222/AB
Herrn
Präsidenten des Nationalrats
Dr. Heinz FISCHER
Parlament
1017 W i e n
Die Abgeordneten zum Nationalrat Wabl, Freundinnen und Freunde haben am 27. Februar 1996 unter der Nr. 176/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Unterstützung der Republik Slowenien bei einer Schließung des Atomkraftwerks Krsko gerichtet, deren Wortlaut in der Beilage angeschlossen ist.
Einleitend dazu halte ich grundsätzlich fest, daß eine Reihe der von den Antragstellern aufgeworfenen Fragestellungen nicht in die Zuständigkeit des Bundeskanzleramts fällt. Die Beantwortung dieser Aspekte beruht auf Stellungnahmen des Bundesministeriums für Finanzen, des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten, des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten sowie des Bundesministeriums für Umwelt.
Die einzelnen Fragen beanworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1, 2 und 3:
Ich halte fest, daß die österreichische Bundesregierung ihre bereits vor Stellung des genannten Entschließungsantrags begonnenen Aktivitäten zur Förderung und Unterstützung einer vorzeitigen Schließung des Atomkraftwerks Krsko mit unverminderter Intensität fortgeführt hat.
Unter der Verantwortung des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten fand vom 22. bis 24. Jänner 1996 in Laibach eine Verhandlungsrunde zur Ausarbeitung eines bilateralen Informationsabkommens im Bereich der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes statt. Das Abkommen wurde am
16. April 1996 vom Ministerrat verabschiedet.
Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten teilt mit, daß am 15. und 16. Februar 1996 in Wien die 3. Tagung der österreichisch-slowenischen "Gemischten Kommission für bilaterale Außenwirtschaftsbeziehungen" abgehalten wurde, wo in der Protokollvereinbarung das österreichische Interesse an einer Intensivierung der Zusammenarbeit auf dem Energiesektor bekräftigt wurde. Vorrangige Projekte stellen dabei die Errichtung einer Kraftwerkskette an der Save sowie einer Rauchgasentschwefelungsanlage für das Kraftwerk Sostanj dar. Dabei wurden auch Möglichkeiten, einen österreichischen Beitrag zu einer allfälligen vorzeitigen Schließung des Atomkraftwerks Krsko zu leisten, weiter ausgelotet.
Weiters hat Österreich im Rahmen der Tagung die Bedeutung eines hohen Niveaus an nuklearer Sicherheit unterstrichen und in diesem Zusammenhang die Paraphierung des bereits erwähnten Abkommens begrüßt.
Darüber hinaus habe ich die Einsetzung einer interministeriellen Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz des Bundeskanzleramts veranlaßt, in die die Bundesländer Steiermark
und Kärnten sowie maßgebliche Umweltorganisationen eingebunden sind. Die konstituierende Sitzung hat am 15. April 1996 in Wien stattgefunden.
Zu den Fragen 4 und 5:
Da die Regierung der Republik Slowenien vorerst noch keine Bereitschaft zu einer vorzeitigen Schließung des Kernkraftwerks Krsko zu erkennen gegeben hat, wurden bisher auch keine Forderungen für den Fall der Schließung des Kernkraftwerks gestellt. Ich habe jedoch bereits im Juni 1995 den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ersucht, gemeinsam mit der Österreichischen Elektrizitätswirtschafts AG die energiewirtschaftlichen Grundlagen und Chancen österreichischer Stromlieferungen, die als Basis für politische Gespräche mit-der Republik Slowenien dienen könnten, zu prüfen und mir darüber zu berichten. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat dieses Ersuchen an die Österreichische Elektrizitätswirtschafts AG delegiert, welche mir im November vergangenen Jahres die wesentlichen Resultate ihrer Gespräche mit der slowenischen
Elektrizitätsgesellschaft ELES mitgeteilt hat. wie mir berichtet wird, hat die Österreichische
Elektrizitätswirtschafts AG ein gleichlautendes Schreiben an den Präsidenten des Nationalrats gerichtet.-
Weiters weise ich darauf hin, daß interne Kalkulationsdaten von Unternehmen im allgemeinen nicht zur Verfügung gestellt werden und seitens der Kraftwerksbetreiber angegebene Gestehungskosten daher nicht im einzelnen verifiziert werden können.
Zu Fra e 6:
Die Regierung der Republik Kroatien hat bislang auf diesbezügliche vorgebrachte Ansinnen äußerst reserviert reagiert. Eine gemeinsame Erörterung konkreter Strategien konnte daher noch nicht vorgenommen werden.
Zu Frage 7:
wie mir der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mitteilt, könnte die zur Substitution des im Kernkraftwerk Krsko erzeugten Stroms erforderliche elektrische Energie zur Zeit aufgrund der Leitungssituation innerhalb Österreichs und Norditaliens nicht gesichert bereitgestellt werden.
Grundsätzlich stellen befristete Ersatzlieferungen jedoch nach wie vor eine der im Rahmen eines Gesamtpakets möglichen Optionen dar. Ich weise allerdings auch darauf hin, daß die angegebenen Finanzierungserfordernisse einen vollständigen Ersatz der Stromproduktion des Kernkraftwerks Krsko durch Lieferungen österreichischer Unternehmen, die weitestgehend von der öffentlichen Hand zu finanzieren wären, nicht realisierbar erscheinen lassen.
Zu Frage 8:
Zu dieser Fragestellung liegen dem zuständigen
Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten keine
Informationen vor.
Zu Frage 9:
Slowenien ist Schwerpunktland der vom Bundeskanzleramt verwalteten österreichischen Ostunterstützung. Im Herbst 1995 wurden mit der slowenischen Unterstützungskoordinierungsstelle Energie und Umwelt als Schwerpunktsektoren festgelegt. Im Rahmen der Ostunterstützung ist im Bundeskanzleramt derzeit ein integriertes Energieprogramm für Slowenien in Arbeit. Darüber hinaus verweise ich auf die finanziellen Unterstützungs- und Förderungsinstrumente des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten und des Bundesministeriums für Umwelt.
Zu Frage 10:
Im Hinblick darauf, daß gerade eine Artikulation der österreichischen Regierung zu diesem Thema als Einmischung in innere Angelegenheiten der Republik Slowenien mißverstanden werden könnte, wurde von einer medialen Ankündigung Abstand
genommen. Die Regierung der Republik Slowenien ist allerdings von der österreichischen Bereitschaft, im Bereich der Energieversorgung und der Umstrukturierung der
Energiewirtschaft Sloweniens zu kooperieren und Unterstützung zu leisten, bestens unterrichtet. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf mein Angebot einer "Energiepartnerschaft", das ich dem slowenischen Ministerpräsidenten bereits im Juli 1994 unterbreitet habe.
Zu Frage 11:
Bei der in Aussicht genommenen trilateralen Zusammenarbeit mit
Slowenien und Italien werde ich das Thema Krsko in geeigneter
Weise ansprechen.
Zu Frage 12:
Seit Beginn der Eigenstaatlichkeit der Republik Slowenien wurden mit Slowenien Verhandlungen über den Abschluß eines Abkommens über den frühzeitigen Austausch von Informationen über radiologische Gefahren bzw. Fragen gemeinsamen Interesses aus dem Bereich der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes geführt. Wie bereits in der Beantwortung von Frage 2 dargestellt, erfolgte am 24. Jänner 1996 die Paraphierung dieses Abkommens und am 16. April 1996 die Beschlußfassung im Ministerrat. Mit der Unterzeichnung und Einleitung des Ratifikationsverfahrens kann daher noch heuer gerechnet werden.
Bezüglich der Notfallpläne verweise ich auf die Zuständigkeit der Länder für Angelegenheiten des Katastrophenschutzes, halte aber fest, daß von der Abteilung für Staatliches Krisenmanagement ein Rahmenalarmplan für Unfälle in grenznahen Kernkraftwerken ausgearbeitet wurde, der die Meldewege vom Ereignis bis zur Auslösung konkreter Maßnahmen festlegt.
Diesem allgemeinen Alarmplan wurde im Verlauf der Krise in Ex-Jugoslawien im Jahre 1991 ein besonderer Teil betreffend das Kernkraftwerk Krsko beigefügt.
Da Österreich aus einer Reihe von'Gründen keines der internationalen Vertragssysteme im Bereich der Nuklearhaftung ratifiziert hat, besteht derzeit kein eindeutiger Rechtstitel zur Geltendmachung von Haftungsansprüchen. Eine Rechtsgrundlage für Haftungsansprüche stellt möglicherweise das
Völkergewohnheitsrecht dar, mangels eines Präzedenzfalls wäre aber der Ausgang eines derartigen Verfahrens äußerst ungewiß.
Zu den Fragen 13 und 14:
Grundsätzlich ist festzuhalten, daß Österreich Fragen der nuklearen Sicherheit im Rahmen der Vor-Beitrittsstrategien der Europäischen Union für die mittel- und osteuropäischen Länder nachdrücklich thematisiert hat. Es ist als Erfolg der österreichischen Bemühungen zu werten, daß im Rahmen des Europa-Abkommens zwischen Slowenien und der Europäischen Union Maßnahmen im Bereich der nuklearen Sicherheit besonders hervorgehoben wurden. Auch setzt sich Österreich inbesondere im Rahmen von PHARE dafür ein, daß der Energiesektor der Reformstaaten in seiner Gesamtheit berücksichtigt wird und insbesondere der Verbesserung der Effizienz der Energienutzung sowie erneuerbaren Energieträgern größeres Gewicht zukommt. Hinzuzufügen ist jedoch, daß die Umsetzung dieser Haltung wesentlich von den Prioritäten der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union beeinflußt werden wird.
Zu Frage 15:
Wie mir der Bundesminister für Finanzen mitteilt, übernimmt der Ost-West-Fonds der Finanzierungsgarantiegesellschaft (FGG) teilweise die Absicherung des kommerziellen Risikos von Beteiligungen österreichischer Unternehmen in Reformstaaten, darunter Slowenien. Dies gilt auch für die in der Frage angesprochenen energiewirtschaftlichen Projekte. Derzeit sind Instrumente in Diskussion bzw. Ausarbeitung, die spezifisch auf die Förderung von Projekten im Bereich der kommunalen Infrastruktur und der Energiewirtschaft abzielen.
Aufgrund der jüngst beschlossenen Novelle des
Umweltförderungsgesetzes können künftig auch
energiewirtschaftliche Projekte im Ausland gefördert werden.
Die Entscheidung über konkrete Förderungen obliegt dem zuständigen Bundesministerium für Umwelt.
Zu Frage 16:
Wie mir der Bundesminister für Finanzen mitteilt, können die bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD) und Global Environment Facility (GEF) eingerichteten Konsulententreuhandfonds Beratungsleistungen und Machbarkeitsstudien zur Vorbereitung von Projekten der jeweiligen Entwicklungsbank bzw. der GEF übernehmen. Die Finanzierung von Projekten zur Nutzung erneuerbarer Energien und zur Realisierung von Effizienzprogrammen ist grundsätzlich möglich, Voraussetzung dafür ist ein prioritäres Interesse des Nehmerlandes.