2084/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Keppelmüller und Genossen haben am

26.2.1997 an mich eine schriftliche Anfrage mit der Nr. 2020/J betreffend

"Schwerpunkte und Herausforderungen beim Umweltschutz" gerichtet. Auf die - aus

Gründen der besseren Übersichtlichkeit - in Kopie beigeschlossene Anfrage beehre

ich mich, folgendes mitzuteilen:

ad 1

Die österreichischen Umweltstandards gelten unabhängig von der Einführung einer

Europäischen Währungsunion und von Wirtschaftsoffensiven, die daher auch nicht

auf Kosten der Umweltpolitik gehen können. Im übrigen tritt Österreich auch auf EU-

Ebene konsequent für ambitionierte Umweltstandards ein.

ad 2

Die Ökologisierung des Steuersystems ist ein wichtiges umweltpolitisches Thema.

Größte Bedeutung kommt dabei einer umfassenden Energiebesteuerung zu. Erste

Schritte wurden durch die letzte Mineralölsteuererhöhung im Mai 1995 sowie durch

die Einführung einer Energiesteuer auf Strom und Gas im Juni 1996 gesetzt.

ad 3

Zuständig für die Erarbeitung eines Umwelthaftungsgesetzes ist das

Justizministerium. Da auch in der EU eine Umwelthaftungsrichtlinie diskutiert wird,

sollte eine EU-konforme Vorgangsweise angestrebt werden.

ad 4

Am 4. Dezember 1996 beschloß die Europäische Kommission einen Vorschlag für

eine Richtlinie des Rates zur Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne

und Programme, wobei bei der Erarbeitung dieses Vorschlages auf zahlreiche

Arbeiten des BMUJF zurückgegriffen wurde. Selbstverständlich wird Österreich diese

Richtlinie innerstaatlich umsetzen.

ad 5

Ich beabsichtige, im Rahmen der Novelle zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz

(UVP-G) in die Anlagenliste auch Anlagen aufzunehmen, in denen mit gentechnisch

veränderten Organismen ab einer sensiblen Sicherheitsstufe und Größenklasse

gearbeitet wird.

ad 6

In meinem Ressort wurde eine task force zur Vorbereitung der österreichischen EU-

Präsidentschaft eingerichtet. Das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und

Familie ist schon jetzt bemüht, gemeinsam mit den vorangehenden

Präsidentschaften Luxemburgs und Großbritanniens sowie der nachfolgenden Prä-

sidentschaft Deutschlands wichtige Themenschwerpunkte im Umweltbereich zu be-

nennen. Diesbezügliche Gespräche haben auch mit der Niederländischen Präsi-

dentschaft und den Dienststellen der Kommission stattgefunden. Eine endgültige

Prognose wird anhand der Beratungsfortschritte auf EU-Ebene in der zweiten Hälfte

1997 vorliegen können.

ad 7

Selbstverständlich werden - wie auch schon bisher - in den bilateralen Kontakten mit

den Beitrittskandidaten und den Beratungen in der Zentraleuropäischen Initiative der

Umgang mit Risikotechnologien sowie ökologischen Fragen der Osterweiterung eine

wichtige Rolle spielen. lch darf jedoch darauf hinweisen, daß die Rolle der Präsi-

dentschaft jeweils auch durch die anderen Mitgliedsstaaten determiniert ist. Öster-

reich wird in diesem Sinne auch schon vor der zweiten Hälfte 1998 die ökologischen

Chancen der Osterweiterung zu einem Schwerpunkt seiner EU-Umweltpolitik

machen. Auch bei den regelmäßigen Treffen der Umweltminister aus den assoziier-

ten mitteleuropäischen Ländern mit dem EU-Umweltministerrat habe ich wiederholt

darauf hingewiesen, daß die Übernahme hoher Umwelt- und Sicherheitsstandards

eine wesentliche Voraussetzung für den Beitritt sein muß.

ad 8

Es finden regelmäßige Gespräche mit NGOs über die Vorbereitung der

österreichischen EU-Präsidentschaft im 2. Halbjahr 1998 statt.

ad 9

Die Kampagne "Ökologischer Lebensstil" österreichischer NGOs wird von mir unab-

hängig von der Abhaltung der Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen

zur Überprüfung der Beschlüsse von Rio (UNGASS) unterstützt.

ad 10-13: Grundsätzliche Feststellunqen

Das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie ist weder in der Antiatom-

politik noch in der Fusionsforschung das federführende Ressort. Für die Nuklear-

koordination ist das Bundeskanzleramt, für die Fusionsforschung ist das Wissen-

schaftsministerium zuständig.

ad 10

Österreich wird seine Antiatompolitik in der EU im Rahmen der Möglichkeiten der

Präsidentschaft weiter fortführen.

ad 11

Österreich wird diese Fragen in den Vorbereitungsgremien, in denen die

Mitgliedstaaten vertreten sind, einbringen.

ad 12

Für Fragen der Fusionsforschung ist das Bundesministerium für Wissenschaft und

Verkehr zuständig.

Das Umweltministerium hat diesbezüglich bereits 1992 ein Expertengutachten bei

der Forschungsstelle für Technikbewertung der Österreichischen Akademie der

Wissenschaft in Auftrag gegeben ("Stand und Perspektiven der Kernfusionsfor-

schung"), das sich kritisch mit der Machbarkeit der Kernfusion auseinandersetzt.

ln weiterer Folge wurde von meinem Ressort im Frühjahr 1995 das Ökoinstitut

Darmstadt mit der Erstellung eines Gutachtens zu Umweltaspekten des SEAFP

(Safety and Environmental Assessment of Fusion Power, SEAFP, Bericht im Auftrag

der Kommission, März 1995) beauftragt.

ad 13

Diese Frage ist an das federführende Bundeskanzleramt zu richten. Das BMUJF

wird die bisherigen Aktivitäten auf österreichischer, europäischer und internationaler

Ebene sowie die Zusammenarbeit mit NGOs fortsetzen.

Das BMUJF wird sich insbesondere bemühen, daß Österreich in der EBRD eine

ablehende Haltung zu einem allfälligen Engagemnt dieser Institution bei der

Finanzierung von zwei ukrainischen Nuklearprojekten einnimmt.

ad 14 und 15

Seitens meines Ressorts laufen intensive Bestrebungen zur Weiterentwicklung des

bisher im Rahmen des IMK (Interministerielles Komitee zur Koordinierung von Maß-

nahmen betreffend den Schutz des globalen Klimas) erstellten Maßnahmenbündels

zur Emissionsreduktion in ein umsetzungsorientiertes Klimaschutzpaket. Wesentli-

che Grundlagen hiefür wurden auch durch den Österreichischen Klimabeirat

geleistet.

Diese beiden Institutionen sind zur Beratung der gesamten Bundesregierung einge-

richtet worden, sodaß sich die von ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen an alle im

Gegenstand zuständigen Ressorts richten. Eine alleinige Umsetzung der Forderun-

gen durch mein Ressort ist daher schon allein aus kompetenzrechtlichen Gründen

nicht möglich.

ad 16

Mit dem Energieorganisationsgesetz sind die Vorgaben der EU-Richtlinie für einen

Binnenmarkt für elektrische Energie umzusetzen. Dabei ist sicherzustellen, daß in

einer gemeinsamen Strategie den Zielsetzungen der österreichischen Energie-,

Umwelt- und Klimaschutzpolitik Rechnung getragen wird.

Dabei ist festzuhalten, daß für die Erarbeitung des Energieorganisationsgesetzes

das BMwA zuständig ist.

ad 17 und 18

Es liegt in meinem Interesse, daß auch die Steuergesetzgebung verstärkte Anreize

enthält, die einer nachhaltigen Entwicklung förderlich sind.

lch darf diesbezüglich auf meine Ausführungen in Beantwortung der Frage 2 ver-

weisen.

ad 19

Das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie unterstützt bereits ein Pro-

jekt der Umweltschutzorganisation Global 2000 mit dem Titel "Reduktion des Strom-

verbrauches um 25% mit maximal S 10.000,-- demonstriert an 10 Musterhaushal-

ten". Der Rohentwurf eines Endberichtes zum Projekt liegt bereits vor und zeigt, daß

bei den 10 Haushalten im Schnitt ca. 30% Stromeinsparung möglich war. Aufgrund

der vielversprechenden Erkenntnisse des Projektes plant mein Ressort, einen Leit-

faden für interessierte Anwender zur Nachahmung herauszugeben.

ad 20

Da eine Reduktion nicht erneuerbarer Rohstoffe und Energieträger Hand in Hand mit

der Forcierung erneuerbarer Ressourcen einhergeht, ist es ein Schwerpunkt der

Förderungspolitik im Rahmen des mit dem Strukturanpassungsgesetzes 1996 novel-

lierten Umweltförderungsgesetzes (UFG) und den daran anschließenden neuen För-

derungsrichtlinien, die Anteile erneuerbarer Rohstoffe im Gesamtenergieaufkommen

und im Produktionsprozeß zu erhöhen.

Die Abfallwirtschaft kann in zwei Bereichen wesentlich zur Ressourcenschonung

beitragen, nämlich durch Recycling und durch energetische Nutzung von Abfällen,

wodurch jeweils nicht erneuerbare Rohstoffe substituiert werden. Im Bereich der bio-

genen Abfälle und der Verpackungen wurden durch die getrennte Sammlung große

Potentiale für den Ersatz primärer Rohstoffe geschaffen.

ad 21

Die Planung und Erstellung von Maßnahmenkatalogen zur Reduktion von Stoffströ-

men durch Ausschöpfung von Einsparungspotentialen bei Ressourcen benötigen im

Vorfeld adäquate Berichtssysteme, die eine umfassende und regelmäßige Informati-

onsgrundlage für den laufenden gesellschaftlichen Ressourcenverbrauch liefern.

Instrumente dazu sind nationale Materialflußbilanzen und Materialflußrechnungen

neben Stoffflußrechnungen, Energie-, Emissions- und Abfallbilanzen.

Das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie hat im April 1997 die

Ergebnisse der ersten umfassenden Materialflußrechnung Österreichs für das Jahr

1992 präsentiert. Die Aktualisierung für das Jahr 1995 ist derzeit in Vorbereitung.

ad 22

Die Umorientierung auf erneuerbare Ressourcen und die Forcierung nachwachsen-

der heimischer Rohstoffe erfolgt in meinem Ressort auf breiter Basis, wie nachfol-

gend angeführt:

* Arbeitskreis "Biogene Rohstoffe":

Im April 1992 wurde der Arbeitskreis "Biogene Rohstoffe" eingerichtet, der sich

mit der Förderung nachwachsender Rohstoffe und damit berührten Fragestellun-

gen, befaßt.

* Internationale Zusammenarbeit:

Mein Ressort nimmt an Informations-Netzwerken der Kommission der Europäi-

schen Union teil, wie z.B:

- Non-Food Agro-lndustrial Research Information Dissemination (NF-AIRID)

Including Development of an Information Network and CD-ROM Based

Distribution

- European Co-ordination Network on Agro and Forestal Biomass (AFB-nett)

- European Co-ordination Network to Address the Non-Technical Barriers to

Liquid Biofuels Production and Use

* Informationsveranstaltungen:

Um das Informationsdefizit auf dem Gebiet der nachwachsenden Rohstoffe zu

beseitigen, wird am 9. und 10. September 1997 im Rahmen der 100-Jahr-Feier

der Gesellschaft Österreichischer Chemiker an der TU-Wien ein Symposium

"Zukunftsmarkt Nachwachsende Rohstoffe - gegenwärtige Bedeutung und neue

Chancen" durchgeführt, an dessen Organisation mein Ressort beteiligt ist.

* Finanzierung themenbezogener Forschungsprojekte:

- Seit Jänner dieses Jahres unterstützt mein Ressort das Forschungsprojekt

"Potentiale, Hemmnisse und Bedarfslage für den Einsatz der nachwachsenden

Rohstoffe Hanf und Flachs in Österreich", welches zum Ziel hat, die zukünftigen

Anbaupotentiale in der Landwirtschaft sowie deren Einsatzpotentiale und Märkte

aufzuzeigen.

- Studie "Wege zur Umsetzung regionaler Nachhaltigkeitskonzepte - Unterstützung

und Beschreibung der Entwicklung in Kautzen" als Beispiel für erfolgreiche Ener-

gie- und Umweltmaßnahmen.

Das Umweltministerium hat nicht nur die Durchführung dieser Maßnahmen nachhal-

tig unterstützt, sondern fördert insbesondere die Dokumentation der Entwicklung, um

eine Nachahmung ähnlicher Projekte zu ermöglichen.

* Förderungen:

Von meinem Haus werden laufend Förderungen zur Nutzung der Biomasse ver-

geben. Tatsache ist, daß durch die Forcierung der Biomassenutzung sowie die

Entwicklung fortgeschrittener Biomassetechnologien (v.a. für die Stromerzeugung)

dauerhaft Arbeitsplätze geschaffen und neue Exportmärkte für heimische Unter-

nehmen erschlossen werden könnten.

ad 23

Die in § 5 Ziffer 7 lit. f der Deponieverordnung vorgenommene Ausnahmeregelung

(Unterschreitung eines oberen Heizwertes von 6000 kJ/kg anstelle eines TOC von 5

Masseprozent) erlaubt neben der thermischen Abfallbehandlung auch die alternative

Anwendung von mechanisch-biologischen Verfahren. Grundvoraussetzung für die

Anwendung dieser zum Teil sehr umstrittenen Verfahren ist die Festlegung eines

Standes der Technik, der bislang noch nicht existiert.

Das Umweltministerium ist daher im Rahmen eines interdisziplinären Projektes be-

müht, zunächst Fachgrundlagen für die mechanisch-biologische Abfallbehandlung

erarbeiten zu lassen, die in weiterer Folge auch für eine verbindliche Festlegung

eines Standes der Technik dienen können. Damit soll auch bei der Anwendung

alternativer "Müllbehandlungsverfahren" eine bestmögliche Umsetzung der Ziele und

Grundsätze des Abfallwirtschaftsgesetzes bei gleichzeitiger Minimierung der aus der

Behandlungstechnologie resultierenden Emissionen erreicht werden.

ad 24

Der stofflichen Kunststoffverwertung muß besonderes Augenmerk geschenkt wer-

den, da hier ein großes Substitutionspotential für nicht erneuerbare Primärrohstoffe

besteht. lm internationalen Vergleich stellt sich die österreichische Situation diesbe-

züglich recht gut dar. Laut einer neuen Studie des Österreichischen Kunststoffinsti-

tutes sind die derzeit in Österreich hergestellten Regranulate von akzeptabler

Qualität und finden Verwendung in der Warenproduktion. Auch die getrennte

Sammlung wichtiger Kunststofffraktionen wie insbesondere Verpackungen als

notwendige Voraussetzung für die Verwertung ist in Österreich gewährleistet.

Vorrangig geht es darum, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen stofflicher und

energetischer Nutzung von Altkunststoffen zu finden.

ad 25

Bereits in den Bundes-Abfallwirtschaftsplänen 1992 und 1995 wurde unmißverständ-

lich festgehalten, daß die thermische Behandlung von Restmüll als sinnvolle und

notwendige Behandlungseinrichtung angesehen werden muß und bei Anwendung

geeigneter Technologien die umweltentlastenden Auswirkungen im Vergleich zu

alternativen Behandlungsverfahren überwiegen.

Mit der Novelle zum Altlastensanierungsgesetz wurden auch entscheidende finan-

zielle Anreize für die Umsetzung geeigneter Maßnahmen getroffen. Inwieweit eine

zusätzliche finanzielle Förderung notwendig und sinnvoll erscheint, kann und soll erst

nach Beschlußfassung der in parlamentarischer Behandlung stehenden Wasser-

rechtsgesetznovelle als dem entscheidenden Impulsgeber für die Errichtung von

Behandlungsanlagen beurteilt werden.