2159/AB XX.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2158/J-NR/1997 betreffend die Schulversuche
zum Ethikunterricht, die die Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und GenossInnen am
19. März 1997 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:
1. Wieviele Schulversuchsanträge zur Führung eines Unterrichtsgegenstandes "Ethik,'
(oder ähnliches) liegen für das kommende Schuljahr im Bundesministerium vor?
Antwort:
Landesschulrat für Tirol:
BRG und BORG Landeck
BORG Innsbruck, Fallmerayerstraße 7
Akademisches Gymnasium Innsbruck
Höhere technische Bundeslehr- und Versuchsanstalt Innsbruck, Trenkwalderstraße 2
Landesschulrat für Vorarlberg:
BORG Götzis
B ORG Lauterach
Stadtschulrat für Wien:
BORG Hegelgasse 12
BORG Anton Baumgartner-Straße 123
2. Für welche Schulen und welche Klassen?
Antwort:
An den obgenannten AHS-Standorten sollen 1997/98 jeweils die 5. Klassen den Schulversuch
führen,
Am Standort HTL Trenkwalderstraße Innsbruck beinhaltet der Schulversuchsantrag die Führung
in allen Jahrgängen der HTL-Tagesformen und in allen Fachschulklassen (Tagesform) dieses
Standortes, insofern ist hier eine andere Situation als im AHS-Bereich gegeben.
3. Wer waren die jeweiligen Initiatoren der Schulversuche und welche Stellungnahme
haben dazu die Schulpartnerschaftsgremien abgegeben?
Antwort:
Als Initiatoren können im wesentlichen die Lehrer der betreffenden Schule genannt werden; die
Schulgemeinschaftsausschüsse haben mit klarer Mehrheit, zum Teil auch einstimmig, die Schul-
versuchsanträge unterstützt.
4. Wurden die Schulversuchsanträge im Kollegium des Landesschulrates behandelt?
Antwort:
Die Schulversuchsanträge der Vorarlberger und Tiroler Schulen wurden jeweils im Kollegium
behandelt, aber keiner förmlichen Beschlußfassung unterzogen.
Das Kollegium des Stadtschulrates für Wien hat einen förmlichen Beschluß über die Durch-
führung der Schulversuche gefaßt,
5. Scheint die einleitend zitierte Begründung für den Schulversuch, man wolle damit jene
Schüler, die sich vom Religionsunterricht abmelden, zur Teilnahme an einem Ersatz-
unterricht verpflichten ("Religionsflüchtlinge" abschrecken), in den Schulversuchsan-
trägen auf und wenn ja, in den
Anträgen welcher Schulen?
6. Wenn nein, wie gehen Sie dann mit der Tatsache um, daß Ihnen die Antragsteller
wesentliche Motive verschwiegen haben?
Antwort:
In den Schulversuchsbegründungen bzw. der Darlegung der Motivation ist von "Abschreckungs-
strategien" durch die Einführung des Ethikunterrichtes nicht die Rede. Vielmehr beweisen alle
Anträge das hohe Verantwortungsbewußtsein der Lehrerschaft, da sie über die Schulversuche zu
einem ethischen Fundament über die bestehende Verankerung im Fächerkanon hinaus beitragen
und so die Jugendlichen besser auf die Herausforderungen des Lebens vorbereiten will. Es ist ein
wesentliches Motiv bei allen Schulversuchsanträgen, jene Schüler verpflichtend den Ersatzunter-
richtsgegenstand Ethik besuchen zu lassen, die keinen Religionsunterricht haben. Eine Beschrän-
kung nur auf jene Schüler, die sich förmlich vom Religionsunterricht abmelden, ist nicht Inhalt der
Modelle.
7. Über welche fachliche Ausbildung zur Abhaltung des Ethikunterrichts verfügen jene
Lehrerinnen und Lehrer, welche in den Schulversuchsklassen derzeit Ethik unterrich-
ten oder dies ab Herbst 1997 in den genehmigten Schulversuchen tun wollen?
Antwort:
Zur Zeit gibt es keine spezielle Lehramtsausbildung für einen Unterrichtsgegenstand Ethik. Aus
den verschiedenen Modellbeschreibungen geht jedoch hervor, daß prinzipiell jene Lehrer den
Ethikunterricht erteilen sollen, die aufgrund ihrer Lehramtsausbildung in besonderer Weise
geeignet sind, die Zielsetzungen dieses Unterrichtsgegenstandes zu erreichen. Der Themenbereich
"Ethik" ist jedenfalls in den Studienrichtungen "Pädagogik - Psychologie - Philosophie" und
"Theologie" in vielfältiger Weise enthalten, sowie in diversesten Fortbildungsveranstaltungen unter
verschiedensten Titeln (z.B. "Weltethik", "Minderheiten", Rassismus") zu finden, Die Religions-
lehrer werden vom Unterricht dieses Gegenstandes nicht ausgeschlossen sein. Da es sich bei den
Schulversuchsschulen um Standorte handelt, die sich dem Anliegen eines vertiefenden Ethik-
Faches in besonderer Weise widmen, weisen auch alle genannten Standorte Personen auf, die
durch ihre Aus- und Fortbildung, teilweise auch durch Zweitstudien, hohe Fachkenntnisse
besitzen. Diese individuelle Komponente wird parallel zu den Schulversuchsentwicklungen zu
einem generellen Qualifikationsprofil
erweitert werden müssen.
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8. In welchem Ausmaß (Semesterwochenstunden) scheint das Fach Ethik in den Lehr-
plänen der Religionspädagogischen Akademien oder in den Studienplänen bei der
Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern für den Religionsunterricht an Höheren
Schulen auf?
Antwort:
Im Studienplan der Religionspädagogischen Akademie ist das Fach Ethik, aufgrund der spezi-
fischen Situation der Theologie, thematisch in den humanwissenschaftlichen Fächern, aber auch in
den fachtheologischen Fächern entsprechend eingebunden. Das gleiche gilt auch für die Lehramts-
ausbildung der selbständigen religionspädagogischen und der kombinierten religionspädago-
gischen Studienrichtung an den theologischen Fakultäten der Universitäten. Gerade im letzteren
Bereich kann davon ausgegangen werden, daß insbesondere im Rahmen der Ausbildung der
Religionspädagogen auch spezielle Themen der Ethik behandelt werden können. Bei Durchsicht
der vorgeschlagenen Schulversuchslehrpläne und ihrer Themenbereiche erfüllen die akademischen
Fachgebiete Religionswissenschaft, Philosophie, Ethik und Sozialwissenschaft und Moraltheologie
(vor allem auch im Bezug zur Umweltethik) die Anforderungen einer spezifischen Vorbildung für
das Fach Ethik.
9. In welchem Ausmaß verfügen Lehrerinnen und Lehrer aus Philosophie, Deutsch oder
Geschichte über die erforderlichen fachlichen und fachdidaktischen Qualifikationen?
Antwort:
Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, daß aufgrund der regulären (hochschulmäßigen)
Lehramtsausbildung die Lehrer die entsprechenden didaktischen aber auch fachlichen und fach-
didaktischen Schlüsselqualifikationen aufweisen, mit denen sie sich in neue Fachgebiete einar-
beiten können. Lehrer aus den genannten allgemeinbildenden geisteswissenschaftlichen Fächern
verfügen über ein fachliches Wissen, das sie in die Lage versetzt, mit Hilfe eines spezifischen,
auch selbständig erarbeiteten, Curriculums das erforderliche Qualifikationsprofil zu erwerben.
10. Wird das Fach "Ethik" in einer anderen Form den Lehrerinnen und Lehrern, welche
ihr Wissen an die Schüler weiterzugeben
gedenken, vermittelt?
11. Im genannten Artikel wird berichtet, daß die Lehrer "zur Zeit in Ethik ausgebildet
werden".
a) wo?
b) von welchen Personen?
c) in welchem Ausmaß?
Antwort:
Es ist geplant, begleitend mit der Einführung des Schulversuches entsprechende Fortbildungs-
veranstaltungen an Pädagogischen Instituten vorzusehen.
12. Wie werden die Ethiklehrerinnen und -lehrer eingestuft und entlohnt?
Antwort:
Die Lehrer werden analog den Religionslehrern bzw. ihrem Fächerkanon entsprechend eingestuft
werden.
13. Wird der Ethikunterricht in den Schulversuchsklassen zusätzlich oder alternativ zum
Religionsunterricht angeboten?
Antwort:
Es ist davon auszugehen, daß jene Schüler den verpflichtenden Ethikunterricht besuchen müssen,
die keinen Religionsunterricht besuchen; daraus ergibt sich, daß - vom Schüler ausgehend - der
Religionsunterricht zu besuchen ist und subsidiär der Ersatzunterrichtsgegenstand Ethik. Es liegt
in der Natur der Sache, daß in ein und derselben Klasse bzw. Schulstufe - allerdings bezogen auf
verschiedene Schülergruppen - sowohl Religionsunterrichtsstunden als auch Ethikstunden
gehalten werden müssen.
14. Fallen dadurch zusätzliche Werteinheiten an und wenn ja, in welchem Ausmaß?
Antwort:
Die allenfalls zusätzlich anfallenden Werteinheiten sind jedenfalls aus dem schulischen Kontingent
aufzubringen.
15. Die geltenden gesetzlichen Bestimmungen sehen vor, daß sich Schüler vom Religions-
unterricht abmelden können. Können Schülerinnen und Schüler zu einem Ersatz-
unterricht verpflichtet werden?
16. Der Religionsunterricht ist nach § 1 des Religionsunterrichtsgesetzes für Schüler vorge-
sehen, welche einer gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaft angehören. Könnten
Schüler, auf welche dieser Umstand nicht zutrifft, zum Besuch eines ersatzweisen
Ethikunterrichts verpflichtet werden?
Antwort:
Es ist davon auszugehen, daß sowohl aus verfassungsrechtlicher als auch aus einfach-gesetzlicher
Sicht keine Bedenken bestehen, einen verpflichtenden Ethikunterricht vorzusehen; für das kom-
mende Schuljahr handelt es sich beim Ethikunterricht jedoch um einen Schulversuch,
17. In § 2 des Schulorganisationsgesetzes werden die Aufgaben der Österreichischen Schule
in einer sehr umfassenden Weise beschrieben. Umfaßt diese Aufgabe, die von allen
Lehrerinnen und Lehrern in ihrem Unterricht zu berücksichtigen ist, nicht auch
wesentliche ethische Fragen?
Antwort:
Natürlich ist davon auszugehen, daß im Hinblick auf den Zielparagraphen 2 des Österreichischen
Schulorganisationsgesetzes die ethische Bildung und Orientierung des jungen Menschen im Rah-
men des allgemeinen Erziehungsauftrags der österreichischen Schule als wesentliche Aufgabe
gesehen werden muß. Der Ersatzgegenstand Ethik vertieft dieses Angebot für jene Schüler, die
an der entsprechenden Vertiefung im Religionsunterricht nicht teilnehmen.