2156/AB XX.GP

 

Auf die - aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigeschlossene - schriftliche

parlamentarische Anfrage Nr. 2220/J der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen

vom 20. März 1997, betreffend Aussagen in der ORF-Pressestunde vom 2.3.97 zum Termin

der Einführung des Euro, beehre ich mich folgendes mitzuteilen:

Einleitend möchte ich darauf hinweisen, daß ich in der genannten Pressestunde folgendes

gesagt und gemeint habe: "Das Projekt des Euro ist extrem gefährdet und in der Tat stellt

sich dann die Frage, ob es dieses Projekt überhaupt noch gibt, wenn man an dem Termin

der Einführung rüttelt. Es würden ganz gewaltige spekulative Situationen im Hinblick auf die

europäischen Währungen entstehen..'

Zu 1.:

Auf den europäischen Finanzmärkten wurden in Erwartung eines einheitlichen Euro-Finanz-

marktes per 1. Jänner 1999 Vorbereitungsmaßnahmen gesetzt, um die Funktionsfähigkeit

eines Euro-Finanzmarktes zu gewährleisten. Durch das gemeinsame Bemühen aller Ver-

antwortlichen, den für die Währungsunion gesetzten Termin einzuhalten, können Gegen-

reaktionen des Marktes, wie etwa starke Kapitalbewegungen (mit diesen ist bei Nichtein-

haltung des Termins zu rechnen), vermieden werden.

Zu 2.:

Ich weise entschieden zurück, daß ich eine Art Diskussionsverbot über die Einführung des

Euro ausgesprochen hätte. Vielmehr habe ich am Beispiel einer fälschlichen Meldung aus

Deutschland über eine mögliche Verschiebung des Termins der Einführung des Euro darauf

hingewiesen, daß ungeprüfte Informationen sehr rasch zu unerwünschten Auswirkungen auf

den extrem sensiblen Finanzmärkten führen können.

Es ist auch nicht richtig, daß ich gesagt hätte, daß aufgrund der hohen Sensibilität der

Finanzmärkte keine Debatte über die Änderung der Kriterien geführt werden dürfe. Ich habe

vielmehr auf die bekannte Tatsache hingewiesen, daß im Rahmen des EG-Vertrages eine

Interpretation der Kriterien möglich ist.

Zu 3. bis 6.:

Aus heutiger Sicht wird es möglich sein, das von der Bundesregierung gemeinsam mit den

Ländern, Gemeinden und Sozialpartnern gesetzte Ziel, am 1. Jänner 1999 an der gemein-

samen Währung teilzunehmen, zu erreichen. Zur Teilnahme an der 3. Stufe der Wirtschafts-

und Währungsunion müssen folgende Konvergenzkriterien erfüllt sein:

.Preisstabilität: Von den Mitgliedsländern wird die Erreichung eines hohen Grades an

Preisstabilität gefordert. Konkret wird verlangt, daß die durchschnittliche Inflationsrate des

einzelnen Mitgliedstaates im Jahr vor der Prüfung durch die EG-Kommission jene der drei

EG-Mitglieder, die das beste Ergebnis hinsichtlich der Preisstabilität erzielt haben, um

nicht mehr als 1,5 Prozentpunkte übersteigt.

. Zinskonverqenz: Die Dauerhaftigkeit der von den Mitgliedstaaten erreichten Konvergenz

und ihrer Beteiligung am Wechselkursmechanismus des EWS soll sich auch im lang-

fristigen Zinsniveau widerspiegeln. Der durchschnittliche nominelle langfristige Zinssatz

(Rendite langfristiger staatlicher Schuldverschreibungen) darf im Jahr vor der Prüfung

jenen der drei Mitgliedstaaten, die das beste Ergebnis hinsichtlich der Preisstabilität erzielt

haben, um nicht mehr als 2 Prozentpunkte übersteigen.

. Wechselkursstabilität: Ein Mitgliedstaat muß die im Rahmen des Wechselkursmechanis-

mus des EWS vorgesehenen normalen Bandbreiten mindestens in den letzten zwei

Jahren vor der Prüfung eingehalten haben, ohne gegenüber einem anderen Mitgliedsland

auf eigenen Vorschlag abgewertet zu haben.

. Haushaltsdisziplin: Die einzelnen Mitgliedstaaten sollen schwerwiegende Fehlent-

wicklungen ihrer Haushaltslage vermeiden. Insbesondere soll das Verhältnis des voraus-

sichtlichen bzw. tatsächlichen öffentlichen Defizits zum BIP die Grenze von 3% und das

Verhältnis der öffentlichen Verschuldung zum BIP die Grenze von 60%o nicht über-

schreiten. Falls die öffentliche Verschuldung den Konvergenzwert von 60% überschreitet,

muß sie sich hinreichend rasch dem Konvergenzwert nähern.

Österreich hat die Kriterien der Preisstabilität, der Zinskonvergenz und der Wechselkurs-

stabilität immer schon erfüllt.

Die beiden fiskalischen Kriterien (öffentliches Defizit und öffentliche Verschuldung) wurden

1992 erfüllt. Zwischen 1992 und 1995 hat sich die Schere zwischen Einnahmen und

Ausgaben der öffentlichen Haushalte stark geöffnet. Dies hat zu einem Anstieg des Defizits

und der Staatsschuld geführt. Das Finanzierungsdefizit aller öffentlichen Haushalte in

Relation zum Bruttoinlandsprodukt ist von 1,9% (1992) auf 5,3% (1995) angestiegen. Die

öffentliche Verschuldungsquote erhöhte sich von 58,3% (1992) auf 69,4% (1995). Ohne

Gegenmaßnahmen hätte sich das Defizit der öffentlichen Haushalte 1996 auf etwa 8% des

Bruttoinlandsprodukts ausgeweitet. Die Bundesregierung hat daher die nachhaltige

Konsolidierung des Bundesbudgets zu einem ihrer Hauptanliegen in dieser Legislaturperiode

gemacht. Dies wäre auch ohne EU-Beitritt und ohne Maastricht-Vertrag erforderlich

gewesen.

Die budgetpolitischen Ziele der Jahre 1998 und 1999 und die Maßnahmen, die zur Er-

reichung dieser Ziele notwendig sind, sind im Detail im Budgetprogramm der

Bundesregierung dargestellt.