2183/AB XX.GP

 

Auf die - aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigeschlossene - schriftliche

parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Hermann Mentil und Genossen vom

20. März 1997, Nr. 2209/J, betreffend Einführung des "Luxemburger Modells.' als Maßnahme

gegen die Schwarzarbeit in der Bauwirtschaft, beehre ich mich folgendes mitzuteilen:

Einleitend möchte ich darauf hinweisen, daß sich das Bundesministerium für Finanzen

selbstverständlich des volkswirtschaftlichen Problems der Schattenwirtschaft (deren Umfang

bislang nur vage abzuschätzen war) bewußt ist und sich daher ständig um deren Eindäm-

mung bemüht. Insbesondere werden auch Maßnahmen begrüßt, von denen Beschäftigungs-

und Konjunkturimpulse zu erwarten sind, wie dies bei gesteigerten Investitionsleistungen in

der Bauwirtschaft der Fall ist.

Bezüglich der Mehrwertsteuerbelastung ist vorweg festzuhalten, daß die Mehrwertsteuer auf

Leistungen an private Endverbraucher in sämtlichen Mitgliedstaaten der EU und anderen

marktwirtschaftlichen Systemen eingehoben wird und der in Österreich erhobene Umsatz-

steuersatz von 20% genau im Mittelfeld der in der EU erhobenen Sätze (15-25%) liegt,

Grundsätzlich ist es vorstellbar, daß durch eine Reduzierung der Umsatzsteuer (etwa im

Bereich des privaten Wohnbaus) ein Teil der bisherigen Schwarzarbeit in legale Leistungen

übergeführt werden könnte, doch bezweifelt das Bundesministerium für Finanzen, daß damit

tatsächlich ein Drittel der bisherigen Schwarzarbeit erreicht würde. Dieser Wert wurde offen-

bar aus einer Befragung abgeleitet, wobei seitens der Befragten möglicherweise eine Über-

bewertung des Kostenfaktors Umsatzsteuer vorliegt.

Zu 1.:

Vom Bundesministerium für Finanzen liegen keine Untersuchungen oder Berechnungen

über die budgetären Auswirkungen der Umsetzung des "Luxemburger Modells" in Österreich

vor, da bislang keine konkreten Überlegungen hinsichtlich der Einführung eines derartigen

Modells angestellt wurden.

Zu 2.:

Die Studie des WlFO ist dem Bundesministerium für Finanzen selbstverständlich bekannt.

Gegenüber den in der Anfrage dargestellten Ergebnissen dieser Berechnungen ist jedoch

aus der Sicht des Bundesministeriums für Finanzen ergänzend auf folgendes hinzuweisen:

Sämtliche Berechnungen des WlFO wurden - wie mir berichtet wird - auf die Annahme

gestützt, daß eine Rückerstattung der Umsatzsteuer im Ausmaß von 10% auf drei Jahre

befristet ist. Durch die Anreizwirkung einer Befristung ist davon auszugehen. daß die positi-

ven Effekte (insbesondere hinsichtlich Beschäftigung und Wachstum) höher ausfallen, als

bei unbefristeter Einführung des Modells. Gleichzeitig ist davon auszugehen, daß die Wir-

kungen nach Ablauf der Frist ebenso rasch wieder verebben.

Hinsichtlich des vom WIFO berechneten Umsatzsteuerverlustes ist zu konkretisieren, daß

sich die in der Anfrage angeführten 12 Mrd. S jeweils auf ein Jahr beziehen. Auf drei Jahre

kumuliert wurde ein Einnahmenverlust von 36 Mrd. S bzw. (unter der Annahme einer Legali-

sierung eines Drittels der bisher illegalen Leistungen) 34 Mrd. S errechnet. Die in der Anfrage

dargelegte Auffassung, daß der Einnahmenverlust bei der Umsatzsteuer durch höhere

Sozialversicherungsbeiträge, Lohn- und Einkommensteuern sowie ersparte Arbeitslosen-

gelder weitgehend kompensiert wird, kann, nach Auffassung des Bundesministeriums für

Finanzen, aus der Studie nicht herausgelesen werden, Nach der Modellrechnung erhöht sich

das Aufkommen bei den direkten Steuern und den Sozialversicherungsabgaben um etwa

16 Mrd. S, und die Staatsschuld würde (wiederum auf drei Jahre kumuliert) um rund

17 Mrd, S steigen, wobei diese Werte Rundungsdifferenzen beinhalten.

Auch bei der in der Anfrage aufgezeigten, aus der WIFO-Studie abgelesenen Steigerung

des BIP um 0,3% ist zu konkretisieren, daß es sich dabei um einen Zeitraum von drei Jahren

und nicht - wie es aus der Anfrage abgeleitet werden könnte - von einem Jahr handelt.

Durchschnittlich würde somit das BIP (wiederum unter der Annahme einer Befristung des

Modells auf drei Jahre) um 0,1 % pro Jahr steigen, womit die Kosten-Nutzen-Relation dieser

Maßnahme ausgesprochen schlecht wäre.

Zu 3.: .

Das Bundesministerium für Finanzen steht einem derartigen Modell im Sinne der Eindäm-

mung der Schattenwirtschaft und einer Belebung der Beschäftigung zwar grundsätzlich

positiv gegenüber, gleichzeitig ist jedoch einschränkend darauf hinzuweisen, daß sich Öster-

reich, im Gegensatz zu Luxemburg, derzeit in einer Phase der Budgetkonsolidierung

befindet, die den Spielraum für budgetexpansive Maßnahmen drastisch einschränkt.

Hinsichtlich einer längerfristigeren Perspektive ist das Bundesministerium für Finanzen

durchaus offen für Initiativen ähnlich dem ,'Luxemburger Modell", vor allem wenn absehbar

ist, daß davon nachhaltige Beschäftigungseffekte und eine merkliche Eindämmung der

Schattenwirtschaft ausgehen, die auf andere - für die budgetäre Situation weniger nachtei-

lige - Weise nicht zu erreichen wären.

Zu 4. :

Eine derartige Initiative ist zur Zeit vom Bundesministerium für Finanzen nicht geplant.

Zu 5.:

Diesbezügliche Gespräche haben nicht stattgefunden.

Zu 6.:

Aus steuerlicher Sicht ist - abgesehen von verstärkter Kontrolle - vor allem auf eine ökolo-

gische Steuerreform mit Umschichtung der Steuerbelastung vom Faktor Arbeit zu den

Ressourcen und eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage von derzeit ausschließlich

lohnabhängigen Abgaben, was ebenfalls eine Lohn(neben)kostenentlastung ermöglichen

würde, vorstellbar. Diese Punkte sind auch ein wichtiger Teil der Vorgaben an die Steuerre-

formkommission.