2270/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat ANSCHOBER, Freundinnen und Freunde

haben am 16. April 1997 unter der Nr. 2294/J an den Bundesminister für Inne-

res eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend " Wiener Kurdenmor-

de" gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:

"1 . Bei der Überwachung der iranischen Botschaft, in der sich einer der

Attentäter verborgen hielt, kam es zu einer Weisung des damaligen

Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit, diese Überwachung zu

lockern. Wie lautete der Wortlaut dieser Weisung? Gab es vor dieser

Weisung politische Interventionen beim damaligen GD in Richtung

dieser Weisung? Wenn ja, welche und mit welchem konkreten Wortlaut?

Liegt ein Akt bzgl. der Überwachung der iranischen Botschaft vor?

Wie lautet der Inhalt dieses Aktes?

2. Liegen im Innenministerium bzw. bei der Wiener Polizei Informationen

darüber vor, daß es im fraglichen Zeitraum zu direkten Interventionen

bei der Wiener Polizei kam, wie dies von einem österreichischen Beamten

im Mykonos-Verfahren ausgesagt wurde? Wenn ja, wann genau kam es

zu den Interventionen? Wie lautet der Wortlaut des entsprechenden

Aktenvermerkes? Wer wurde wann über diesen AV informiert?

3. Kam es im Bereich der Exekutive bzw. des Ministeriums in der

gegenständlichen Angelegenheit zu Interventionen bzw. Vorsprachen

anderer Ministerien bzw. Personen? Wenn ja, wann genau von wem und

mit welchem konkreten Inhalt? Wie lauten die entsprechenden Akten-

vermerke?

4. Liegen dem Innenministerium bereits die Österreich-Details des

Mykonos-Prozesses vor? Welche konkreten Österreich-Bezüge

wurden dabei gezogen? Welche Zeugenaussagen werfen Österreich

vor, auf politischen Druck des Irans die Attentäter entkommen haben

zu lassen? Wie bewertet das Innenministerium den Österreich-Bezug

im Mykonos-Verfahren und welche konkreten Konsequenzen werden

daraus gezogen?"

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1 :

Zunächst erging am 29.11.1989 eine Weisung des damaligen Generaldirektors

für die öffentliche Sicherheit, die bei der Bundespolizeidirektion Wien wie folgt

dokumentiert ist:

"Die Personenkontrolle ist fortzusetzen, sie hat schonend zu erfolgen und sich

nur auf möglicherweise in Frage kommende Personen zu beziehen. Die Kon-

trolle ist durch Krb durchzuführen, seitens der SWB ist nur Assistenzleistung zu

gewähren.

Seitens der Sicherheitswache sind anstelle der Doppelposten Einzelposten auf-

zustellen, sodaß das gesamte SWB-Kontingent um drei Mann zu reduzieren ist".

Am 5.12.1989 erfolgte eine weitere Weisung des damaligen Generaldirektors für

die öffentliche Sicherheit, die von der BPD Wien wie folgt im Wortlaut festge-

halten wurde:

"Über Antrag des Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit, SektChef

Dr. DANZINGER, und nach Rücksprache mit dem Hrn. Polizeipräsidenten Dr.

BÖGL sind die am 28.11.1989 bei der iranischen Botschaft erfolgten Fahn-

dungsmaßnahmen auf den Stand vor dem 28.11.1989 zu reduzieren. Vor der

Botschaft versehen daher ab sofort nur mehr zwei Krb Dienst".

Der Weisung vom 5.12.1989 ging eine Protestnote der iranischen Botschaft an

das BMA voran, die der damalige Generalsekretär des BMA dem damaligen

Generaldirektor fiir die öffentliche Sicherheit zu Informationszwecken übergab.

Hinweise auf eine politische Intervention in diesem Zusammenhang bestehen

nicht. Die diesbezüglichen Unterlagen befinden sich in den jeweiligen Akten

betreffend "Kurdenmorde".

Zu Frage 2:

Es wurde mir versichert, daß im Bundesministerium für Inneres und bei der

Bundespolizeidirektion Wien keine Informationen über direkte Interventionen

bei der Wiener Polizei im fraglichen Zeitraum vorliegen. Auch die Zeugenaus-

sage des österreichischen Beamten im Mykonos-Prozeß enthält keine derartigen

Angaben.

Zu Frage 3:

Bei der Bundespolizeidirektion Wien liegen keine Informationen über Interven-

tionen bzw. Vorsprachen anderer Ministerien bzw. Personen in der gegenständ-

lichen Angelegenheit vor.

Im übrigen verweise ich auf den dritten Absatz der Antwort zu Frage 1 .

Zu Frage 4:

Dem Bundesministerium für Inneres liegt bisher nur eine Aussendung der Se-

natsverwaltung für Justiz in Berlin, in welcher die mündliche Urteilsbegründung

auszugsweise wiedergegeben wurde, vor. Darin befindet sich unter Hinweis auf

den Entschluß der politischen Führung des Iran, die Opposition im Ausland aus-

zuschalten, auch folgender Passus, der eine Verbindung zu dem Mordanschlag

auf Dr. GHASSEMLOU IN Wien herstellt: "Die Tötung des damaligen Vorsit-

zenden der DPK-I Dr. Abdul Rahman GHASSEMLOU und zwei seiner Ver-

trauten am 13.7.1989 in Wien sowie die hier abgeurteilte Tat sind Folgen dieses

Entschlusses. Der rote Faden, der die Geschehnisse von Wien und Berlin ver-

bindet, ist unübersehbar. Es ist auszuschließen, daß sie aufKonflikte unter kur-

dischen Oppositionsgruppen zurückzuführen sind".

Nähere Details werden erst der schriftlichen Urteilsausfertigung, die bisher noch

nicht vorliegt, entnommen werden können.

Die Bewertung des Österreich-Bezuges im Mykonos-Prozeß und allfällige

Schlußfolgerungen daraus im Zusammenhang mit dem in Österreich anhängigen

Strafverfahren obliegen primär den Justizbehörden.