2289/AB XX.GP

 

An den

Herrn Präsidenten des Nationalrates

zur Zahl 2293/J-NR/1997

Die Abgeordneten zum Nationalrat Anschober, Freundinnen und Freunde haben an

mich eine schriftliche Anfrage, betreffend Wiener Kurdenmorde, gerichtet und fol-

gende Fragen gestellt:

"1 . Kam es in der gegenständlichen Angelegenheit bei den Justizbehörden bzw.

beim Innenministerium zu Interventionen bzw. Vorsprachen? Wenn ja, von

wem und mit welchem konkreten Inhalt? Wie lautet der Wortlaut der entspre-

chenden Aktenvermerke?

2. Kam es in der Causa zur Kontaktaufnahme durch andere Regierungsstellen,

etwa durch das Außenamt? Wenn ja, wie lautet der Wortlaut der jeweiligen Ak-

tenvermerke?

3. Wurden die Justizbehörden bzw. das Justizministerium über Interventionen

und politischen Druck des Irans informiert? Wenn ja, von wem und mit welchen

konkreten Konsequenzen? Wie lauten die entsprechenden Aktenvermerke?

4. Wie begründet das Justizministerium die langen Verzögerungen der Ausstel-

lung des jeweiligen Haftbefehls gegen die Attentäter durch den damaligen U-

Richter? Kam es bei diesem zu lnterventionen oder politischen Weisungen?

Wenn ja, durch wen und mit welchem wörtlichen lnhalt?

5. Liegen dem Justizministerium bereits die Österreich-Details des Mykonos-Pro-

zesses vor? Welche konkreten Österreich-Bezüge wurden dabei gezogen?

Welche Zeugenaussagen werfen Österreich vor, auf politischen Druck des

lrans die Attentäter entkommen haben zu lassen? Wie bewertet das Justizmi-

nisterium den Österreich-Bezug im Mykonos-Verfahren und welche konkreten

Konsequenzen werden daraus gezogen?,'

Ich beantworte diese Fragen wie folgt:

Zunächst verweise ich auf den Bericht des Bundesministeriums für Justiz vom

12. Mai 1997 betreffend die Wiener Kurdenmorde; dieser Bericht ist unter anderem

auch den Klubobleuten der fünf im Parlament vertretenen Fraktionen zugemittelt

und der Öffentlichkeit zur Information zur Verfügung gestellt worden.

Zu 1: .

Aus den Akten des Justizressorts ergeben sich folgende mündliche und fernmündli-

che Interventionen sowie Vorsprachen:

a) Der in der Strafsache betreffend die Wiener Kurdenmorde vom 13. Juli 1989 als

sogenannter ,'Journalrichter" tätig gewordene Richter des Landesgerichtes für

Strafsachen Wien Dr. Seda hat am 27. Juli 1989 folgenden Amtsvermerk verfaßt

. (außerhalb der Strafgerichtsbarkeit nicht gebräuchliche Abkürzungen sind in den folgenden

Textwiedergaben grundsätzlich ausgeschrieben):

"Im Hinblick auf die Meldung der "AZ.' vom 26.7.1 989' in welcher von Ministerialrat Dr. Schulz des

Bundesministeriums für Inneres Vorwürfe gegen die Justiz erhoben werden, da seiner Meinung

nach nicht rechtzeitig Haftbefehle ausgestellt wurden, wird folgendes aktenmäßig festgehalten:

Nachdem am 16.7. um 21:05 Uhr Haftbefehle gegen Bozorgian und Mustafa Ajvadi erlassen wur-

den (siehe Antrags- und Verfügungsbogen S. 3 c), wurde durch Dr. Nevoral (Staatspolizeiliches

Büro) eine Telefonverbindung zu Ministerialrat Dr. Schulz hergestellt, welcher gegenüber den Be-

amten des staatspolizeilichen Büros den Wunsch geäußert hat, mit dem gefertigten Richter zu

sprechen. Ministerialrat Dr. Schulz zeigt sich durch die Berichte des staatspolizeilichen Büros

über die Vorgänge informiert und wußte, daß neuerlich Haftbefehle beantragt wurden. Er ver-

suchte mich zu veranlassen, keine Haftbefehle gegen Personen auszustellen, die in der Irani-

schen Botschaft sich befinden und begründete dies mit der Gefahr diplomatischer Verwicklungen.

Es wurde ihm von mir mitgeteilt, daß diese Haftbefehle bereits ausgestellt sind und daß die Ju-

stizbehörden nur nach dem Gesetz vorzugehen haben und auf allfällige diplomatische Schwierig-

keiten keine Rücksicht zu nehmen haben."

b) Am 4. August 1989 hat der iranische Botschafter in Österreich Shirazi mit zwei

Begleitern bei Bundesminister Dr. Foregger vorgesprochen. Der vom damaligen

Leiter der für Einzelstrafsachen zuständigen Abteilung des Bundesministeriums

für Justiz Generalanwalt Dr. Mayerhofer aufgenommene Aktenvermerk hat fol-

genden Wortlaut:

"Am 4.8. wurde der iranische Botschaher in Österreich Shirazi mit zwei Begleitern von Bundesmi-

nister Dr. Foregger in meinem Beisein empfangen.

Er wies darauf hin, daß die irakischen Kurdenführer Talebani, derzeit im Iran, und Barezani (es

handelt sich um Vertreter zweier verschiedener Gruppierungen) Kenntnis über ihnen feindselig

gesinnte irakische Mudjaheddin haben, aus deren Kreise die Täter stamrnen könnten. Der Bot-

schafter sagte eine Verständigung zu. wenn sich Talebani wieder in Wien aufhalten sollte.

Talebani war auch beim ersten Geheimtreffen im Jänner dieses Jahres in Wien Delegationsmit-

glied. Von diesem Treffen war die iranische Botschaft nicht informiert. Diese Gespräche waren

sehr zufriedenstellend verlaufen. Ein hiebei aufgenommenes Tonband befindet sich im Iran.

Auch Dr. Ferdinand Hennerbichler, Journalist der Wiener Zeitung, sei ein ausgezeichneter Exper-

te für das Kurdenproblem.

Aus den Unterlagen, die die Polizei im Tatzimmer sichergestellt hat, darunter ein Tonbandkasset-

te mit der Aufzeichnung der Verhandlungen, sei zu erkennen, daß die Gespräche erfolgverspre-

chend verlaufen waren .

Gegner der sich anbahnenden Verständigung waren

1 . die Regierung des lrak,

2. Die Volksmudjaheddin' eine iranische Opposition' die im Exil im lrak lebt,

3. die kommunistischen Kurden im Iran (Komule),

4. die Separatistische Kurdische Partei unter ihrem Führer Rastegari.

Der Botschafter erklärte, Bozorgian sei bei dem Attentat nicht anwesend gewesen, weil er etwas

kaufen wollte. Auf der Straße sei ihm Djafa Saharoodi entgegengetaumelt und er habe sofort Hilfe

geleistet. Saharoodi habe infolge seiner schweren Verletzung sinnesverwirrte Angaben gemacht

und werde in einem Brief nunmehr alles richtigstellen. Bozorgian, dessen psychischer Zustand

schlecht sei, befinde sich derzeit in der iranischen Botschaft in Wien.

Ober das Schicksal des sechsten Mannes Hadjoudeh (= Avjadi) wissen die iranischen Botschafts-

angehörigen in Wien nichts. Der Botschaft war die Einreise der drei Iraner zu den Verhandlungen

überhaupt unbekannt.

Gegenüber der Frage, ob eine iranische Untersuchungskommission nach Österreich entsendet

werden sollte, nahm Bundesminister Dr. Foregger eine ablehnende Haltung ein, die von der Dele-

gation akzeptiert worden ist."

c) Am 10. August 1989 hat der Gesandte Dipl.Ing. Mohammad Mobarhan bei Ge-

neralanwalt Dr. Mayerhofer vorgesprochen. Der darüber aufgenommene Akten-

vermerk hat folgenden Wortlaut:

"Betrifft Mord an einer kurdischen Verhandlungsdelegation

am 13. Juli 1989 in 1/Vien

Nach Voranmeldung erschienen heute am 10.8.1989 um 17.00 Uhr Gesandter Dipl.lng. Moham-

mad Mobarhan in Begleitung seines Dolmetschers Dr. Manoutchehr Valai und überreichte mir im

Beisein von Staatsanwalt Dr. Benner eine Ablichtung der Zeitschrift der islamischen Gemein-

schaft mohammedanischer Studenten im Ausland, das offizielle Organ der iranischen Volks-

mudjaheddin Nr. 73 vom 19. Mai 1989, die in Osterreich von ihren Anhängern verkauft wird (um

einen halben Dollar).

Der Gesandte weist darauf hin, daß nach den Ausführungen, die dem Führer der Volksmudjahed-

din Rastegari zugeschrieben werden müssen, Ort und Zeit der Verhandlungen zwischen den Füh-

rern der Kurden und Vertretern der iranischen Regierung durch ihren Sender ausgestrahlt worden

seien .

Ferner habe Rastegari nach diesem Zeitungsausschnitt wiederholt erklärt, daß die Verräter an

der kurdischen Sache unter ihrem Führer Dr. Ghassemlou bestraft werden und die sich anbah-

nenden Friedensgespräche vereitelt werden müßten. Es sei daher eindeutig zu erkennen, wo die

Väter des blutigen Verbrechens zu suchen seien.

Auf meine Frage erklärte der Gesandte dezidiert, daß Mohamed Djafari-Sahraroodi, Amir Man-

sour Bozorgian-Assl und Moustafa Ajvadi von den drei Staatsgewalten der iranischen Republik,

nämlich der Legislative, der Exekutive und der Justiz, zu den Gesprächen in Wien ermächtigt

worden waren. Bozorgian-Assl halte sich nach wie vor in der iranischen Botschaft in Wien auf. der

Aufenthalt von Moustafa Ajvadi sei auch ihm unbekannt.

Gesandter Mobarhan hat sich eingehend für die Aufhebung des Haftbefehls gegen Bozorgian-

Assl eingesetzt und zugesichert, daß nach Aufhebung des Haftbefehls sich auch Sahraroodi, der

zur Zeit im lran ärztlich versorgt werde, wieder den österreichischen Behörden zur Verfügung ste-

hen werde.

Überdies sagt er weitere lnformationen zur Aufklärung dieses Attentates zu."

d) ln einem aus Anlaß der vorliegenden Anfrage eingeholten Bericht der Staatsan-

waltschaft Wien vom 6. Mai 1997 führt Staatsanwalt Dr. Fasching folgendes aus:

"Bei der Staatsanwaltschaft Wien kam es nach Erinnerung des Berichtsverfassers wohl am

17.8.1989 zu einer Intervention eines Rechtsanwalts, offenbar Dris. Wolfgang Wiedner, der sich

als Verteidiger des Amir Mansour Bozorgian-Assl auf dessen schriftlich vorliegende Vollmacht be-

rief. Von diesem Einschreiter wurde offenbar gleichzeitig ein Antrag auf "Zurückziehung des Be-

gehrens nach strafgerichtlicher Verfolgung des Amir Mansour Bozorgian-Assl" eingebracht, wel-

cher Antrag mit Bericht vom 18.8.1989 als Berichtsbeilage den Oberbehörden vorgelegt worden

war. Der Rechtsanwalt sprach dabei. soweit sich der Gefertigte noch zu erinnern vermag, unter

Berufung auf sein schriftliches Vorbringen beim damaligen Behördenleiter vor, bei welcher Gele-

genheit auch der Berichtsverfasser anwesend war. Ein Aktenvermerk wurde damals offensichtlich

deswegen nicht angelegt, da das Begehren des erschienen Verteidigers ohnehin aus dessen

schriftlichem Antrag zum Ausdruck gelangt war."

e) In dem eben zitierten Bericht hält Staatsanwalt Dr. Fasching über eine am

23. August 1990 erfolgte Vorsprache des Schwiegervaters des Ermordeten

Dr. Rasool folgendes fest:

'Am 23.8.1 990 sprach der Schwiegervater des Ermordeten Dr. Rasool, Prof. Dr. Rockenschaub,

beim damaligen Behördenleiter der Staatsanwaltschaft Wien vor, bei welcher Gelegenheit auch

der Berichtsverfasser beigezogen wurde. Prof. Dr. Rockenschaub kündigte damals eine schriftli-

che Eingabe an. In diesem Zusammenhang wurde vom Berichtsverfasser ein Aktenvermerk des

lnhaltes ,AV vom 23.8.1990 Heute sprach Prof. Dr. Rockenschaub (Schwiegervater des ermorde-

ten Dr. Rasool) beim Herrn Behördenleiter in Gegenwart des gefertigten Referenten vor und kün-

digte schriftliche Eingabe an" angelegt. Dieser Aktenvermerk hat den weiteren Wortlaut: "Im Hin-

blick auf OStA 23.073/90 wurde am 21.8. vom Gefertigten der zuständige UR Dr. Danek kontak-

tiert; dieser erklärte, persönlich nicht nach Teheran reisen zu wollen'.

f) Ferner führte Staatsanwalt Dr. Fasching in dem zuletzt zitierten Bericht über eine

Vorsprache von Dr. Susanne Rasool-Rockenschaub folgendes aus:

"Nach der Erinnerung des Berichtsverfassers dürfte auch die Witwe des Ermordeten Dr. Rasool,

Dr. Susanne Rasool-Rockenschaub, offenbar persönlich, allenfalls jedoch nur fernmündlich, beim

Berichtsverfasser einmal in der gegenständlichen Angelegenheit vorgesprochen haben. Wann

diese Vorsprache erfolgt war, kann vom Berichtsverfasser nicht mehr angegeben werden. Da-

mals dürfte seitens Dr. Susanne Rasool-Rockenschaub offenbar Kritik an den in der vorliegenden

Strafsache erfolgten' von ihr als ineffizient betrachteten Verfolgungshandlungen zum Ausdruck

gebracht worden sein. Vom Berichtsverfasser wurde in diesem Zusammenhang kein Aktenver-

merk angelegt."

g) Am 16. April 1997 hat der Abgeordnete zum Wiener Landtag Dr. Pilz bei mir vor-

gesprochen. Über diese Vorsprache hat der stellvertretende Leiter der Sektion IV

Dr. Manfred Schausberger folgenden Bericht verfaßt:

"BM Dr. Michalek hat den Gefertigten (in seiner Eigenschaft als stellvertretenden SL) zur Teilnah-

me an einer vom Abgeordneten zum Wiener Landtag Dr. PlLZ begehrten Vorsprache der

Dr. Susanne Rassoul-Rockenschaub am 1 6.4.1 997 eingeladen.

Zur Besprechung erschienen Dr. Pilz jedoch mit N. Ghassemlou, der Witwe eines Terroropfers,

und darüber hinaus ein naher Angehöriger des Opfers.

N. Ghassemlou beschwerte sich über die österreichische Vorgangsweise bei der Aufklärung des

Mordgeschehens, die ganze Angelegenheit sei von Anfang nicht ordnungsgemäß behandelt wor-

den, und es sollte nunmehr auf Grund des Berliner Urteils die Angelegenheit neu untersucht und

in Ordnung gebracht werden. Es sollten die Fehler, die österreichische Ermittler und die österrei-

chische ,Justiz aus Staatsräson gemacht haben, untersucht und festgestellt werden. Es stehe

fest, daß die österreichischen Behörden die Mörder laufen gelassen habe.

BM Michalek führte zusammenfassend aus, daß nach der ihm bekannten Aktenlage keine An-

haltspunkte dahin vorlägen, daß ein mit den Erhebungen befaßter Beamter der Sicherheitsbehör-

den bzw. ein mit der Durchführung des Strafverfahrens Befaßter strafrechtlich relevante Verhal-

terer Folge die ersten Angaben der nunmehr zur Verhaftung Ausgeschriebenen als unzutreffend

beurteilt wurden' so haben anfanglich Staatsanwaltschaft und Gericht übereinstimmend die

Sachlage auf Grund der zunächst vorgelegenen Berichte und Erkenntnisse dahin beurteilt, daß

der schwerverletzte Sahraroodi als Opfer anzusehen war und auch gegen Bozorgian ein Tatver-

dacht in Richtung einer Mittäterschaft an den Morden nicht bestand. Mag sich auch aus nachträg-

licher Sicht die damalige Einschätzung als unzutreffend herausgestellt haben, so ist dies kein

ausreichender Hinweis auf das Vorliegen eines strafbaren Verhaltens eines Untersuchungsor-

gans.

schließlich gab der Bundesminister zu bedenken, daß einer der später als Verdächtige Behan-

delten unrnittelbar nach der Tat geflohen und der Justiz nie zur Verfügung gestanden ist, gegen

den zweiten Verdächtigen nach Bekanntwerden eines Verdachtes wegen eines anderen Deliktes

(§ 95 StGB) sofort ein Haftbefehl erlassen wurde, der wegen des Aufenthaltes des Betroffenen in

der iranischen Botschaft aber nicht vollzogen werden konnte, und gegen den nunmehr dritten

Verdächtigen zunächst keine hinreichenden Verdachtsmomente vorlagen, im Gegenteil dieser

auf Grund der beim Überfall erlittenen schweren Verletzungen zunächst sogar als Opfer angese-

hen wurde und daher kein Anlaß für freiheitsentziehende Maßnahmen bestand. Den untersu-

chenden Justizbehörden habe sich ein ihn berührender Tatverdacht erst nach dessen erfolgter

Ausreise aus Österreich ergeben.

Auf Befragen durch Dr- Pilz, welchen standpunkt der Bundesminister zur Einsetzung eines parla-

mentarischen Untersuchungsausschusses in dieser Angelegenheit einnehme, erklärte der Bun-

desminister, das sei ausschließlich Angelegenheit der Parlamentarier, denen er keinen Ratschlag

zu geben habe."

h) Auf Grund meiner Zusage anläßlich der Präsentation des eingangs angespro-

chenen Berichtes des Bundesministeriums für Justiz vom 12. Mai 1997 betref-

fend die Wiener Kurdenmorde, den Parlamentariern in dieser Sache über diesen

Bericht hinaus für ergänzende Auskünfte zur Verfügung zu stehen, hat sich am

14. Mai 1997 der Abgeordnete zum Wiener Landtag Dr. Pilz fernmündlich an

mich gewendet und habe ich mit ihm eine Vorsprache unter Beiziehung des Ab-

geordneten zum Nationalrat Anschober beim Berichtsverfasser LStA Dr. Manfred

Schausberger vereinbart. Diese hat am 15. Mai 1997 stattgefunden. Als Ergeb-

nis wurden die vom Abgeordneten zum Nationalrat Anschober in Ergänzung zum

eingangs erwähnten Bericht gewünschten Ablichtungen aus den Justizministe-

rialakten mit Schreiben vom 20. Mai 1997 zur Verfügung gestellt. Die gleichen

Ablichtungen habe ich mit Schreiben vom selben Tag an die Klubobleute der an-

deren vier im Parlament vertretenen Parteien übersendet.

Zur Klarstellung halte ich auch noch fest, daß ich die Anwesenheit von Angehörigen

der Botschaft der lslamischen Republik Iran bei einem vom Journalrichter am

16. Juli 1989 durchgeführten Ortsaugenschein, bei einer am selben Tag in Gegen-

wart des Journalrichters durchgeführten polizeilichen Einvernahme des Amir Man-

sour Bozorgian-Assl sowie bei einer gerichtlichen Einvernahme des verletzten Ira-

ners Djafari Sahraroodi im Krankenhaus am 20. Juli 1 989 nicht vom Begriff der ln-

tervention bzw Vorsprache im Sinne der Anfrage erfaßt sehe.

Soweit sich die Frage auch auf lnterventionen bzw. Vorsprachen beim Bundesmini-

sterium für lnneres bezieht, geht sie über meinen Vollziehungsbereich hinaus, so-

daß mir insoweit eine Beantwortung der gestellten Frage nicht zusteht.

Zu 2:

Da diese Frage ausdrücklich auf Kontaktaufnahmen durch andere Regierungsstel-

len und die hierüber verfaßten Aktenvermerke abstellt, gehe ich davon aus, daß von

der Frage nicht schriftliche Mitteilungen, sondern mündliche und fernmündliche Kon-

takte von Regierungsmitgliedern und Vertretern anderer Zentralstellen mit Vertretern

der Justiz erfaßt sind.

Aus den Akten des Justizressorts ergeben sich folgende Kontaktaufnahmen:

a) ln einer zwischen dem Leiter der politischen Sektion des Bundesministeriums für

auswärtige Angelegenheit Dr. Schmid und einem Vertreter der iranischen Bot-

schaf-t getroffenen Vereinbarung vom 16. Juli 1989, ist - in Unkenntnis des erlas-

senen Haftbefehls gegen Bozorgian - von österreichischer Seite zugesagt wor-

den, daß Bozorgian nach der Teilnahme am Lokalaugenschein und nach der

Vernehmung wieder in die iranische Botschaft zurückgebracht werden kann. Der

als Journalrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien eingeschrittene Dr.

Seda hat darüber am 16. Juli 1989 folgenden Amtsvermerk verfaßt:

'.Dr. Nevoral teilt mit, daß zwischen dem Leiter der politischen Sektion des BMA Botschafter

Dr. Schmid und der lranischen Botschaft in Unkenntnis des Haftbefehls ausgehandelt wurde' daß

Mansour Bozorgian-Assl im Falle einer Aussage bei der Polizel wieder in die Botschaft zurück-

kehren kann. lm Hinblick auf die Tatsache' daß die Fluchtgefahr zwischenzeitig weggefallen ist,

zieht StA Dr. Gruber den Haftantrag zurück und wird von mir der Haftbefehl aufgehoben und Dr.

Nevoral davon informiert."

Im Tagebuch der Staatsanwaltschaft Wien findet sich dazu folgender Vermerk

der Staatsanwältin Dr. Gruber:

'.Rückziehung des Hahbefehles gegen Bozorgian, 15.55 Uhr.

Bozorgian reiste nicht ab, befindet sich jetzt in der Iranischen Botschaft und erklärt sich zu weite-

rer Beschuldigenvernehmung bereit. Leiter der Außenpolitischen Sektion im BMfaA Botschafter

Dr. Schmid vereinbart Lokalaugenschein und Vernehmungstermin und verbürgt sich iranischer

Botschaft gegenüber, daß Bozorgian wieder in die Botschaft zurückgebracht werde. Derzeitige

Haftgründe entfallen. Journalrichter Dr. Seda begibt sich zu Lokalaugenschein; StA lehnt Teilnah-

me ab."

Der Vollständigkeit halber wird im folgenden ein weiterer Amtsvermerk des Jour-

nalrichters Dr. Seda vom selben Tag auszugsweise wiedergegeben:

"Nach der Vernehmung wird der Beschuldigte entsprechend dem im vorherigen AV erwähnten

Vereinbarungen des BMA in die Botschaft zurückgebracht' wo er um 20.45 Uhr eintrifft.

Vom gef. Journalrichter wird Frau StA Dr. Gruber telefonisch vorn Ergebnis verständigt und bean-

tragt diese um 21.05 Uhr Haftbefehl gegen Amir MANSOUR BOZORGlAN-ASSL, geboren

11.7.1958, wegen § 95 (1) StGB aus dem Haftgrund des § 175 Abs. 1 Z 2 und 3 StPO sowie ge-

gen Mustafa AJVADl alias HADJODEH wegen § 95 (1) StGB aus dem Haftgrund des § 175 Abs.

1 Z 2 StPO. Der Haftbefehl wird mündlich erteilt und um 21.25 Uhr die Ausfertigungen dem

Staatspolizeilichen Büro übergeben."

b) Am 28. Juli 1989 kam es im Bundesministerium für Justiz unter dem Vorsitz von

Bundesministers Dr. Foregger zu einer Besprechung zur Vorbereitung einer an-

schließenden Pressekonferenz. Das über diese Besprechung vom Leiter der Ab-

teilung IV 2 des Bundesministeriums für Justiz Generalanwalt Dr. Mayerhofer

aufgenommene Resümeeprotokoll hat folgenden Wortlaut:

"Am 28- Juli 1989 fand unter dem Vorsitz des BM Dr. Foregger unter Anwesenheit des BM

Löschnak eine Besprechung zum Gegenstand statt, an der teilgenommen haben: Seitens des

BMJ SChef Dr. Fleisch. GA Dr. Mayerhofer, MR Dr. Litzka, StA Dr. Pelant; seitens der OStA

Wien LOStA Dr. Schneider, seitens der StA Wien Hofrat Dr. Olscher, StA Dr. Fasching; seitens

des BMA Generalsekretär Dr. Klestil' Botschaft Dr. Schmid' Gesandter Dr. Pammer. Für das BMl

-haben teilgenommen Generaldirektor Dr. Danzinger und MR Dr. Schulz. Für die Staatspolizei ha-

ben teilgenommen Dr. Liebhart, Dr. Kessler und Dr. Sabitzer.

BM Löschnak erklärte eingangs, er habe im Abendjournal vorgestern und in der ZlB 2 gestern

keine Kritik an Maßnahmen der Justiz geübt, Es gebe Auffassungsunterschiede zu drei Punkten:

1. Nach der Tat am 13. Juli hat die Polizei (man möge nicht immer von der Staatspolizei spre-

chen) die Verdachtsgründe gegen Bozorgian anders beurteilt als Journalstaatsanwältin und

Journalrichter.

2. Am 15. Juli, zu Mittag, enthielten die Erhebungsergebnisse mehr Verdachtsmomente, während

die Justiz keine neuen Verdachtsmomente sah. Zu den bisherigen Erhebungen kam die Aussa-

ge Bozorgians hinzu, er wäre zur Tatzeit bei Mac Donalds gewesen, um Essen zu besorgen.

Von Angestellten der Mac Donalds-Kette konnte dies nicht bestätigt werden. Da Bozorglan

aber bereits nach der Vernehmung am 14. Juli sich in die iranische Botschaft begeben hatte,

kommt diesem Umstand keine Bedeutung zu. Erst arn Nachmittag des 1 5. Juli ergab sich ein

entscheidender Widerspruch zwischen der Aussage des Sahraroodi und Bozorgian, wonach

Sahraroodi Bozorgian unmittelbar nach dem Attentat im Vorzimmer gesehen habe.

3.Am Sonntag' dem 16. Juli, kam es zu der umstrittenen Suspendierung des Haftbefehles. Hiezu

gibt der politische Direktor Botschafter Dr. Schmid vom BMA an, daß der Botschafter des lran

bereits am Samstag verlangte, den Verletzten Sahraroodi besuchen zu dürfen. Am Sonntag

hat der iranische Botschafter diesen seinen Wunsch wiederholt. lm Zusammenwirken mit den

Sicherheitsbehörden kam man überein, dem Botschafter vorzuschlagen, wenn er Bozorgian

vernehmen lasse, könne er Sahraroodi besuchen. Der Botschafter ist darauf nicht eingegan-

gen. Nach einer neuerlichen Bitte des iranischen Botschafters wurde auch der U-Richter be-

fragt, mit dem Ergebnis, der iranische Botschafter dürfe nunmehr zuerst Sahraroodi besuchen,

unter der Voraussetzung, Bozorgian lasse sich von den Sicherheitsbehörden vernehmen, wo-

bei ihm versprochen werden sollte, wieder in die iranische Botschaft zurückkehren zu können.

Erst nach Zusage dieser Vorgangsweise durch die Sicherheitsbehörden und den U-Richter

fand dann dieses Tauschgeschäft statt. Bozorgian ist wieder in die iranische Botschaft zurück-

gekehrt. Sahraroodi war noch bis zum Freitag, dem 21. Juli. im Spital und hat sich dann wieder

in den Iran begeben, wo er nach Mitteilung der iranischen Botschaft auch eingetroffen ist.

StA Dr. Fasching schildert sodann den Tatverdacht gegen Sahraroodi aus seiner Sicht. Der

Schwerverletzte begibt sich von der Tatortwohnung weg, die Tür bleibt einen Spalt offen. Er be-

merkt im Vorzimmer seine beiden Begleiter Bozorgian und Ajvadi. Nach der Aussage des Bozor-

gian sei dieser aber nicht anwesend gewesen. Dies also im Widerspruch zu Sahraroodi, der ihn

am Tatort gesehen haben will. Nach der Schilderung Sahraroodi haben Bozorgian und Ajvadi eine

Hilfeleistung über ausdrückliches Ersuchen abgelehnt. Diese Diskrepanz zeigt auf, daß die drei

Delegationsmitglieder des Iran möglicherweise nicht unter einer Decke gesteckt sind. Sahraroodi

begibt sich zur Nachbarwohnung, ruft "help, police!"' darauf wird die Polizei angerufen. Die Witwe

des Dr. Fadel Rasoud' Frau Dr. Rasoud-Roggenschaub, teilt mit, sie habe telefonisch erfahren,

daß zwischen Sahraroodi und Ajvadi eine Meinungsverschiedenheit bestanden habe.

Die Verletzung Sahraroodis ist ein gewichtiges Indiz gegen seine Mitwisserschaft. Ein Kenner der

iranischen Verhältnisse behauptet, Sahraroodi hätte geopfert werden müssen.

Gegen Sahraroodi spricht, daß neben dem Platz, wo er saß, besonders viele Patronenhülsen ge-

legen sind. Wenn er nicht der Täter war, muß einer der Schützen direkt neben ihm gestanden

sein. Der Schußhandtest verlief negativ, dies ist aber kein die Täterschaft ausschließendes Be-

weismittel, Sahraroodi wurde in den Oberarm getroffen, der Schuß durchschlug die Achsel, drang

in den Hals ein und blieb im Mund stecken. Der Kaufvertrag, der bei den Waffen gefunden wurde,

enthält eine Unterschrift, die deutlich nicht von Sahraroodi stammt."

c) Die nach dem Bericht des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten

über die Kurdenmorde (Seite 10 des chronologischen Darstellung) am 17. Au-

gust 1989 erfolgte mündliche Information an den Leiter der Abteilung IV 2 des

Bundesministeriums für Justiz Generalanwalt Dr. Mayerhofer über den Inhalt der

Besprechung zwischen dem iranischen Außenministerium und dem österreichi-

schen Missionschef in Teheran vom selben Tag ist in den Akten des Bundesmi-

nisteriums für Justiz nicht dokumentiert.

d) Anläßlich des Ministerrates vom 22. August 1989 hat Bundesminister für Justiz

Dr. Foregger über die Ermordung kurdischer Führer berichtet. Hierüber findet

sich in einem Justizministerialakt eine Notiz folgenden Wortlauts:

'.Notiz über die Ausführungen des Bundesministers für Justiz Dr. Egmont Foregger beim Minister-

rat vom 22.8.1989 betr. Morde kurdischer Führer

BM Dr. Foregger rief zunächst in Erinnerung, daß während einer Besprechung zwischen kurdi-

schen Führern und iranischen Abgesandten 3 kurdische Führer von unbekannten Tätern ermor-

det worden sind. Ein weiterer Teilnehmer wurde verletzt. Dieser Teilnehmer wurde wegen der

Verletzung, weil er für die Verständigung der Polizei sorgte und weil ein Schußhandtest bei ihm

negativ verlief, als Opfer und nicht als Täter angesehen. Dieser Person ist daher nach eingehen-

der gerichtlicher Vernehmung kein Hindernis gegen eine Ausreise in den Weg gelegt worden. Ein

fünfter Teilnehmer hat bald nach dem Ereignis in der iranischen Botschaft Zuflucht genommen.

Gegen die Zusicherung ungehinderter Rückkehr hat die iranische Seite seine Teilnahme an ei-

nem Lokalaugenschein und seine Vernehmung ermöglicht. Er befindet sich noch in der iranischen

Botschaft. Im Hinblick auf den Verdacht, er habe dem verletzten Teilnehmer nicht alsbald Hilfe

geleistet, wurde gegen ihn ein Verfahren wegen unterlassener Hilfeleistung eingeleitet und ein

diesbezüglicher Haftbefehl ausgestellt. Die staatsanwaltschaftlichen Behörden meinen nunmehr,

daß der Verdacht einer unterlassenen Hilfeleistung nicht aufrechterhalten werden könne und

schlagen die Rückziehung des Haftbefehls vor. Nach dem Vorschlag der staatsanwaltschaftlichen

Behörden ist jedoch gegen den sechsten Teilnehmer der Haftbefehl wegen des Verdachtes der

unterlassenen Hilfeleistung aufrechtzuerhalten.

Das BMJ wird mit großer Aufmerksamkeit und Gewissenhaftigkeit diesen Vorschlag prüfen und

insbesondere auch in Erwägung ziehen, ob gegen die iranlschen Teilnehmer an der Besprechung

irgendwelche Indizien für eine Teilnahme auf der Täterseite bestehen. Der sechste Teilnehmer ist

unserem Zugriff von allem Anfang an entzogen gewesen .

Das BMJ wird vor der Entscheidung über die Aufhebung des Haftbefehls jedenfalls Kontakt mit

den Sicherheitsbehörden (BMI) pflegen und auch das BMA auf dem laufenden halten."

e) Die in der Anfragebeantwortung des Bundesministers für auswärtige Angelegen-

heiten zu Zl. 2295/J-NR/1997 erwähnte fernmündliche Kontaktaufnahme vom

22. August 1989 zwischen dem Gesandten Lichem mit dem Sekretariat des Bun-

desministers für Justiz betreffend das von der US-Botschaft in Wien am selben

Tag überreichte Aide Memoire ist in den Akten des Bundesministeriums für Ju-

stiz nicht dokumentiert.

f) Am 23. August 1989 kam es zu einem Telefongespräch zwischen dem Leiter der

Präsidialsektion des Bundesministeriums für Justiz Sektionschef

Dr. Oberhammer und Ministerialrat Dr. Bertl des Bundesministeriums für Inneres.

Die darüber von Sektionschef Dr. Oberhammer verfaßte Aktennotiz hat folgen-

den Wortlaut:

"Betrifft: Kurdenmorde vom 13.7.1989

MR Dr. Litzka hat BM Dr. Foregger davon informiert, daß - wie MR Dr. Matzka (Ministerbüro BMI)

in einem Telefonat ihm gegenüber im Hinblick auf den gestrigen Kurier-Artikel zum obigen Thema

zum Ausdruck gebracht habe - die Ansicht der Sicherheitsbehörden deutlich von der im erwähn-

ten Zeitungsartikel wiedergegebenen Meinung der Anklagebehörden abweiche.

Ich bin daraufhin von BM Dr. Foregger beauftragt worden, MR Dr. Matzka um dringende Über-

mittlung allfälliger Unterlagen oder sonstiger Erhebungsergebnisse zu ersuchen. Dem bin ich

nachgekommen.

In Abwesenheit des Leiters der Gruppe Staatspolizei, MR Dr. Schulz, hat mich heute MR Dr. Bertl

(Abt. )) 7 d. BMI) angerufen und (unter Bezugnahme auf ein Ersuchen von MR Dr. Matzka) dahin

informiert. daß bei den Sicherheitsbehörden seit dem Zeitpunkt der neuerlichen Erlassung des

Haftbefehls gegen Bosorgian keine neuen Momente vorlägen, daß es zwar aufgrund verschiede-

ner Kontakte Einschätzungen der Staatspolizei gäbe, die aber von keinen neuen Erhebungser-

gebnissen gestützt seien und für die Ermittlung ohne Bedeutung seien.

lch habe darauf verwiesen, daß der Justizminister nicht sofort - voraussichtlich erst in einigen Ta-

gen nach Beurteilung der StA-Berichte durch die zuständigen Organisationseinheiten des Hauses

- zur Entscheidung kommen werde und daß wir für den Fall neuer Ergebnisse um dringende ln-

formation bzw. Übermittlung ersuchen. MR Dr. Bertl hat zugesagt, sich spätestens kommende

Woche neuerlich zu melden, jedenfalls, wenn sich Neues ergäbe...

g) Am 6. September 1989 fand im Bundesministerium für Justiz eine Dienstbespre-

chung statt, an der auch Ministerialrat Dr. Schulz vom Bundesministerium für ln-

neres teilgenommen hat. Die über diese Besprechung aufgenommene Nieder-

schrift hat folgenden Wortlaut:

"Teilgenommen haben: SChef Dr. Fleisch

GL MR Dr. Schulz

LOStA Dr. Schneider

 StellvLStA Hofrat Schmieger

StA Dr. Fasching

GA Dr. Mayerhofer

Generaldirektor Dr. Danzinger hat sich entschuldigt.

Nach eingehender Diskussion der Beweislage an Hand der Zusammenstellung des BMl und der

Gerichtsakten wird festgestellt' daß ein Tatverdacht gegen Bozorgian-Assl nach §§ 12. 75 StGB

besteht, ein eindeutiger Nachweis einer Täterschaft aber zur Zeit nicht erbracht werden kann. Es

bleiben die Gutachten des Schießsachverständigen und des gerichtsmedizinischen Sachverstän-

digen abzuwarten. Die Sicherheitsbehörde wird noch nach dem Verbleib der von Dr. Rassoul be-

nützten Wohnungsschlüssel zum Tatort forschen und die Bedeutung der Blutspuren (besonders

hin zum Dachboden) und der Papierstücke im Schloß der Hauseingangstür ermitteln.

Das BMJ behält sich die Entscheidung über die Berichte der OStA Wien vom 21.8.1989 (OStA

23.33/89) und vom 8.9.1989 (OStA 23.544/89) bis zum Einlangen dieser Beweismittel vor. Da-

nach wird die StA Wien' der alle bisherigen Aktenunterlagen samt der vom BMI hergestellten Er-

hebungsmappe zur Verfügung gestellt werden, neuerlich Bericht erstatten. Auf Grund dieses von

der OStA Wien mit ihrer Stellungnahme vorzulegenden Berichtes wird das BMJ kurzfristig zur

neuerlichen Dienstbesprechung unter Einladung des BMl' GenDion.f.d.öffentl.Sicherheit' bitten.

Eine solche Sitzung wird noch im Laufe dieses Monats in Aussicht genommen."

h) Am 6. November 1989 nahmen die Bundesminister Dr. Foregger und Dr.

Löschnak an einer Sitzung im Bundesministerium für lnneres teil. Das dem Bun-

desministerium für Justiz zur Verfügung stehende Resümeeprotokoll über diese

Besprechung hat folgenden Wortlaut:

"Sitzung irn BMl unter Teilnahme der

BM Dr. Foregger und Löschnak sowie von

SChef Dr. Fleisch

MR Dr. Zwettler

GA Dr. Mayerhofer

Dr. Kessler und

Obstl. Vogl.

Kessler führte aus, daß er die Vertreter des Iran für die unmittelbaren Täter oder Tatbeteiligten

halte und schließt dies aus folgenden Umständen:

1 . Die Gespräche für die Sitzung im Juli 1989 wurden von iranischer Seite verlangt.

2. Nur die iranischen Delegationsteilnehmer kannten Zeit und Ort des Treffens. Sahraroodi hat

erst am 12.7. diese Daten erfahren.

3. Die iranische Seite mußte den Täter eingelassen oder die Tat selbst ausgeführt haben' aller-

dings unter Zuziehung einer weiteren Person, die die Waffen weggebracht hat.

4. Die Tat hat ausschließlich den Iranern genützt.

Die EBT habe in einer aufwendigen Mosaikarbeit alle Zusammenhänge ermittelt und sei mit ihren

Erhebungen noch nicht fertig. Nach Einlangen der beiden SV-Gutachten werde die EBT einen ab-

schließenden Bericht verfassen und dem BMJ übermitteln."

Ob in dieser Strafsache noch weitere mündliche oder fernmündliche Kontaktaufnah-

men durch Regierungsmitglieder oder Bedienstete anderer Zentralstellen stattgefun-

den haben, entzieht sich meiner Kenntnis. In den mir zur Verfügung stehenden Ak-

ten sind jedenfalls keine weiteren Kontakte dokumentiert.

Zu 9:

In der ersten Phase des Strafverfahrens traten Vertreter der iranischen Botschaft in

Wahrung der Interessen ihrer Staatsbürger mehrfach in Erscheinung und waren un-

ter anderem auch - wie bereits erwähnt - bei Einvernahmen der iranischen Staats-

bürger Bozorgian und Sahraroodi anwesend.

Die vom Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten dem Bundesministeri-

um für Justiz übermittelten schriftlichen Informationen über iranische Aktivitäten wur-

den weder an die staatsanwaltschaftlichen Behörden noch an das zuständige Ge-

richt weitergeleitet. Die staatsanwaltschaftlichen Behörden und das Gericht wurden

vom Bundesministerium für Justiz auch nicht über die bereits dargestellten mündli-

chen lnterventionen iranischer Stellen beim Bundesministerium für Justiz dienstlich

informiert.

Zu 4:

Weder dem eingeschritten Journalrichter noch dem Untersuchungsrichter sind Ver-

zögerungen bei der Ausstellung der Haftbefehle, die jeweils unmittelbar nach dem

Antrag der Staatsanwaltschaft erfolgte, vorzuwerfen. Gegen Bozorgian bestand seit

15. Juli 1989 ein - wie bereits oben ausgeführt - am 16. Juli 1989 aufgehobener und

noch am selben Tag neuerlich erlassener Haftbefehl. Ebenso bestand gegen Ajvadi

seit 16. Juli 1989 ein Haftbefehl. Gegen Sahraroodi beantragte die Staatsanwalt-

schaft Wien unmittelbar nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens am

28. November 1989 Verfolgungsschritte, der Haftbefehl gegen ihn und neue Haftbe-

fehle gegen Sahraroodi und Bozorgian wurden vom Untersuchungsrichter noch am

selben Tag erlassen. Für den Untersuchungsrichter war nach dem von der Praxis

weitgehend beachteten und seit 1. Jänner 1994 in § 180 Abs. 1 StPO ausdrücklich

gesetzlich festgelegten Antragsprinzip, wonach die Verhängung einer Untersu-

chungshaft (und damit auch die vorausgehende Erlassung eines Haftbefehls) eines

Antrags der Staatsanwaltschaft bedarf, kein Grund gegeben, aus eigenem einen

Haftbefehl zu erlassen, zumal der Staatsanwalt erreichbar bzw anwesend war und

damit keine Gefahr im Verzuge im Sinne der §§ 89 Abs. 1 und 177 Abs. 1 StPO vor-

lag.

Die von Ministerialrat Dr. Schulz erfolgte Intervention gegenüber dem Journalrichter

wurde bereits erwähnt. Weitere Interventionen gegenüber den eingeschrittenen

Richtern sind nach der Aktenlage nicht erfolgt.

Zu 5:

Das Landesgericht für Strafsachen Wien ersuchte am 16. April 1997 das Kammer-

gericht Berlin um die Übersendung einer beglaubigten Urteilsablichtung. Dem Ersu

chen wurde bisher nicht entsprochen, weil das Urteil noch nicht schriftlich ausgefer

tigt ist.

Darüber hinaus richtete die Staatsanwaltschaft Wien an die Generalbundesanwalt

schaft in Karlsruhe das Ersuchen, dem nunmehr zuständigen Sachbearbeiter de

Staatsanwaltschaft Wien die Einsichtnahme in die dort vorhandenen Akten zu ge

statten, um etwaige Erkenntnisse für das österreichische Strafverfahren zu gewin

nen. Die Akteneinsicht ist nach der mir vorliegenden lnformation am 10. Juni 1997

erfolgt. Eine inhaltliche Stellungnahme zu den deutschen Unterlagen ist erst nac

deren Auswertung möglich, auch allfällige Schlußfolgerungen können erst dann ge

zogen werden.