2090/AB XX.GP
Zu den einzelnen Punkten der aus der Beilage ersichtlichen parlamentari-
schen Anfrage teile ich folgendes mit:
Zu Frage 1 :
Die angesprochene Situation ist mir bekannt. Es handelt sich dabei um eine
der Auswirkungen der für Österreich bereits seit dem Inkrafttreten des EWR-Ab-
kommens maßgebenden Verordnung (EWG) Nr.1408/71 betreffend die soziale Si-
cherheit der Wanderarbeitnehmer.
Diese Verordnung bezieht sich auf sämtliche Zweige der sozialen Sicherheit
der Mitgliedstaaten. Als wesentlicher Grundsatz, der bereits im Art.51 des EG-Ver-
trages verankert ist und durch die Verordnung näher ausgeführt wird, ist unter ande-
rem vorgesehen, daß die Leistungen der sozialen Sicherheit auch bei Wohnort der
betreffenden Person in einem anderen Mitgliedstaat zu gewähren sind. Auf Grund
der sehr extensiven Judikatur des EuGH hinsichtlich der von der Verordnung erfaß-
ten Leistungen der sozialen Sicherheit fallen auch viele aus innerstaatlicher Sicht
eher der Sozialhilfe als der sozialen Sicherheit zuzuordnenden Leistungen in den
Anwendungsbereich der Verordnung und damit an sich auch unter die angespro-
chene Exportverpflichtung. Für Österreich trifft das insbesondere auch auf die Aus-
gleichszulage Und das Pflegegeld nach dem
Bundespflegegeldgesetz zu.
Im Hinblick darauf, daß von allen Mitgliedstaaten die Verpflichtung zum euro-
paweiten Export von Leistungen (wie in Österreich zB Ausgleichszulage und Pflege-
geld), die nur auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten des jeweiligen Staates abstel-
len, zu schwerwiegenden insbesondere finanziellen Auswirkungen geführt hätten,
wurde als Kompromiß der für die vorliegende Anfrage maßgebende Art.1 0a in die
Verordnung 1408/71 eingefügt. Nach dieser Bestimmung können bestimmte bei-
tragsunabhängige Sonderleistungen wie zB die österreichische Ausgleichszulage
oder das Pflegegeld zwar auf die jeweilige Wohnbevölkerung beschränkt werden.
Sofern es sich bei diesen Leistungen aber um Zusatzleistungen zB zu Pensionen
handelt, müssen auf Grund dieses Kompromisses auch entsprechende ausländische
Pensionen entsprechend erhöht werden (Art.10a Abs.3).
Österreich hatte daher bei der Übernahme des EG-Rechts im Bereich der so-
zialen Sicherheit lediglich folgende Wahl:
* Die Ausgleichszulage und das Pflegegeld werden in die Liste der beitragsunab-
hängigen Sonderleistungen nach Art.10a der Verordnung 1408/71 eingetragen,
was die Verpflichtung zur Gewährung dieser Leistungen auch zu ausschließlich
ausländischen Pensionen zur Folge hat; oder
* diese beiden österreichischen Leistungen werden nicht in diese Liste eingetragen,
was aber dann - als "normale" Leistungen der sozialen Sicherheit - die Verpflich-
tung zum europaweiten Export dieser Leistungen zur Folge hätte.
Eine andere Alternative ist nach dem maßgebenden EG-Recht weder für Österreich
noch für einen anderen Mitgliedstaat gegeben. Unter Berücksichtigung der sozial-
politischen Zielvorgaben, die diesen Leistungen zu Grunde liegen, aber auch unter
Abwägung der finanziellen Auswirkungen der beiden Alternativen hat sich Österreich
für die Beschränkung dieser beiden Leistungen auf die Einwohner Österreichs ent-
schieden.
Die Verpflichtung zum europaweiten Export dieser beiden Leistungen hätte
nämlich zweifellos viel eher zu dem angeprangerten "Sozialtourismus" führen kön-
nen (Wohnortverlegung in Staaten mit geringeren Lebenshaltungskosten unter Mit-
nahme einer Ausgleichszulage oder eines
Pflegegeldes).
Zu den Fragen 2 bis 5:
Ausgleichszahlungen oder Kostenerstattungen sind nach dem maßgebenden
EG-Recht hinsichtlich der beitragsunabhängigen Sonderleistungen nicht vorgese-
hen. lm Hinblick darauf, daß es somit Aufgabe jedes Mitgliedstaates ist, die in Rede
stehenden Leistungen der jeweiligen Wohnbevölkerung zukommen zu lassen, wäre
eine Kostenerstattung systemfremd und somit wohl für keinen Mitgliedstaat akzepta-
bel.
In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, daß eine Beschrän-
kung der Überlegungen ausschließlich auf die in den in Rede stehenden Fällen ge-
währte Ausgleichszulage und das Pflegegeld nach dem Bundespflegegeld nicht der
Gesamtproblematik gerecht wird. Würden diese Leistungen nicht gewährt werden,
hätten die in Österreich wohnenden EU-Bürger mit ausschließlich ausländischen
Leistungen nämlich Anspruch auf Sozialhilfe oder auf Pflegegeld nach den ein-
schlägigen Gesetzen der Bundesländer. Die finanztellen Auswirkungen wären daher
lediglich vom Bundesbudget auf die Budgets der Bundesländer verlagert; die wirt-
schaftliche Gesamtbelastung Österreichs bliebe aber weitestgehend gleich.
Zu den Fragen 6 bis 9:
Für die Gewährung von Ausgleichszulage bzw. von Pflegegeld an die Bezie-
her ausschließlich einer ausländischen Pension ist die Pensionsversicherungsanstalt
der Angestellten zuständig. Die verfügbaren Statistiken lassen bedauerlicherweise
keine Angaben für die Gesamtaufwendungen im Jahre 1996 zu. Es wird jeweils nur
für bestimmte Stichtage der Stand der gewährten Leistungen getrennt für Deutsch-
land und die sonstigen EWR-Staaten ausgewiesen. Die beim Hauptverband der
österreichischen Sozialversicherungsträger für die Stichtage 17.6.1996, 18.9.1996,
31.1.1997 und 19.3.1997 zur Verfügung stehenden Daten liegen bei. Aus diesen ist
ein Anstieg der betroffenen Fälle ersichtlich. Eine längerfristige Prognose für die Zu-
kunft ist daraus aber nicht möglich.