2354/AB XX.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2348/J-NR/97 betreffend Reform der Stunden-
tafel in der Mittelstufe - Verzicht auf Übungsteile, die die Abgeordneten DDr. Erwin Nieder-
wieser und GenossInnen am 6. Mai 1997 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:
1. In welcher Form wurden die Landesschulbehörden bzw. die Schule über die neue
Stundentafel informiert?
Antwort:
Die Kundmachung der Änderung der Lehrpläne der Hauptschule und der allgemeinbildenden
höheren Schule erfolgte am 19. Juli 1996 im Bundesgesetzblatt unter den Nummern 355 und
357/1996. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegen-
heiten vom 13. Juni 1996 wurden die Landesschulräte (der Stadtschulrat für Wien) sowie die
Gewerkschaft öffentlicher Dienst, Bundessektion Pflichtschullehrer, unter Anschluß eines
Kundmachungstextes über die bevorstehende Kundmachung im Bundesgesetzblatt informiert.
Gleichzeitig wurde ersucht, die Schulen entsprechend in Kenntnis zu setzen.
Bereits am 6. Februar 1996 wurden überdies die amtsführenden Präsidenten der Landesschul-
räte (des Stadtschulrates für Wien) im Rahmen einer Konferenz über die wesentlichen Inhalte
der zitierten Lehrplannovellen informiert. Ebenso war durch das Begutachtungsverfahren eine
rechtzeitige Information gewährleistet.
2. Hat diese Information auch Hinweise darüber enthalten, wie mit dem im Lehrplan
angeführten Lehrstoff im Falle von Kürzungen in einzelnen Gegenständen umge-
gangen werden soll?
Antwort:
Das erwähnte Informationsschreiben hat zwar keine expliziten Hinweise darüber enthalten, wie
mit dem im Lehrplan angeführten Lehrstoff umgegangen werden soll, da der Lehrplan ein
Rahmenlehrplan ist und das exemplarische Lernen vorsieht. Die Lehrplanänderungen waren
aber Gegenstand der österreichweiten Tagungen der Schulaufsicht, die über die konkreten
Umsetzungsschritte beraten hat.
3. Haben sich die Richtlinien in den Lehrplänen, insbesondere was die Didaktik und hier
den Bereich der Verfestigung des Wissens durch Übungen in den Schulen anlangt,
durch die neue Stundentafel verändert?
Antwort:
Die genannten Lehrplannovellen beziehen sich ausschließlich auf die Stundentafeln. Hinsicht-
lich des allgemeinen Bildungszieles, der didaktischen Grundsätze sowie des Lehrstoffes wurden
keine Änderungen vorgenommen. Da im Rahmen schulautonomer Entscheidungen auch andere
- als die in der Lehrplannovelle vorgesehenen - Unterrichtsgegenstände im entsprechenden
Ausmaß gekürzt werden können, und in den Lehrplänen keine taxative Stoffangaben sondern
zielorientierte Formulierungen enthalten sind, sollte die Stundenreduzierung so durchgeführt
werden können, daß dadurch die Übungs- und Festigungsphasen im Unterricht nicht zu kurz
kommen. Diese Zielsetzung war auch den amtsführenden Präsidenten der Landesschulräte (des
Stadtschulrates für Wien) und den Teilnehmern an den Tagungen der Schulaufsicht bekannt.
4. Wie beurteilen Sie die in der Einleitung zur Anfrage angeführte Reaktion in den
Lehrkörpern einzelner Schulen?
Antwort:
Vorwiegendes Ziel der vorgenommenen Reduktion der Stundentafel war es, die großen
Belastungen der Schüler im Übergangsbereich von der Grundschule zur Sekundarstufe wegen
der zu großen Differenz der
Wochenstundenanzahl zwischen der 4. Schulstufe und der
5 . Schulstufe abzubauen. Dieser Abbau der Belastungen erschien auch im Zusammenhang mit
dem Übergang vom Klassenlehrersystem zum Fachlehrersystem geboten. Die neuen Stunden-
tafeln versuchten die Herabsetzung der Wochenstunden in einer für den Regelfall ausge-
wogenen Weise vorzunehmen, wobei einerseits die Entwicklung im Volksschulbereich und
andererseits die an die Abgänger der Hauptschule und der Unterstufe der allgemeinbildenden
höheren Schule gestellten Erwartungen berücksichtigt wurden. In diesem Sinne wurden
Stundenkürzungen vor allem in jenen Bereichen vorgenommen, die über ein größeres Stunden-
ausmaß verfügten.
Die erläuternden Bemerkungen zum Begutachtungsentwurf führen diesbezüglich weiters aus:
"Im vorliegenden Zusammenhang ist besonders darauf zu verweisen, daß die Lehrpläne
Rahmenlehrpläne sind, wodurch die Lehrer die Möglichkeit haben, durch eine entsprechende
Auswahl im Lehrstoffbereich die Bildungs- und Lehraufgabe des betreffenden Pflichtgegen-
standes auch bei einer Stundenkürzung zu erreichen. Im Rahmen von schulautonomen Lehr-
plänen besteht bereits derzeit die Ermächtigung zur Reduktion des Pflichtgegenstandsausmaßes
in einzelnen Gegenständen. Ferner wurden in Schulversuchen bereits bisher im Hauptschul-
bereich Stundenkürzungen in den Pflichtgegenständen, zum Teil in einem größeren Ausmaß als
derzeit vorgesehen, durchgeführt. Die Praxis hat somit gezeigt, daß die vorgesehene Herab-
setzung der Wochenstunden ohne Beschränkungen bei den Lehrstoffangaben und ohne zusätz-
liche Belastung der Schüler durch Hausaufgaben möglich ist."
Die beschriebenen Reaktionen widersprechen damit sowohl den Zielsetzungen der Lehrplan-
änderung wie auch den didaktischen Grundsätzen des Lehrplanes und jeder vernünftigen
pädagogischen Konzeption eines modernen Unterrichtes. Stoffvermittlung, Stoffestigung und
Lernmotivation sind unverzichtbare und verbindliche Elemente der lehrplanmäßigen
Unterrichtsgestaltung.