2146/AB XX.GP
Beantwortung
der Anfrage der Abgeordneten Kier, Gredler und Partner/innen
betreffend Nichtgewährung der Notstandshilfe an Ausländer,
Nr. 2150/J
ln lhrer Anfrage geben Sie den Inhalt des Urteiles des Europäischen Gerichtshofes
für Menschenrechte im Beschwerdefall Gaygusuz gegen Österreich wieder. Ergän-
zend dazu möchte ich anführen, daß der Genannte im Jahr 1987 einen Pensions-
vorschuß auf eine Invaliditätspension beantragt hatte. Nach Ende der Bezugsdauer
des Arbeitslosengeldes wurde ihm in Übereinstimmung mit der geltenden Rechts-
lage die Auszahlung von Notstandshilfe verwehrt.
Zu den Fragen teile ich mit:
Frage 1 :
Unter welchen Voraussetzungen wird Ausländern schon heute - abgesehen von der
Bestimmung des § 34 Abs. 2 - Notstandshilfe gewährt?
Antwort:
Österreichischen Staatsbürgern sind gleichgestellt:
1 . Flüchtlinge im Sinne des Artikels 1 des am 28. Juli 1951 in Genf unterzeichneten
Abkommens über die Rechtsstellung der
Flüchtlinge;
2. Staatenlose im Sinne des Artikels 1 des am 28. September 1954 in New York un-
terzeichneten Abkommens über- die Rechtsstellung der Staatenlosen; -
3. Personen, die im Bereich des gegenwärtigen Staatsgebietes der Republik Öster-
reich geboren sind und in diesem Gebiet seither ununterbrochen ihren Wohnsitz
haben,
4. Personen, die seit 1. Jänner 1930 ununterbrochen im Bereich des gegenwärtigen
Staatsgebietes der Republik Österreich ihren Wohnsitz haben;
5. ausländische Staatsbürger, soweit dies durch zwischenstaatliche Abkommen oder
internationale Verträge geregelt ist;
6. Inhaber von Befreiungsscheinen und ihnen gleichgestellte Personen;
7. versetzte Personen, die im Besitz eines von einer österreichischen Behörde aus-
gestellten Personalausweises sind;
8. Südtiroler- und Canaltaler-Umsiedler.
Aufgrund der Ziffer 5 erhalten Staatsangehörige von EU- und EWR-Staaten die Not-
standshilfe; Befreiungsscheininhaber können die Notstandshilfe für maximal
52 Wochen beziehen.
Frage 2:
Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um das zitierte Urteil des EGMR in Öster-
reich umzusetzen?
Antwort:
Ich habe im Rahmen des Integrationspaketes der Bundesregierung eine Änderung
des Arbeitslosenversicherungsgesetzes betreffend den Bezug von Notstandshilfe
vorgeschlagen und verweise auf diese Änderung.
Frage 3:
Wird dem türkischen Beschwerdeführer ab sofort bzw. rückwirkend die Notstands-
hilfe gewährt? Wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Dem Beschwerdeführer wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
ein Betrag von S 200.000 als Schadenersatz zuerkannt, der bereits überwiesen wor-
den ist.
Frage 4:
Wird in Zukunft - im Hinblick auf das Erkenntnis des EGMR - ausländischen Bürgern
mit einer Aufenthaltsbewilligung in Österreich die Notstandshilfe gewährt, sofern sie
die Bedingungen erfüllen, die auch österreichische Staatsbürger erfüllen müssen?
Wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Das Erkenntnis des EGMR stellt nur im Einzelfall die Verletzung der Menschen-
rechtskonvention fest. Für eine generelle Gewährung der Notstandshilfe an auslän-
dische Bürger bedarf es einer gesetzlichen Änderung.
Frage 5:
Werden Sie dem Nationalrat eine Novelle zum Arbeitslosenversicherungsgesetz be-
treffend § 33 Abs. 2 vorlegen, in dem die Voraussetzung der österreichischen
Staatsbürgerschaft für die Gewährung der Notstandshilfe festgeschrieben ist, um die
Auszahlung der Notstandshilfe an Ausländer zu ermöglichen? Wenn ja, erläutern Sie
bitte die vorgeschlagene Novellierung! Wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Wie ich bereits oben angeführt habe, ist eine Novellierung unter anderem auch des
§ 33 Abs. 2 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes im Integrationspaket enthalten.
Damit sollen von der österreichischen Staatsbürgerschaft unabhängige Vorausset-
zungen für die Notstandshilfe geschaffen werden.
Frage 6:
Halten Sie eine Diskriminierung von Ausländern betreffend die Auszahlung von Not-
standshilfe, wie sie bisher bestanden hatte, für gerechtfertigt und menschenrechts-
konform? Wenn ja, unter welchen Bedingungen, wenn nein, welche Konsequenzen
ziehen Sie daraus.
Antwort: .
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat eine eindeutige Entscheidung
getroffen, die - wie dargelegt - eine
gesetzliche Änderung erforderlich macht.
Frage 7:
Ab welchem Zeitpunkt bzw. nach wie vielen Jahren ist für Sie ein Ausländer mit lega-
ler Aufenthaltsberechtigung, der in einem Beschäftigungsverhältnis steht oder stand,
so weit in Österreich "integriert", daß er im Anschluß an die Arbeitslosenunterstüt-
zung Anspruch auf die Notstandshilfe erwirbt?
Antwort:
Diese Integration ist nach der vorgesehenen fremdenrechtlichen Bestimmung nach
acht Jahren Beschäftigung in Österreich gegeben.