2059/AB XX.GP

 

Die unter Zl 2076/J-NR/ 1997 am 27. Februar 1997 gestellte Anfrage der Abgeordneten

Mag Stadler und Kollegen betreffend Verschwinden von Teilen eines "Rohberichtes" des

Rechnungshofes beehre ich mich. unbeschadet ihres Spannungsverhältnisses zu den Ge-

genständen des Fragerechtes gemäß § 91a des Geschäftsordnungsgesetzes wie folgt zu be-

antworten:

Vorbemerkungen

Die für den Rechnungshof maßgeblichen verfassungsgesetzlichen Grundlagen finden

sich im V. Hauptstück der Bundesverfassung. welches insbesondere hinsichtlich der Be-

richterstattung des Rechnungshofes auf Landes-, Gemeinde- und Gemeindeverbands-

ebene durch die B-VG-Novelle 1988 mit Wirksamkeit ab dem 1. Jänner 1990 grundlegend

umgestaltet bzw den schon bislang für die Bundesebene geltenden Kriterien angeglichen

wurde.

Hinsichtlich der Berichterstattung des Rechnungshofes an den Nationalrat über Geba-

rungsüberprüfungen im Bundesbereich (Art 126d B-VG) gilt im Hinblick auf das umfang-

reiche, derzeit jährlich mehrere tausend Seiten umfassende Schriftgut - bestehend aus

den jeweiligen Prüfungsmitteilungen des Rechnungshofes ("Rohberichte"), den Stellung-

nahmen der überprüften Stellen sowie allfälligen Gegenäußerungen des Rechnungsho-

fes - seit der Rechnungshof-Novelle 1948 (BGBl Nr 143). daß die Berichterstattung des

Rechnungshofes an den Nationalrat "im wesentlichen nur eine Zusammenfassung der

Ergebnisse der einzelnen Einschauhandlungen ist" (AB des VA zur Rechnungshof-Novel-

le 1948. 625dB V. GP), deren Schwerpunktsetzung. Auswahl und Gewichtung dem Rech-

nungshof nach seinem pflichtgemäßem Ermessen obliegt (Hengstschläger. Der Rech-

nungshof. Seite 293). Auf dieser Grundlage legte und legt der Rechnungshof im Bundesbe-

reich den Schwerpunkt seiner Berichterstattung auf die Wiedergabe der ihm bedeutsam

erscheinenden Sachverhaltsfeststellungen sowie der insbesondere strukturellen Stark-

bzw Schwachstellen der öffentlichen Verwaltung bzw der öffentlichen Unternehmungen.

Von einer Berichterstattung über einzelne Teile stattgefundener Gebarungsüberprüfun-

gen an den Nationalrat nimmt der Rechnungshof sohin insbesondere etwa dann Ab-

stand, wenn diese im Hinblick auf den seit der Verwirklichung des festgestellten Sach-

verhaltes verstrichenen Zeitraum (etwa sieben Jahre in Analogie zur abgabenrechtli-

chen Belegaufbewahrungspflicht) ihre Aktualität verloren haben, wenn der beanstande-

te Sachverhalt von finanziell vergleichweise geringfügiger Bedeutung war, wenn die Auf-

fassungsunterschiede zwischen der in den Prüfungsmitteilungen zum Ausdruck gekom-

menen Beurteilung des Rechnungshofes und dem Standpunkt der überprüften Stelle im

Stellungnahmeverfahren ausgeräumt bzw sonst abschließend geklärt werden konnten

oder wenn von einer Befassung des Nationalrates keine Möglichkeiten der Einflußnah-

me auf das konkret überprüfte seinerzeitige Verwaltungshandeln - zB wegen eines end-

gültig abgeschlossenen oder abgerechneten Vorganges, dem keine strukturellen Fehllei-

stungen oder systemimmanenten Unzulänglichkeiten zugrunde liegen - erwartet werden

können. Darüberhinaus hat der Rechnungshof auf der Grundlage des mit BGBl

Nr 541/1977 eingefügten § 12 Abs 5 des Rechnungshofgesetzes das nach seiner Vorlage

an den Nationalrat zur Veröffentlichung bestimmte Schriftgut um die Geschäfts- und Be-

triebsgeheimnisse der überprüften Stelle zu bereinigen.

Grundlegend anders verlief nach der bis zur Wirksamkeit der B-VG-Novelle 1988, also bis

31 . Dezember 1989, geltenden Rechtslage die Berichterstattung des RH über die Geba-

rungsüberprüfungen im Landes- bzw Gemeindebereich, weil bis zu diesem Zeitpunkt der

Landtag bzw der Gemeinderat das ungekürzte, daher allerdings auch nicht um Geschäfts-

RECHNUNGSHOF. Zl 6900/9-Pr/8/97

und Betriebsgeheimnisse bereinigte. Prüfungsergebnis des Rechnungshofes unter An-

schluß der Äußerung der Landesregierung bzw des Bürgermeisters und einer allfälligen

Gegenäußerung des Rechnungshofes im Wege der Landesregierung bzw des Bürgermeisters

vorgelegt erhielt, weswegen die Länder den Wunsch geäußert hatten, diese Rechtslage im

Sinne einer Sicherung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse auch in ihrem Bereich zu

bereinigen.

Die B-VG-Novelle 1988 hat - über dieses Anliegen der Länder hinausgehend - die maßgeb-

lichen verfassungsgesetzlichen Bestimmungen über die Berichterstattung des Rech-

nungshofes im Landes-, Gemeinde- und Gemeindeverbandsbereich (Art 127 Abs 6,

Art 127a Abs 6 und 8 B-VG) jenen an die Berichterstattung an den Nationalrat (Art 126d

Abs 1 B-VG) insgesamt angeglichen. Durch diese verfassungsgesetzliche Anpassung an

das Berichtssystem auf Bundesebene. nämlich im Sinne einer inhaltlichen bzw umfäng-

lichen Unterscheidung zwischen dem Prüfungsergebnis an die Landesregierung bzw an

den Bürgermeister einerseits und an den Landtag bzw den Gemeinderat andererseits,

wurde klargestellt, "der Rechnungshof habe nicht inhaltlich gleichlautende Berichte an

die zuständigen Organe der Vollziehung und die allgemeinen Vertretungskörper zu rich-

ten", weil eben "vielmehr eine Rechtslage, wie sie auf Bundesebene besteht, auch für den

Bereich der Länder und Gemeinden geschaffen" wurde (AB des VA zur B-VG-Novelle 1988.

817dB XVII.GP).

Auf die damit verbundene Konsequenz. daß - über das eigentliche und auch durch weni-

ger weitreichende verfassungsgesetzliche Maßnahmen umsetzbare Anliegen der Siche-

rung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse auch im Landes- bzw Gemeindebereich hin-

ausgehend - diese verfassungsgesetzliche Ersetzung der ungekürzten Einzelberichterstat-

tung durch eine zusammenfassende Berichterstattung an den jeweiligen allgemeinen

Vertretungskörper wegen der nunmehr verkürzten Darstellung einen nicht unbeträchtli-

chen Informationsverlust für die Landtage bzw die Gemeinderäte bewirkt, wurde ver-

schiedentlich - nicht zuletzt auch von mir (vgl zB "Der Rechnungshof und die B-VG-No-

velle 1988 - Ein Schritt zu mehr Föderalismus?", Schriftenreihe Niederösterreichische

Juristische Gesellschaft, Heft 53) -, aber vergeblich, hingewiesen. Auch die damit zusam-

menhängende Problematik. daß daraus ein beträchtlicher Informationsvorsprung der

Landesregierung bzw des Bürgermeisters gegenüber dem jeweiligen allgemeinen Vertre-

tungskörper resultiert, hat der Verfassungsgesetzgeber des Jahres 1988 ganz bewußt in

Kauf genommen bzw dem Rechnungshof überbunden.

Sohin ist der Rechnungshof seit dem Inkrafttreten der B-VG-Novelle 1988 verhalten. an

seine Berichterstattung an die Landtage bzw. die Gemeinderäte die eingangs dargelegten

Kriterien für die Berichterstattung an den Nationalrat anzulegen. Allerdings besteht Im

Rechnungshofausschuß des Nationalrates die bewährte Gepflogenheit. die Vorlage von

Prüfungsergebnissen des Rechnungshofes zu beschließen, wenn dies für die parlamenta-

rischen Beratungen erforderlich ist. Auch in Entsprechung des von der B-VG-Novel-

le 1988 angestrebten Gleichklanges der Berichterstattungssysteme auf Bundes- wie auf

Landes- bzw Gerneindeebene kann der Rechnungshof - analog der Bundesebene - einem

Beschluß eines Landtages oder eines Gemeinderates auf Vorlage seiner Prüfungsfeststel-

lungen im Zusammenhang mit der konkreten Behandlung dieses Prüfungsergebnisses

im jeweiligen allgemeinen Vertretungskörper nachkommen und das gewünschte PR-

fungsergebnis für diesen Zweck diesem allgemeinen Vertretungskörper vorlegen.

Hinsichtlich der konkret angefragten Berichterstattung bezüglich der Stadt Feldkirch

waren aufgrund dieser dargelegten Rahmenbedingungen für die Information der allge-

meinen Vertretungskörper über Gebarungsüberprüfungen des Rechnungshofes die auf

den Bau der Musikschule Feldkirch bezogenen Feststellungen des Rechnungshofes nach

seiner sorgfältigen Abwägung und nach seinem pflichtgemäßen Ermessen vor allem des-

halb nicht in die zusammenfassende und inhaltliche Schwerpunktsetzungen verlangen-

de Berichterstattung an den Gemeinderat (die Stadtvertretung) der Stadt Feldkirch aufzu-

nehmen. weil es beim Bauvorhaben "Musikschule Feldkirch" insbesondere in den Jah-

ren 1978 bis 1982 (also vor mehr als sieben Jahren) zu Unzulänglichkeiten gekommen

Ist und die Beanstandungen des Rechnungshofes bereits zu positiven und zweckmäßigen

Konsequenzen der Stadt Feldkirch (Einrichtung eines Baumanagements) geführt haben.

weil weiters auch die 2. Bauphase im wesentlichen vor mehr als sieben Jahren stattge-

funden hat bzw im Jahre 1993. also innerhalb des die Jahre 1992 bis 1994 umfassenden

geprüften Zeitraumes. nur noch ausgelaufen ist und weil schließlich dieses Bauvorhaben

auch schon endabgerechnet wurde. während sich die Berichterstattung des Rechnungsho-

fes an den Gemeinderat der Stadt Feldkirch (gleichlautend an den Vorarlberger Landtag)

vornehmlich auf die Jahre 1992 bis 1994 bzw auf noch offene Probleme der Stadt Feld-

kirch mit intakten gestalterischen Einflußmöglichkeiten der berührten allgemeinen

Vertretungskörper bezieht.

Auf dieser Grundlage beehre ich mich. zu den einzelnen gestellten Fragen mitzuteilen:

Zu 1)

" Wann wurde der "Rohbericht" an die Stadt Feldkirch zur Stellungnahme übermittelt?"

Das "Ergebnis der Überprüfung der Gebarung der Jahre 1992 bis 1994 der Stadt Feld-

kirch" wurde vom Rechnungshof am 3. Mai 1996 an den Bürgermeister der Stadt Feld-

kirch versandt.

Zu 2)

"Wann wurde von der Stadt Feldkirch die Stellungnahme abgegeben?"

Die Stellungnahme des Bürgermeisters der Stadt Feldkirch datiert mit 23. Juli 1996.

Zu 3)

"Wann wurde seitens des Rechnungshofes der Endbericht vorgelegt?"

Nach Abgabe seiner Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bürgermeisters der Stadt

Feldkirch am 24. September 1996 bzw nach der Vorlage des Prüfungsergebnisses an die

Vorarlberger Landesregierung und an die Bundesregierung mit selbem Datum hat der

Rechnungshof seinen Bericht über diese Gebarungsüberprüfung am 27. Jänner 1997 der

Stadtvertretung der Stadt Feldkirch und dem Vorarlberger Landtag vorgelegt.

Zu 4)

"Wieviele Seiten hat der "Rohbericht"?"

Das unter 1) genannte Prüfungsergebnis umfaßt 76 Seiten.

zu 5)

"Wieviele Seiten hat der "Endbericht?"

Der unter 3) genannte Bericht umfaßt 23 Seiten.

zu 6 und.8)

"Lt Zeitungsmeldungen hat der Rechnungshof auf die Vorwürfe dahingehend reagiert.

daß es zwar Unregelmäßigkeiten gegeben hat, aber aufgrund der Tatsache, daß diese

nicht mehr aktuell sind. von der Berichterstattung im Endbericht abgesehen wurde.

a. Ist es üblich. daß der Rechnungshof von Unregelmäßigkeiten nicht mehr berichtet.

wenn diese - aus Sicht des Rechnungshofes - zu lange zurückliegen?

b. Widerspricht diese Sicht des Rechnungshofes nicht dem Gebot der Objektivität, mit der

der Rechnungshof berichten sollte?

c. Ab welchem Zeitpunkt zwischen dem Auftreten von Unregelmäßigkeiten und der Be-

richtslegung wird auf eine Berichterstattung verzichtet und wie häufig ist dies der Fall?"

"Gibt es außer dem großen zeitlichen Abstand zwischen den Umbauarbeiten und der Be-

richtslegung durch den Rechnungshof weitere Gründe, weshalb auf die Aufnahme der

Prüfungsfeststellungen in den Endbericht verzichtet wurde und wenn ja, welches sind die

Gründe?"

Hinsichtlich der seit der B-VG-Novelle 1988 auch für die Berichterstattung auf Landes-

und Gemeindeebene maßgeblichen Kriterien verweise ich auf die in den Vorbemerkungen

dargelegten grundsätzlichen Ausführungen. Darüber hinaus war für den Rechnungshof

hinsichtlich seiner Berichterstattung bezüglich der Gebarungsüberprüfung der Stadt

Feldkirch im angefragten Zusammenhang im wesentlichen maßgeblich, daß die seiner-

zeitigen Mängel bzw Beanstandungen im Baubereich bereits zu positiven und zweckmä-

ßigen Konsequenzen der Stadt Feldkirch in Form der Einrichtung eines Baumanage-

ments geführt haben.

ad 7)

"Wie hoch waren beim Umbau der Musikhochschule Feldkirch lt. den Berechnungen des

Rechnungshofes die vermeidbaren Kosten?"

Der Rechnungshof hat zwar in einigen Einzelfällen Kostenmehrungen dargestellt, jedoch

wegen des seit der ersten Planung verstrichenen Zeitraumes. wegen der mehrfach geän-

derten bzw erhöhten Schätzungen der Gesamtkosten und damit auch wegen des Fehlens

einer verläßlichen Vergleichsgröße von einer gesonderten, gesamthaften Ermittlung der

angefragten Kosten bzw von einer hypothetischen Quantifizierung des seinerzeitigen

Einsparungspotentials Abstand genommen.