2069/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Edith Haller, Dr. Harald Ofner und Genossen ha-
ben an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend unzulängliche Vorgangsweise der
Staatsanwaltschaft Innsbruck im Fall K., gerichtet und folgende Fragen gestellt:
"1. Aus welchen Erwägungen wurde die Strafanzeige Josef K.'s gegen Franz K.
1992 zurückgelegt?
2. Hat bei dieser Entscheidung die Immunität des Landtagsabgeordneten K.
eine Rolle gespielt? Ist die Staatsanwaltschaft betreffend Aufhebung der Im-
munität an den Tiroler Landtag herangetreten? Wenn nein, warum nicht?
3. Hat es bezüglich dieser Anzeige wegen ihres politischen Hintergrundes ir-
gendwelche Weisungen oder intententionsversuche gegeben? Wenn es Wei-
sungen gab, wie lauten sie? Wenn interventionen versucht wurden, von wem
und mit welchem Ziel?
4. Welche Straftatbestände wurden von der Staatsanwaltschaft bei der Prüfung
der Anzeige erwogen?
5. Aus welchem Grund ist eine Mitteilung an den Geschädigten über sein Recht,
eine Verfolgung wegen Kreditschädigung bzw. übler Nachrede zu verlangen,
zum Zeitpunkt der Zurücklegung seiner Anzeige unterblieben?
6. Halten Sie es für vertretbar, wenn durch strafbare Handlungen geschädigte
Personen von den Justizbehörden nicht vollständig über ihre strafrechtlichen
Möglichkeiten aufgeklärt werden?
7. Das für die Information des Anzeigers und Privatbeteiligten von der Zurückle-
gung von Strafanzeigen nach § 90 StPO verwendete Formblatt beschränkt
sich auf die Mitteilung, daß keine genügenden Gründe gefunden wurden, ge-
gen den Angezeigten ein Strafverfahren zu veranlassen. Immer wieder
kommt es zu - wie die Anfragesteller meinen - berechtigten Beschwerden
darüber, daß diese Mitteilung unbegründet erfolgt, also vom Anzeigenden,
der ja von der Strafbarkeit der von ihm angezeigten Tat ausgeht, nicht nach-
vollzogen werden kann, aus welchen Erwägungen die Staatsanwaltschaft zu
dem Schluß gekommen ist, daß kein Strafverfahren einzuleiten ist. Für einen
Privatbeteiligten ist es daher fast unmöglich, die Chancen einer Privatanklage
einzuschätzen. Welche Erwägungen sprechen aus Ihrer Sicht dagegen, die
bei Zurücklegung einer Anzeige ohnehin notwendige "kurze Aufzeichnung"
der Erwägungen des Staatsanwaltes auch dem Privatbeteiligten zu übermit-
teln? Welche Verbesserungen an diesem Formular werden Sie in diesem Zu-
sammenhang veranlassen?"
Ich beantworte diese Fragen wie folgt:
Zu 1:
Die Staatsanwaltschaft Innsbruck legte die Strafanzeige gegen Franz K. im
Jänner 1992 deshalb zurück, weil die wissentliche falsche Verdächtigung eines
strafbaren Verhaltens nicht nachgewiesen werden konnte. Franz K. hatte sich unwi-
derlegbar auf Informanten berufen, die ihm umweltschädliche Vorkommnisse im Be-
reich der Fa. K. zur Kenntnis gebracht hätten.
Zu 2:
Die Immunität des Landtagsabgeordneten K. hatte bei den Erwägungen, die zur
Einstellung des Strafverfahrens führten, keine Rolle gespielt. Eine Befassung des Ti-
roler Landtags war bei dieser Sachlage nicht erforderlich.
Zu 3:
Es gab weder Interventionsversuche noch Weisungen.
Zu 4:
Die Staatsanwaltschaft Innsbruck prüfte die Anzeige gegen Franz K. unter dem Ge-
sichtspunkt des Tatbestands der Verleumdung nach dem § 297 Abs. 1 StGB.
Zu 5, 6 und 7:
Grundsätzlich ist es - dem Ziel einer bürgernahen Verwaltung entsprechend -
sicherlich Aufgabe der Justizbehörden, die Parteien des Verfahrens in verständli-
cher und möglichst unbürokratischer Weise über die ihnen zur Verfügung stehenden
Möglichkeiten zur Durchsetzung ihrer Rechtsansprüche zu belehren. Dabei muß
freilich berücksichtigt werden, daß bei massenhaft auftretenden Erledigungen und
der dabei zur Verwaltungsvereinfachung erforderlichen formularmäßigen Belehrung
nicht auf die Umstände des Einzelfalls und die jeweilige Interessenlage eingegan-
gen werden kann. Daß die Belehrung insoweit keinen Anspruch auf Vollständigkeit
erheben kann, zeigt die auf dem im Anlaßfall verwendeten Formular enthaltene
Empfehlung, weitere Beratungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen, wobei auch
auf die unentgeltliche Rechtsberatung durch die Bezirksgerichte während der
Amtstage verwiesen wird.
Im vorliegenden Zusammenhang ist meines Erachtens durch die derzeitige Form
der Belehrung dem grundsätzlichen Informationsanspruch des Anzeigers Genüge
getan: Wenn die Staatsanwaltschaft keine genügenden Gründe findet, gegen den
Angezeigten ein Strafverfahren zu veranlassen, so hat sie den Anzeiger nach § 48
Z 1 StPO hievon zu verständigen und ihn über die ihm zur Verfügung stehende
Möglichkeit eines Antrags auf Einleitung der Voruntersuchung (Subsidiarantrag) zu
belehren. Dies erfolgt in dem erwähnten
Formular in eingehender Weise, wobei der
Vollständigkeit halber auch auf die Möglichkeit der Geltendmachung von privatrecht-
lichen Ersatzansprüchen auf dem Zivilrechtsweg hingewiesen wird.
Eine darüber hinausgehende Belehrung über die Voraussetzungen der Erhebung
einer allfälligen Privatanklage hielte ich nicht für angebracht. Durch die Unterschei-
dung zwischen den der "öffentlichen Anklage" unterliegenden strafbaren Handlun-
gen (Offizialdelikte) und den "nur auf Verlangen des Verletzten" zu verfolgenden De-
likten (Privatanklagedelikte) bringt der Gesetzgeber einen Wesensunterschied zwi-
schen jenen Fällen zum Ausdruck, in denen ein öffentliches Interesse an der Straf-
verfolgung besteht, und jenen, in denen die Einleitung der Strafverfolgung im Er-
messen des Betroffenen ("Verletzten") liegt. Dem Staatsanwalt ist es grundsätzlich
verwehrt, die Voraussetzungen der Erhebung einer Privatanklage zu beurteilen. lm
übrigen kommt aus der großen Zahl von Fällen, in denen ein Anzeiger über die
Nichtverfolgung eines angezeigten Tatverdachts wegen eines Offizialdelikts in
Kenntnis gesetzt wird (auf die das Formblatt zugeschnitten ist), nur ein geringer Pro-
zentsatz überhaupt für die Erhebung einer Privatanklage "neben oder statt" einer
amtswegigen Strafverfolgung in Betracht. Im übrigen muß eine zur Privatanklage
berechtigte Person ihren Verfolgungsantrag bei sonstigem Verlust des Anklage-
rechts binnen sechs Wochen ab Bekanntwerden der Straftat und des Verdächtigen
bei Gericht einbringen, sodaß eine Belehrung über die Möglichkeit der Privatanklage
nach Prüfung des Verdachts einer von Amts wegen zu verfolgenden strafbaren
Handlung häufig wegen Ablaufs dieser Frist für den Betroffenen ohne Wert wäre.
Richtig ist, daß das in Verwendung stehende Formular bloß einen allgemeinen Hin-
weis darauf enthält, daß "keine genügenden Gründe" für die (weitere) Verfolgung
des Angezeigten (wegen eines Offizialdelikts) gefunden wurden. Diesem - in der An-
frage als Mangel angesehenen - Umstand steht jedoch ein Korrektiv in Gestalt des
§ 48a StPO gegenüber, wonach der Staatsanwalt verpflichtet ist, dem Privatbeteilig-
ten auf dessen Verlangen die Gründe für das Unterbleiben der Verfolgung in ge-
drängter Weise mitzuteilen. Dieser "zweistufigen" Form der Belehrung liegt die
Überlegung zugrunde, daß ein Formular grundsätzlich wenig geeignet scheint, auf
die näheren Umstände des Einzelfalls einzugehen. Eine auf den Einzelfall abgestell-
te "Begründung" für das Unterbleiben der Strafverfolgung soll daher nur in jenen
Fällen gegeben werden, in denen der
Betroffene daran - etwa zur Abschätzung der
Erfolgsaussichten einer Subsidiaranklage - Interesse zeigt. Erfahrungsgemäß ist
das nur in einer Minderzahl der Strafsachen der Fall. Soweit jedoch ein Interesse an
der näheren (Einstellungs-)Begründung geltend gemacht wird, kommt es in der Pra-
xis nicht nur zu schriftlichen Auskünften nach § 48a StPO, sondern nicht selten auch
zu mündlichen Kontakten, in deren Rahmen weitgehend auch die im Tagebuch kurz
verzeichneten Gründe für das Unterbleiben der Strafverfolgung (§ 34 Abs. 2 StAG)
offengelegt werden. Bei diesen Aufzeichnungen im Tagebuch handelt es sich aller-
dings um behördeninterne Vermerke, die bloß der Nachvollziehbarkeit der Entschei-
dung und der Ausübung der Aufsicht durch die leitenden Behördenorgane dienen.
Insgesamt bin ich der Auffassung, daß mit den derzeit vorgesehenen Verständi-
gungs- und Belehrungspflichten das Auslangen gefunden werden kann. Davon un-
abhängig befürworte ich grundsätzlich eine Aufwertung der verfahrensrechtlichen
Stellung des durch eine strafbare Handlung Verletzten im Rahmen der beabsichtig-
ten Neugestaltung des strafprozessualen Vorverfahrens.