2339/AB XX.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2402/J-NR/1997, betreffend Toleranzsemester -
Ausklammerung des Architekturstudiums und anderer Studienrichtungen mit überdurchschnitt-
)ich langer Studiendauer, die die Abgeordneten Dkfm. Mag. MÜHLBACHER und Kollegen am
14. Mai 1997 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
1. Nach welchen Auswahlkriterien wurde die Liste der " Toleranzsemester" an allen
österreichischen Universitäten mit den jeweiligen Studienrichtungen erstellt?
Antwort:
Die Auswahlkriterien für die Verlängerung der Anspruchsdauer in bestimmten Studienrichtun-
gen erfolgte unter Berücksichtigung der Verordnungsermächtigung des § 18 Abs.5 StudFG.
Sachliche Grundlagen waren die Stellungnahmen, welche im Rahmen des vorbereitenden Ver-
fahrens sowie des Begutachtungsverfahrens für die Erlassung der Verordnung seitens der Uni-
versitäten eingingen.
Als Grundlage für die Verlängerung der Anspruchsdauer konnten nur nachgewiesene Studien-
behinderungen, die für die Studierenden unabwendbare Ereignisse darstellten, berücksichtigt
werden. Hohe fachliche Anforderungen, hohe
Durchfallsquoten oder die weniger am raschen
Abschluß eines Studienabschnittes orientierte individuelle Gestaltung der Studienabläufe sowie
die in den privaten Entscheidungen der Studierenden begründete Ursachen für Studienverzöge-
rungen wie Berufstätigkeit, Schwangerschaft, Kindererziehung oder Erwerb zusätzlicher, über
den Studienplan hinausgehender Fähigkeiten konnten nach der bestehenden Rechtslage nicht
als Gründe für eine Verlängerung der Anspruchsdauer berücksichtigt werden.
Die durchschnittliche Studiendauer wurde nicht als Indikator für die Verlängerung der An-
spruchsdauer herangezogen, da hiefür auch die oben genannten Gründe als Ursachen Eingang
finden. Herangezogen wurden jedenfalls die Studienzeiten der Studienbeihilfenbezieher in den
jeweiligen Studienrichtungen, da in diesen Fällen wegen der finanziellen Bedürftigkeit der
Studienbeihilfenbezieher eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß die Verzögerung der
Studiendauer zu einem hohen Grad auch von Ereignissen abhängt, auf welche Studienbeihilfen-
bezieher keine Einflußmöglichkeit haben.
2. Wurden bei diesen Auswahlkriterien die in der Einleitung zu dieser Anfragen be-
schriebenen Erschwernisse an den jeweiligen Universitäten berücksichtigt?
Antwort:
Soweit entsprechende Begründungen der jeweiligen Universitäten zu den Studienrichtungen
vorgelegt wurden, die unter Berücksichtigung der ebenfalls herangezogenen Statistiken den
Voraussetzungen des § 1 8 Abs.5 StudPG entsprachen, wurden die entsprechenden Studien-
richtungen in die genannte Verordnung aufgenommen. Nicht aufgenommen wurden solche
Studionrichtungen, bei denen die einschlägigen Erfahrungen aus Studienbeihilfenverfahren den
Schluß nahelegten, daß überwiegend andere Gründe für die Studienverzögerungen maßgeblich
sind. Da diese Verordnung primär verfahrensökonomische Ziele verfolgt, wurden jedoch nur
solche Studienrichtungen aufgenommen, bei welchen wegen der nur geringen Zahl der ein-
schlägigen Fälle eine Entscheidung durch Bescheid im Einzelfall nicht auch vertretbar war.
3. Auf welche Regründung stützt sich die Entscheidung ihres Ministeriums, die Studien-
richtung ".Architektur" an der Technischen Universität Wien in der Ausnahmenliste
auszuklammern?
Antwort:
Grundlage für die Entscheidung, die Studienrichtung Architektur an der Technischen Universi-
tät Wien nicht in die Verordnung aufzunehmen, war der Umstand, daß diese Studienrichtung
räumlich und personell gut ausgestattet ist und daß auf Grund der Erfahrungen bei der Voll-
ziehung des Studienförderungsgesetzes feststellbar war, daß nur sehr wenige Studierende der
Architektur bisher im Einzelfall eine universitär verursachte Verzögerung der Studiendauer
nachgewiesen haben. Vielmehr ist auf Grund dieser Erfahrungen festzustellen, daß in einem
relativ hohen Ausmaß durch die spezifische, von den Studierenden gewählte Gestaltung des
Studienablaufes, z.B. Vorziehen von Prüfungen aus dem zweiten Studienabschnitt, Verzögerung
gen entstanden sind. Es erschien daher auch wegen der zu beachtenden Mehrkosten zielführen-
der, keine generelle Verlängerung durch Verordnung vorzunehmen, sondern wie bisher im
Einzelfall zu entscheiden.
Nochmals ist darauf hinzuweisen, daß die Verordnungsermächtigung keine Verpflichtung zu
einer Verlängerung der Anspruchsdauer durch Verordnung vorsieht, sondern dies lediglich aus
verfahrensökonomischen Gründen erfolgen kann, wenn in einer überwiegenden Zahl der Fälle
tatsächlich von den Studierenden unverschuldete universitäre Studienbehinderungen die Ursa-
che für den verzögerten Studienverlauf sind. Dies wurde auf Grund der Erfahrungen in Studien
beihilfenverfahren für die Studienrichtung Architektur an der Technischen Universität Wien als
nicht gegeben erachtet.
4. Wie stehen Sie zu der Aussage eines Mitarbeiters Ihres Ministeriums im Standard vom
18.2.1997, daß viele Architekturstudenten während ihrer Studienzeit in Architektur-
büros jobben?
Antwort:
Diese Frage betrifft keinen Gegenstand der Vollziehung.
5. Erkennen Sie darin die Ursache für die längere Studiendauer der Architekturstuden-
ten?
Antwort:
Die verbreitete Berufstätigkeit von Studierenden der Studienrichtung Architektur, die häufig in
der Form von Werkverträgen in Architektenbüros erfolgt, kann eine Ursache für die längeren
Studienzeiten sein. Nach der derzeitigen Gesetzeslage stellt Berufstätigkeit jedoch keinen aner-
kannten Grund für die Verlängerung des Bezuges von Studienbeihilfe dar.
6. Welche Gründe gibt es seitens Ihres Ministeriums für die Ausklammerung der ge-
nannten Studienrichtungen an der Johannes-Kepler-Universität Linz?
Antwort:
Das Begutachtungsverfahren für die genannte Verordnung endete am 31. Jänner 1997. Auf
Grund des ehestmöglich notwendigen Inkrafttretens der Verordnung mußte diese nach Ablauf
der Begutachtungsfrist rasch fertiggestellt werden. Eine Stellungnahme der Sozial- und Wirt-
schaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Linz zu den dort eingerichteten Studien-
richtungen wurde erst am 5. März 1997 von der Universität Linz abgefertigt und ging dem
Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr daher erst zur einem Zeitpunkt zu, als die
Verordnung bereits kundgemacht war. Auch für diese Studienrichtungen gilt aber, daß im Ein-
zelfall durch Bescheid die Anspruchsdauer für den Bezug von Studienbeihilfe wegen unver-
schuldeter Studienbehinderungen verlängert werden kann.