2307/AB XX.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2550/J-NR/1997, betreffend die Standortfrage
fiir das EU-Großforschungsprojekt "Euro-Cryst", die die Abgeordneten Dr. GROLLITSCH
und Kollegen am 6. Juni 1997 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beant-
worten:
1 . Die Bundesregierung macht eine endgültige Entscheidung über die Ansiedlung vom
Rat der EU-Scientific Community abhängig. Existieren von seiten dieser bereits Stel-
lungnahmen?
Wenn ja, welche?
Antwort:
Das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr hat im Herbst des Vorjahres die Euro-
pean Science Foundation (ESF) mit der Evaluierung der beiden österreichischen Großfor-
schungsprojektvorschläge AUSTRON und EURO-CRYST Beauftragt. Die European Science
Foundation mit Sitz in Straßburg ist keine EU-Einrichtung, sondern die europäische Dach-
organisation der -jeweils nationalen Wissenschaftsfonds. Österreich ist im Board durch den
Präsidenten des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, Prof. Dr. A. Schmidt,
vertreten. Seitens der ESF liegen derzeit noch
keine Stellungahmen vor.
2. Werden im Budget 1998/99 Bundesmittel für die Großforschung vorgesehen sein?
Wenn ja, wieviel?
Wenn nein, warum nicht ?
Antwort :
Detaillierte Aussagen über das Budget 1998/99 sind derzeit noch nicht möglich-
3. lst das Projekt "Euro-Cryst" besonders berücksichtigt?
Antwort:
Es stehen nach wie vor zwei Projekte in Konkurrenz, nämlich AUSTRON und EURO-CRYST.
Beide Projekte werden "gleichbehandelt" und es gibt daher auch keine Präferenz für EURO-
CRYST.
4. Wie stehen Sie zur Möglichkeit einer Realisierung von "Euro-Cryst" auf modularer
Basis, d.h. zur stufenweisen Umsetzung des Vorhabens?
Antwort :
Eine modulare bzw stufenweise und damit auch kostenreduzierte Umsetzung des Projektes
EURO-CRYST wäre möglich und wurde bis jetzt auch von allen potentiellen Standortwerbern
in Erwägung gezogen. Allerdings ist davor zu warnen, zugleich mit einer modularen Umset-
zung eine "vorläufig" nur nationale Realisierung von EURO-CRYST anzustreben, in der Hoff-
nung auf spätere Internatiolisierbarkeit. Die Regierungserklärung spricht von der Ansiedlung
einer internationalen (!) Großforschungseinrichtung in Österreich.
5. Sind sonstige Vorbereitungen personeller und materieller Art getroffen worden, um
Österreich als Standort attraktiv zu gestalten?
Antwort :
Sowohl durch die zuständige Beamtenschaft, wie auch durch involvierte Mitglieder der scien-
tific community und nicht zuletzt durch
speziell mit Internationalisierungsaktivitäten beauf
tragte Personen (unter meinen Amtsvorgängern Dr. Busek war dies Botschafter Dr. Hambur-
ger, unter Dr. Scholten Rektor Prof. Skalicky) wurde der Standort Österreich international
bekanntgemacht und beworben.
6. Wurde bereits eine Standortwahl zugunsten Österreichs getroffen?
Wenn ja, welche Standorte sind neben dem Raum Leoben noch im Gespräch bzw.
werden andere Standorte präferiert?
Wenn nein, was spricht gegen Leoben als Standort?
Antwort:
Da derzeit noch keine Empfehlung seitens der European Science Foundation für eines der
beiden Großforschungsprojekte vorliegt, erübrigt sich eine Diskussion über eine Standortwahl
zugunsten Österreichs.
7. Die Bundesregierung hat 1996 sogar eine Zusage getroffen, eine etwaige Ansiedlung
des Euro-Cryst-Projekts mit 30% mitzufinanzieren.
Ist diese Zusage noch aufrecht?
Wenn nein, was führte zu diesem Meinungsumschwung?
Antwort:
Die Bundesregierung hat weder 1996, noch zu einem früheren Zeitpunkt, eine Aussage dar-
über getroffen, eine etwaige Ansiedlung des Projektes EURO-CRYST mit 30 % mitzufinan-
zieren. Es war vielmehr von Anfang an davon auszugehen, daß Österreich (Bund, Land, Sitz-
gemeinde, evtl. Industrie) nur unter der Voraussetzung 1/3 der Errichtungskosten aufbringen
würde, daß die restlichen zwei Drittel aus dem Ausland kämen. Das ist auch zum gegenwärti-
gen Zeitpunkt als conditio sine qua non anzusehen.
8. Wie läßt sich die Verzögerung von " Euro-Cryst" mit dem Bekenntnis zur Forschung
in der letzten Regierungserklärung
vereinbaren?
Antwort:
Es kann im Falle EURO-CRYST von keiner Verzögerung gesprochen werden, denn derzeit ist
ein höchstrangiges internationales Wissenschaftergremium mit der Evaluierung beider öster-
reichischen Projektvorschläge als Entscheidungsgrundlage für eine künftige Vorgangsweise
seitens der Bundesregierung betraut.
9. Gibt es Stellungnahmen der Industrie, vor allem der Anwenderindustrie zur Ansied-
lung des " Euro-Cryst" -Projekts im Großraum Leoben?
Wenn ja, sind sie im großen und ganzen positiv?
Antwort:
Die österreichische Industriellenvereinigung beurteilt beide Projekte, AUSTRON und EURO-
CRYST, sehr positiv. Was die Anwenderindustrie im Großraum Leoben betrifft, liegen, abge-
sehen von informellen Gesprächen auf Beamtenebene, keine offiziellen Stellungnahmen der
Industrie vor.
10. Stimmt es, daß die Wiener SP-Politikerin Mag. Brigitte Ederer das " Euro-Cryst" -
Projekt, gegebenenfalls unter einem anderen Namen, für Wien reklamiert (hat)?
Wenn ja,
a) worin liegen die Standort-Vorteile Wiens im Vergleich zu Leoben?
b) Wie weit sind die diesbezüglichen Vorbereitungen in Wien gediehen?
Antwort:
Es ist unzutreffend, daß Frau Stadträtin Mag. Brigitte Ederer das EURO-CRYST-Projekt für
Wien reklamiert hat, weder unter diesen Namen noch unter einem anderen.
11. Werden noch zu lukrierende Privatisierungserlöse für die Finanzierung der Groß-
forschung in Österreich, wie dies im benachbarten Bayern bei Forschungsvorhaben
gang und gäbe ist, bereitgestellt?
Wenn ja,
a) an welche Privatisierungserlöse ist dabei gedacht?
h) In welchen Größenordnungen bewegen sich diese?
Antwort:
Über die Verwendung und den Einsatz allenfalls zu lukrierender Privatisierungserlöse können
seitens des Ressorts keine Aussagen gemacht werden. Diesbezügliche Fragen wären primär an
den Bundesminister für Finanzen zu richten.
12. Laut einem Artikel im "Wirtschafts.Blatt" vom 23. Mai 1997 sind Sie der Ansicht,
daß sich Großforschung in Österreich nicht auszahle, und daß Sie daher die nötige
Milliarde Bundeszuschuß für die rund drei Milliarden Schilling teuren Forschungs-
zentren "Austron" oder "Euro-Cryst" nicht bereitstellen würden.
Halten Sie Ihre Ablehnung auch für einen " Euro-Cryst" -Standort Leoben aufrecht,
wo es intensive und fruchtbare Forschungskooperation mit der Industrie gibt?
Wenn ja, warum?
Antwort:
Großforschung in Österreich "zahlt sich" sicher nicht "aus", wenn nicht für die Ansiedlung
einer derartigen Einrichtung mindestens zwei Drittel der Errichtungskosten aus dem Ausland
konnten. Da es derzeit keine Signale für derartige ausländische Investitionen und auch noch
keine Empfehlung für eines der beiden Projekte AUSTRON und EURO-CRYST durch die
ESF gilt, ist eine Diskussion über den Standort Leoben obsolet. Von einer Ablehnung des
Standortkandidaten Leoben war nie die Rede.
13. Gründen Sie Ihre Ablehnung auf eine Studie der Münchener Fraunhofer Manage-
ment Gesellschaft, die von Tirol für den Standort Mieming in Auftrag gegeben wur-
de?
Wenn ja, was bewegt Sie dazu, das ahlehnende Ergebnis dieser Studie, das sich aus-
schließlich auf den Standort Mieming
bezieht, zu verallgemeinern?
Antwort:
Meine im Wirtschaftsblatt vom 23. Mai 1997 zitierten Äußerungen beziehen sich auf eine
Rundfunksendung vom 28. April 1997, d.h. auf einen Zeitpunkt weit vor der (inoffiziellen)
Vorinformation über den Zwischenbericht der Fraunhofer Managementgesellschaft. Aus die-
sem Grund können auch allfällige Aussagen dieser Studie keinesfalls in das zitierte Interview
eingeflossen sein, wobei noch darauf hinzuweisen ist, daß das Endergebnis der Fraunhofer
Studie derzeit noch gar nicht schriftlich vorliegt.
14. Wie begründen Sie die mit der Ablehnung einhergehende Brüskierung jener, die, wie
Rektor Scalicky oder Prof. Preininger, der Vater des " Euro-Cryst" -Projekts, mit der
ursprünglichen Zusage Ihres Ministeriums rechnend, 30 Prozent der Finanzierungs-
kosten für "Austron" oder "Euro-Cryst" zu übernehmen, diese Projekte europaweit
vorangetrieben haben?
Antwort:
Weder im Fall Prof. Skalickys noch im Fall Prof. Preisingers kann von einer Brüskierung
geprochen werden. Rektor Prof. Skalicky wurde von meinem Amtsvorgänger Dr. Scholten
ad personam mit Sondierungen hinsichtlich der internationalen Akzeptanz und allfälliger
Finanzierungsmöglichkeiten beauftragt. Prof. Preisinger hat diesbezüglich nie ein Mandat
gehabt.
15. Österreich liegt bei den F &E-Ausgaben an vorletzter Stelle im europäischen Ver-
gleich und es besteht gigantischer Nachholbedarf in der österreichischen For-
schungsförderung. Sehen Sie in der Verzögerung des " Euro-Cryst " -Projekts nicht
die Gefahr, eine weitere Chance, diesen Nachholbedarf aufzuholen, zu verpassen?
Antwort:
Es kann beim gegenwärtigen Stand der Dinge keinesfalls von einer Verzögerung des Projektes
EURO-CRYST gesprochen werden. Die Diskussion darüber, in Österreich Forschungsför-
derung über eine internationale
Großforschungseinrichtung voranzutreiben und diesbezügli-
chen Nachholbedarf zu decken, wird von der scientific communtiy und den entsprechenden
Forschungs- und Forschungsförderungseinrichtungen schon seit längerem geführt, wobei
diesbezügliche Einschätzungen keineswegs nur positiv sind.