2140/AB XX.GP
zur Zahl 2149/J-NR/1997
Die Abgeordneten zum Nationalrat DDr. Erwin Niederwieser und Genossen haben
an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend die öffentliche Ankündigung einer be-
absichtigten Anklageerhebung, gerichtet und folgende Fragen gestellt:
"1 . Entspricht es den Tatsachen, daß dem Bundesministerium für Justiz von der
Staatsanwaltschaft Innsbruck das Vorhaben vorgelegt wurde, gegen
Dr. Salcher Anklage zu erheben und daß vom Bundesministerium für Justiz
diesem Vorhaben zugestimmt wurde?
2. Wenn ja, wann wurde dieses Vorhaben vorgelegt, wann wurde darüber ent-
schieden und wann ist der entsprechende Akt an die Staatsanwaltschaft
Innsbruck zurückgegangen?
3. Wurde das "Wirtschaftsblatt" oder die Zeitschrift "News" vom Bundesministe-
rium für Justiz darüber informiert? Wenn ja, durch wen und wann?
4. Falls ja, geschah dies durch das Bundesministerium für Justiz von sich aus
oder ist das "Wirtschaftsblatt" oder ist "News" an das Bundesministerium her-
angetreten?
5. Hat die Staatsanwaltschaft Innsbruck bzw. deren Pressesprecher Zeitungen
oder den ORF über den Abschluß der Voruntersuchung und über die beab-
sichtigte Anklageerhebung informiert?
6. Wenn ja, welche Medien, in welcher Form und wann?
7. Ist nach Ihrer Kenntnis des Falles das in "News" (Nr. 10 vom 6. März 1997,
S. 40) angeführte Zitat des Pressesprechers der Staatsanwaltschaft Inns-
bruck ("Die Voruntersuchungen gegen Salcher sind abgeschlossen. Der Fall
ist anklagereif.") inhaltlich richtig,?
8. Für den Fall, daß weder das Bundesministerium für Justiz noch die Staatsan-
waltschaft von sich aus die Medien informiert haben: Wurden vom Bundesmi-
nisterium Ermittlungen darüber durchgeführt, wie diese Informationen an die
Medien gelangt sind oder werden solche Erhebungen durchgeführt oder gibt
es bereits Erkenntnisse, auf welchem anderen Weg die Medien zu den er-
wähnten Informationen gelangt sind?
9. Wann wurden die Voruntersuchungen gegen Dr. Herbert Salcher eingeleitet?
10. In welcher Form wurde Dr. Herbert Salcher über die Einleitung der Vorunter-
suchung informiert?
11 . Wann wurde die Anklageschrift Dr. Salcher zugestellt?
12. Der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Innsbruck Dr. Koll hat in einer
APA Aussendung als Reaktion auf eine öffentliche Kritik des Erstfragestellers
ausgeführt, die Verdachtsmomente seien derart gravierend, daß mit einer
Verurteilung zu rechnen sei. Verfügt das Bundesministerium über Daten, in
wie vielen Fällen eine Anklageerhebung auch tatsächlich zu einer Verurtei-
lung führt?
13. In wie vielen Fällen, die - wie die gegen Dr. Herbert Salcher erhobenen Vor-
würfe - direkt oder indirekt mit der
Causa Nikolaus Mair/Girocreditbank der
österr. Sparkassen zusammenhängen, hat die Staatsanwaltschaft bereits An-
klage erhoben und wie viele dieser Strafverfahren wurden mit welchem Er-
gebnis abgeschlossen?"
Ich beantworte diese Fragen wie folgt:
Zu 1 und 2:
Die Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck erstattete am 30.10.1996 Bericht an das Bun-
desministerium für Justiz über das beabsichtigte Vorhaben, die gegen Dr. Herbert
Salcher von der Staatsanwaltschaft Innsbruck erstellte Anklageschrift zu genehmi-
gen. Dieser Bericht wurde vom Bundesministerium für Justiz mit Erlaß vom
29.1.1997 zur Kenntnis genommen. Dieser Erlaß wurde am 13.2.1997 an die Ober-
staatsanwaltschaft Innsbruck abgefertigt.
Zu 3 und 4:
Hiezu sei zunächst im allgemeinen bemerkt, daß das Bundesministerium für Justiz
und die Justizpressestellen den Medien grundsätzlich erst dann Auskünfte über we-
sentliche Verfahrensschritte, wie etwa die Erhebung einer Anklage, erteilen, wenn
der davon Betroffene darüber bereits Kenntnis erlangt hat.
Im gegenständlichen Fall hatte sich Dr. Salcher mit mehreren Rechtsschutzgesu-
chen in seiner Strafsache an mich gewendet. Ich teilte ihm bereits am 13.2.1997
mit, daß das Bundesministerium für Justiz das auf Anklageerhebung gerichtete Vor-
haben der staatsanwaltschaftlichen Behörden genehmigt hatte.
Am 2. und 3.3.1997 wandte sich ein Redakteur der Zeitung "Wirtschaftsblatt" mit der
Frage, ob gegen Dr. Salcher Anklage erhoben werde, an das Büro des Bundesmini-
sters für Justiz und wurde von dort jeweils an die zuständige Fachabteilung verwie-
sen. Von dieser Abteilung wurde dem Redakteur gegenüber die bevorstehende Ein-
bringung der Anklageschrift - ungeachtet der bereits erfolgten Verständigung von
Dr. Salcher darüber - nicht
bestätigt.
Das Bundesministerium für Justiz hat in dieser Strafsache von sich aus Medienver-
treter nicht kontaktiert. Ein Informationsbegehren seitens der Zeitschrift "News" ist
nicht erinnerlich.
Zu 5 und 6:
Vor Erscheinen des Artikels im "Wirtschaftsblatt" am 4.3.1997 hatte die Staatsan-
waltschaft Innsbruck den Medien keine lnformationen über die gegenständliche
Strafsache erteilt. Danach wurde die Staatsanwaltschaft Innsbruck von zahlreichen
Journalisten telefonisch auf diesen Bericht im "Wirtschaftsblatt" angesprochen. Bei
diesen Telefonaten wurde dieser Bericht zwar nicht dementiert, jedoch darauf hinge-
wiesen, daß der Akt noch nicht bei der Staatsanwaltschaft eingelangt sei ; Auskünfte
könnten erst nach Einbringung der Anklage und Zustellung an Dr. Salcher gegeben
werden. Erstmals am 17.3.1997 teilte die Staatsanwaltschaft Innsbruck Pressever-
tretern dezidiert mit, daß Dr. Salcher angeklagt worden sei.
Als Reaktion auf eine in der Tiroler Tageszeitung vom 7.3.1997 publizierte Kritik an
der Staatsanwaltschaft Innsbruck erging am selben Tage eine APA-Aussendung
des Pressesprechers der Staatsanwaltschaft. Darin wurde ausgeführt, daß gegen
Dr. Salcher Verdachtsmomente gegeben seien, daß die Staatsanwaltschaft Inns-
bruck nach langen Vorerhebungen der Meinung sei, es müsse Anklage erhoben
werden, daß das Bundesministerium für Justiz nach Prüfung hiefür grünes Licht ge-
geben habe, die Anklage, die mit Tätigkeiten im Umfeld von Nikolaus Mair zu tun
habe, jedoch bei Gericht noch nicht eingebracht sei.
Zu 7:
Nach dem aus Anlaß der Anfrage eingeholten Bericht der Staatsanwaltschaft Inns-
bruck brachte diese gegenüber der Zeitschrift "News" zum Ausdruck, daß die Erhe-
bungen gegen Dr. Salcher abgeschlossen seien und es, wie im "Wirtschaftsblatt', er-
wähnt, vermutlich zu einer Anklage kommen werde.
Zu 8:
Erkenntnisse, auf welchem Weg das "Wirtschaftsblatt" zu lnformationen gelangt sein
könnte, liegen nicht vor. Nach den
bisherigen Erfahrungen wären allfällige Erhebun-
gen hierüber schon in Anbetracht der kaum möglichen Eingrenzung der als Infor-
manten in Frage kommenden Personen nicht erfolgversprechend.
Zu 9 und 10:
Eine Voruntersuchung wurde gegen Dr. Herbert Salcher nicht geführt. Die Staatsan-
waltschaft Innsbruck beantragte am 20.6. 1995 Vorerhebungen gegen Dr. Salcher,
worüber dieser mit Verständigungsformular vom 6.7.1995 informiert wurde. Am
10.7.1995 sprach Dr. Salcher beim Untersuchungsrichter vor, der ihm auf sein Ersu-
chen Akteneinsicht gewährte.
Zu 11:
Die Anklageschrift wurde dem Verteidiger von Dr. Herbert Salcher am 14.3.1997
vom Untersuchungsrichter persönlich übergeben.
Zu 12:
Nach der (letzten) vom Österreichischen Statistischen Zentralamt herausgegebenen
"Statistik der Rechtspflege für das Jahr 1995" beträgt die Verurteilungsquote vor
den Schöffengerichten (bundesweit) 90,1 %.
Zu 13:
Nikolaus Mair wurde am 26.11.1996 rechtskräftig verurteilt. Außer der Anklage ge-
gen Dr. Herbert Salcher brachte die Staatsanwaltschaft Innsbruck wegen mit diesem
Fall zusammenhängenden Vorwürfen drei weitere Anklageschriften ein. In zwei Ver-
fahren, in denen sich der als Zeuge vernommene Nikolaus Mair der Aussage ent-
schlagen hatte, ergingen Freisprüche; in einem dritten Verfahren fand eine Haupt-
verhandlung noch nicht statt.