In dieser generellen Preiserhöhung sind auch die Anhebung der Papierpreise sowie die Anhe-

bung der Lohnkosten für das graphische Gewerbe inkludiert.

Da die Zuständigkeit für den Schulbuchbereich im Bundesministerium für Umwelt, Jugend und

Familie gegeben ist, wäre die Frage der Bedeckung primär an dieses Ressort zu richten.

In der Lehreraus- und -weiterbildung fallen durch interne Budgetumschichtungen keine zusätz-

lichen Kosten an,

Die beschlossene Reform ist keine Zäsur der dramatischen Art. Ihre vorsichtigen Retuschen

werden Texte in der bisherigen Rechtschreibung keineswegs plötzlich schwer lesbar machen.

Es besteht daher keine Notwendigkeit, vorhandene literarische Produktionen auf die neue

Rechtschreibung umzustellen.

Um die Kosten möglichst gering zu halten, ist die vorgesehene Übergangszeit lang bemessen

und Verlage können selbst bestimmen, wann sie Werke auf die neue Rechtschreibung umstellen

werden.

9. Warum haben Sie die internationale Vereinbarung zur Reform der deutschen Recht-

schreibung unterzeichnet, obwohl Sie in den Medien mit der Aussage zitiert wurden,

daß "diese Reform nicht Ihr Wunschkind sei" (Kurier 20.2.1997)?

10. Welche konkreten Schritte werden Sie unternehmen, für den Fall, daß die Recht-

schreibreform in Deutschland aufgeschoben oder ausgesetzt werden sollte?

Antwort:

Da ich es für unwahrscheinlich halte, daß die Signatarstaaten der Rechtschreibreform diese nun

aussetzen oder aufschieben wollen, sind auch seitens meines Ressorts keine Schritte in diese

Richtung geplant.