2176/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Pollet-Kammerlander, Anschober, Freundinnen und

Freunde haben am 20. März 1997 unter der Nr, 2201/J an den Bundesminister für Inneres eine

schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend "Bettlerverordnung" gerichtet, die folgenden

Wortlaut hat:

" 1 . Ist Ihnen dieser Gesetzesentwurfbekannt?

Wenn ja, wie lautet die Stellungnahme Ihres Ministeriums zu diesem Gesetzesentwurf

2, Werden Sie diesem Gesetzesentwurf zustimmen oder werden Sie die Zustimmung

verweigern, um ein Zeichen gegen die Diskriminierung von Armen zu setzen?

3, Welche zusätzlichen Kosten würden der Bundespolizeidirektion Graz im Falle der

Mitwirkung bei der Vollziehung der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt

Graz, mit der Maßnahmen gegen unerwünschte Formen der Bettelei erlassen werden,

entstehen?

4. Gibt es mit der Stadt Graz bzw. mit dem Land Steiermark Vereinbarungen, wonach für die

Mitwirkung der Bundespolizeidirektion Graz bei der Vollziehung der Verordnung des

Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz, mit der Maßnahmen gegen unerwünschte Formen

der Bettelei erlassen werden, als Gegenleistung die Überwachung von Teilen des Grazer

Verkehrs über die Blauen Zonen hinausgehend anderen Organen übertragen wird?

Wenn ja, wie lauten diese Vereinbarungen?

5, Seit Inkrafttreten der gegenständlichen Verordnung der Landeshauptstadt Graz (Anti-

Bettler-Verordnung) ist es zu keiner einzigen Anzeige gekommen. Haben Sie vor Zustimmung

zu diesem Landesgesetz den Bedarf an der Mitwirkung der Bundespolizeidirektion Graz bei

der Vollziehung der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz, mit der

Maßnahmen gegen unerwünschte Formen der Bettelei erlassen werden, geprüft?

Wenn ja; wie lautete die Bedarfserhebung?

Wenn nein, halten Sie es für sinnvoll, die Bundespolizeidirektion Graz mit zusätzlichen

Aufgaben zu belasten, wobei offensichtlich an der Mitwirkung bei der Vollziehung dieser

Verordnung kein Bedarf besteht?

6, Die Experten der Grazer Kriminalpolizei und Mitglieder des Jugendwohlfahrtsbeirates des

Landes Steiermark haben im Zusammenhang mit der gegenständlichen Verordnung ausgeführt,

daß Betteln ein soziales Problem ist und nicht mit polizeilichen Maßnahmen gelöst werden

kann, Teilen Sie diese Ansicht?

7, Wie wird von Ihrem Ministerium der Tatbestand des Bettelns definiert?

8, Wann liegt der Tatbestand des aggressiven Bettelns vor?

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1 :

Ja. Die Ressortstellungnahme ist beigeschlossen.

Zu Frage 2:

Gemäß Art. 97 Abs. 2 B-VG obliegt die Zustimmung zu einem Landesgesetz, das bei der

Vollziehung die Mitwirkung von Bundesorganen vorsieht, der Bundesregierung.

Da die Bundesregierung eine gleichartige Mitwirkung von Bundesorganen bei der Vollziehung

des § 2 des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes, LGBI, Nr. 51/1993, nicht beeinsprucht hat,

werde ich aus Gründen der Gleichbehandlung der Länder auch in diesem Fall der

Bundesregierung keinen Einspruch vorschlagen.

Zu Frage 3:

Nach den mir zur Verfügung stehenden Informationen wäre im Falle der Mitwirkung der

Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der BPD Graz an der Vollziehung der Verordnung

nur mit bescheidenen zusätzlichen Kosten zu rechnen, zumal die Überwachung im wesentlichen

im Zuge des üblichen Rayons- und Streifendienstes erfolgen würde.

Zu Frage 4:

Mir ist über solche Vereinbarungen nichts bekannt und ich habe keine solchen Vereinbarungen

getroffen.

Zu Frage 5:

Bisher ist es deshalb zu keinen Anzeigen gekommen, weil der Magistrat der Stadt Graz über

keine eigenen Überwachungsorgane verfügt und deshalb bislang keine exekutive Überwachung

stattgefunden hat. Auch aus diesem Grund wird die Mitwirkung der Organe des öffentlichen

Sicherheitsdienstes der Bundespolizeidirektion Graz angestrebt.

Bei gegebener Ausgangslage ist von einem Bedarf an der Vollziehung mit Organen der

Bundespolizeidirektion Graz mitzuwirken deshalb auszugehen, weil einerseits zufolge des

Art. 102 Abs. 5 B-VG die Errichtung eines eigenen Gemeindewachkörpers nicht möglich ist

und andererseits die Verordnung ohne Möglichkeit einer exekutiven Überwachung sinnlos

wäre.

Die Verordnung erging in Nutzung eines von der Verfassung zur Verfügung gestellten

Spielraumes (Art. 1 18 Abs. 6 B-VG). Ihrer Erlassung war eine außergewöhnlich lange

öffentliche Diskussion vorangegangen. Der Umstand, daß es sich um die Mitwirkung an der

Vollziehung einer selbständigen Verordnung handelt, rechtfertigt keine unterschiedliche

Behandlung der Landeshauptstadt Graz und der Bundeshauptstadt Wien, zumal in beiden

Fällen die Mitwirkung durch Landesgesetz bewirkt wird,

Zu Frage 6:

Hiezu würde mir von der Bundespolizeidirektion Graz mitgeteilt, daß es seitens der

kriminalpolizeilichen Abteilung dieser Behörde zur Verordnung nie eine offizielle

Stellungnahme gegeben hat. Ein Referent dieser Abteilung hat als Mitglied im

Jugendwohlfahrtsbeirat des Landes Steiermark anläßlich einer Diskussion über das geplante

Steiermärkische Landes-Sicherheitsgesetz ein Statement zur Kinderbettelei abgegeben; der

Beamte hat hiebei ausschließlich seine persönliche Meinung wiedergegeben. Wiewohl auch ich

der Meinung bin, daß Kinderbettelei kein sicherheitspolizeiliches, sondern primär ein soziales

Problem ist, habe ich doch Verständnis für das Bedürfnis nach einer exekutiven Überwachung

der Verordnung.

Zu den Fragen 7 und 8:

Die Definition dieser Tatbestände ist keine Angelegenheit der Vollziehung des Bundesministers

für Inneres. Ich ersuche daher um Verständnis, wenn ich von einer inhaltlichen Beantwortung

dieser Fragen absehe.

 

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