2178/AB XX.GP

 

Beantwortung

der Anfrage der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek und Genossen

betreffend Fragen zum Bericht zur sozialen Lage in Österreich 1995,

Nr. 2159/J.

Zur beiliegenden Anfrage führe ich folgendes aus:

Zu Frage 1 :

Die Zahl der erledigten Anträge auf Heilverfahren (Rehabilitation, Kur., Genesungsaufenthalt)

und Erholungsaufenthalte ist 1996 gegenüber dem Vorjahr um rund 17% zurückgegangen, die

der genehmigten Anträge um rund 14,5% . Noch stärker gesunken ist die Zahl der eingereich-

ten Anträge; dies wird sich allerdings zum Teil erst im Jahr 1997 auswirken.

Die Ausgaben der Krankenversicherungsträger für Gesundheitsfestigung und Krankheitsver-

hütung sind von 1995 auf 1996 um 10,7% gesunken, die der Pensionsversicherungsträger für

Gesundheitsvorsorge und Rehabilitation um 10,5%.

Zu Frage 2:

Eine Auswertung für den Zeitraum September 1996 bis Jänner 1997 ergibt, daß sich der

Bestand an Versicherten, für die weniger bzw. kein Dienstgeberbeitrag zur Arbeitslosenversi-

cherung zu entrichten war, von 4.168 (September 1996) auf6.630 (Jänner 1997) erhöht hat

(+ 59 %). Der Großteil davon fiel unter die Altersgruppe 50 bis 55jähriger (Bonus 1), nämlich

4.892 Personen (73%). Für 1.738 Personen (26 %) wurden keine ALV-Beiträge (Dienst-ge-

beranteil) bezahlt (Bonus 2).

Beim Malus ist gleichfalls eine Steigerung festzustellen, von 357 Fällen im September 1996 auf

1.039 Fälle im Jänner 97 (+ 291 %).

Zu Frage 3:

Im Zeitraum 1991-1996 blieb die Zahl jener Arbeitslosen, die keine Leistung beziehen, weit-

gehend stabil (rund 20.000 im Jahresdurchschnitt in den Jahren 1991-1996). In den letzten

Jahren stand dabei einem leichten Rückgang bei den Männern eine ebenfalls leichte Zunahme

bei den Frauen gegenüber. Insgesamt ist damit der Anteil der nicht Leistung beziehenden Ar-

beitslosen an allen Arbeitslosen von 11,3 % im Jahr 1991 kontinuierlich auf 9,3% 1996 ge-

sunken.

Jahresdurchschnittsbestand an Arbeits-

losen, die keine Leistung beziehen -

Jahr     Insgesamt1     Männer     Frauen

1991      20.563           10.849        9.712

1992      19.688           10.943        8.745

1993      21.089           11.105        9.985

1994      20.394           10.445        9.949

1995      20.384             9.963      10.421

1996      21.338             9.370      11.968

1 )Rundungsdifferezen möglich

Zu Frage 4:

Um eine möglichst weitgehende Einheitlichkeit bei der Einstufung der Pflegebedürftigkeit zu

gewährleisten, finden laufend Gespräche zwischen den Entscheidungsträgern und meinem Res-

sort statt. Auch die Überprüfung der ärztlichen Sachverständigengutachten durch den je-

weiligen chefärztlichen Dienst der Entscheidungsträger trägt zu einer einheitlichen Begutach-

tungs-praxis bei.

Im Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales wurde zum Thema "Qualitäts-

sicherung" eine Arbeitsgruppe eingesetzt, in der alle Entscheidungsträger nach dem Bun-

despflegegeldgesetz und auch die Länder vertreten sind. Diese Arbeitsgruppe hat die Aufgabe,

laufend Möglichkeiten zu einer weiteren Verbesserung der Qualität in der Pflegeversorgung zu

prüfen.

Im Zuge dieser Maßnahmen hat sich eine bundeseinheitliche Entscheidungspraxis herausge-

bildet, die den Intentionen des Gesetzgebers und den festgelegten Einstufungskriterien ent-

spricht. Der Zufriedenheitsgrad des betroffenen Personenkreises mit der jeweiligen Einstufung

spiegelt sich auch in der geringen Anzahl der Klagen bei den Arbeits- und Sozialgerichten wie-

der.

Die tatsächlichen Aufwendungen für das Pflegegeld liegen innerhalb der prognostizierten Aus-

gaben.

Zu Frage 5:

Vorweg möchte ich feststellen, daß durch die Umsetzung des Assoziationsabkommens EG-

Türkei und des Beschlusses des Assoziationsrates - ARB 1/1980 türkische Arbeitnehmer EU-

Bürgern nicht gleichgestellt werden. Während EU-Bürger von Anfang an Freizügigkeit am

Arbeitsmarkt genießen, haben türkische Staatsangehörige nur unter bestimmten, im ARB

1/1980 festgelegten V0raussetzungen und nur vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus Mit-

gliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs einen Rechtsanspruch auf eine Be-

schäftigungsbewilligung. Ein Rechtsanspruch auf freien Zugang zu jeder Beschäftigung im

Lohn- oder Gehaltsverhältnis entsteht erst dann, wenn sich die türkische Arbeitskraft entweder

bereits fünf Jahre rechtmäßig in Österreich aufgehalten hat oder bereits vier Jahre ord-

nungsgemäß in Österreich bewilligt beschäftigt war. Keinesfalls erwächst türkischen Ar-

beitskräften ein Recht auf Einreise nach Österreich bzw. ein Recht auf erstmalige Zulassung

zum Arbeitsmarkt unmittelbar nach ihrer Einreise.

Das Assoziierungsabkommen und der Beschluß des Assoziationsrates beschränken sich somit

auf Rechtsansprüche zur Integration bereits rechtens zugelassener und lange anwesender Tür.-

ken, die zum überwiegenden Teil ohnehin bereits im Rahmen einer Beschäftigung aufgrund

einer Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines in den österreichischen Arbeitsmarkt inte-

griert sind. Seit der Anwendung des ARB 1/1980 hat sich gezeigt, daß ein Neuzugang türki-

scher Arbeitskräfte aus dem Potential der über fünf Jahre aufhältigen Familienangehörigen, die

bisher noch nicht in Beschäftigung standen, nur sehr moderat erfolgt. Außerdem wird die Be-

schäftigung türkischer Arbeitskräfte auf die Höchstzahl nach dem Ausländerbeschäfti-

gungsgesetz angerechnet.

Zu Frage 6:

Hier verweise ich auf den bereits ausgearbeiteten Entwurf eines Bundesgesetz, mit dem das

Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wer-

den. Die Bundesregierung hat am 6. Mai 1 997 beschlossen, diesen Entwurf als Regierungs-

vorlage in den Nationalrat einzubringen.

Die Regierungsvorlage geht von der Zielsetzung aus, die bisherigen Leistungsberechtigten

(also im wesentlichen Österreicher) in ihrem Anspruch nicht zu schmälern und einen Kosten-

schub durch die teilweise Einbeziehung von Ausländern dadurch zu vermeiden, daß die

Anspruchsvorraussetzungen mit einer achtjährigen Beschäftigung in den letzten zehn Jahren eng

gezogen werden, sofern kein anderer Inlandsbezug (Geburt, Hälfte der Lebenszeit oder der

Schulzeit in Österreich) vorhanden ist.

Exakte Schätzungen der Mehrkosten sind deshalb schwierig, weil ein Teil des betroffenen Per-

sonenkreises nach so langer Zeit des Aufenthaltes eingebürgert sein kann, jedenfalls aber An-

spruch auf einen Befreiungsschein hat, was schon derzeit zu einem - befristeten - Notstandshil-

feanspruch führt. Überdies ist zu bedenken, daß während des Notstandshilfebezuges vor allem

weniger qualifizierte Arbeitnehmer in den gesamten Bereich verfügbarer Arbeitsplätze vermit-

telt werden können. Rein rechnerisch denkbare Mehrkosten werden sich daher meiner Auffas-

sung nach in der Praxis in Grenzen halten.

Zu Frage 7:

Ich bin ständig bemüht, durch eine verstärkte Informationsarbeit und durch zur Verfü-

gungstellung von Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds die Anzahl der im öffentlichen

Dienst beschäftigten Behinderten zu erhöhen. Mit Wirksamkeit vom 1. April 1997 konnte

dadurch das Kontingent der Behindertenplanstellen, welches für die Integration Schwerstbe-

hindeter in das Berufsleben vorgesehen ist, um 50 erhöht werden. Somit stehen derzeit 450

Planstellen für die Förderung der Beschäftigung Behinderter zur Verfügung.

Aufgrund der Personalhoheit der einzelnen Ressorts ist es mir aber nicht möglich, direkt Ein-

fluß auf die Einstellung behinderter Mitarbeiter durch andere Bundesminister/Innen zu nehmen.

Zu Frage 8:

Grundsätzlich ist festzuhalten, daß die Stufen, Verfahren und die Kriterien für die Umsetzung

der Wirtschafts- und Währungsunion bereits einstimmig festgelegt wurden und Österreich dies

durch seinen Beitritt zur Europäischen Union akzeptiert hat.

Ausgehend von dieser rechtlichen und politischen Übereinkunft, strebt Österreich jedoch im

Rahmen der Regierungskonferenz die Verankerung der Vollbeschäftigung als Zielbestimmung

im EG-Vertrag an. Darüber hinaus soll ein eigenes Beschäftigungskapitel geschaffen werden,

das ermöglicht, die erreichten Fortschritte einer koordinierten Beschäftigungs- und Arbeits-

marktpolitik auf europäischer und nationaler Ebene zu überprüfen.

Dieser österreichische Vorschlag hat bereits die Zustimmung einer Reihe von Mitgliedstaaten

erhalten und es besteht die realistische Chance, daß diese Forderung zur Stärkung der be-

schäftigungspolitischen Dimension im Rahmen der Regierungskonferenz verwirklicht wird.

Damit wäre ein Schritt in die richtige Richtung gesetzt, um die Voraussetzungen für die Um-

setzung der Wirtschafts- und Währungsunion durch eine koordinierte Beschäftigungspolitik zu

ergänzen.

Abschließend ist auch daraufhinzuweisen, daß sich mittel- und langfristig die österreichische

Teilnahme an der 3 . Stufe der WWU positiv auf Wachstum und Beschäftigung auswirken wird:

Die Verhinderung von kompetitiven Abwertungen von Handelspartnern (z.B. Italien), die Ein-

sparung von Transaktionskosten, die höhere Wettbewerbsintensität beispielsweise im Bereich

der Finanzdienstleistungen werden das BIP-Wachstum (laut einer im Februar 1997 veröffent-

lichten WIFO-Studie) in einem Fünf-Jahres-Zeitraum um 2 1/4 im Vergleich zur Nichtteil-

nahme anheben. Daraus resultieren positive Wirkungen für die Arbeitsmarktentwicklung.

Kurzfristig ergibt sich jedoch für den österreichischen Arbeitsmarkt ein erhöhter Anpassungs-

bedarf an die geänderten Rahmenbedingungen.

Zu Frage 9:

Das Antrittsalter für die vorzeitige Alterspension wegen langer Versicherungsdauer wurde

nicht angehoben. Die Anhebung des Antrittsalters von 55 auf 57 Jahre erfolgte bei der vor-

zeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit für Männer.

Konkrete Aussagen über die Auswirkungen dieser Maßnahme auf das durchschnittliche

Zugangsalter können mangels entsprechender Daten noch nicht getroffen werden. Die Anträge

auf vorzeitige Alterspensionen - und hier wiederum insbesondere die Anträge auf vorzeitige

Alterspension wegen gemindeter Arbeitsfähigkeit - sind aber deutlich rückläufig.