2383/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Van der Bellen, Freundinnen und Freunde
haben am 10. Juni 1997 unter der Nr. 2568/J an mich eine schriftliche parla-
mentarische Anfrage betreffend Postenbesetzung in der Oesterreichischen
Nationalbank gerichtet! die folgenden Wortlaut hat:
"1. Ist Ihnen die Vereinbarung von SPÖ und ÖVP über die Postenbesetzung
in der Oesterreichischen Nationalbank vom 12. Juli 1988! unterzeichnet
von Franz VRANITZKY (SPÖ) und Alois MOCK (ÖVP) bekannt (Die bei-
den Unterzeichner waren damals Kanzler bzw. Vizekanzler und Partei-
vorsitzende von SPO bzw. ÖVP)?
2. Ist Ihnen bekannt, daß die Oesterreichische Nationalbank-Präsidentin
Maria SCHAUMAYER die Vereinbarung vom 12. Juli 1988 am 17. Mai
1990 mit ihrer Unterschrift in allen Punkten bestätigt hat?
3. Ist es richtig, daß diese Vereinbarung vom Juli 1988 im Jahre 1993 von
SPÖ und ÖVP bestätigt wurde und nach wie vor gültig ist?
4. Ist es richtig, daß diese Vereinbarung folgenden Passus enthält: "Das
Vorschlagsrecht der beiden großen Fraktionen zur Sicherung der Parität
im Generalrat und Direktorium gilt weiterhin als vereinbart. Dies impliziert
ein Vorschlagsrecht bis jeweils zur Hälfte der existierenden Funktionen in
beiden Gremien.“
5. Ist es richtig, daß weiters zwischen SPÖ und ÖVP folgendes vereinbart
wurde: Es gilt als vereinbart, daß das Vorschlagsrecht für den General-
direktor jener großen Fraktion zugebilligt wird, die nicht den Präsidenten
stellt. Das Vorschlagsrecht für den stellvertretenden Generaldirektor hat
jene große Fraktion, die den Präsidenten nominiert."
6. Ist es weiterhin richtig, daß SPÖ und ÖVP vereinbart haben, „daß keine
der beiden großen Fraktionen die jeweils andere im Generalrat, im Direk-
torium oder im Exekutivkommittee majorisiert. Dies heißt auch, daß vom
Dirimierungsrecht kein Gebrauch gemacht wird."
7. Wenn Ihrer Meinung nach die SP/VP-Vereinbarung vom Juli 1988 nicht
mehr gültig ist:
a) seit wann ist sie nicht mehr gültig?
b) welche andere Vereinbarung ist an die Stelle der Vereinbarung vom
Juli 1988 getreten? und wann war das der Fall?
8. Sind Sie der Meinung, daß SP/VP-Vereinbarungen über die Postenbeset-
zungen in der Oesterreichischen Nationalbank kein Akt der Vollziehung
sind und niemanden etwas angehen?
9. Derzeit sind freie Direktorenposten in der Oesterreichischen Nationalbank
zur (Nach-)Besetzung ausgeschrieben.
a) Werden SP/VP-Vereinbarungen über die Postenbesetzungen in der
Oesterreichischen Nationalbank eine Rolle spielen?
b) Wenn Sie die Frage 9.a) verneinen: Wie gedenken Sie gegenüber den
Bewerbern, gegenüber dem Parlament und gegenüber der Öffentlich-
keit klar zu machen und zu garantieren, daß SP/VP-Vereinbarungen
über die Postenbesetzungen in der Oesterreichischen Nationalbank
tatsächlich keine Rolle mehr spielen?
10. Wie werden Sie, abgesehen von den derzeit laufenden
Besetzungsverfahren (Frage 9), bei allen künftigen Postenbesetzungen in
der Oesterreichischen Nationalbank - gleichgültig auf welcher
hierarchischen Ebene - gegenüber den Bewerbern, gegenüber dem
Parlament und gegenüber der Öffentlichkeit klar machen und garantieren,
daß SP/VP-Vereinbarungen über Postenbesetzungen in der
Oesterreichischen Nationalbank keine wie immer geartete Rolle spielen
werden?"
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 bis 10:
Nach Art. 52 Bundes-Verfassungsgesetz und § 90 erster Satz des Geschäfts-
ordnungsgesetzes 1975 ist der Nationalrat befugt die Geschäftsführung der
Bundesregierung zu überprüfen deren Mitglieder über alle Gegenstände der
Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen. Hin-
sichtlich selbständiger juristischer Personen wie der Oesterreichischen Natio-
nalbank (OeNB) sind unter "Gegenständen der Vollziehung" im Sinne der ge-
nannten gesetzlichen Regelungen nur die Rechte des Bundes (z.B. Anteils-
rechte) und die Ingerenzmöglichkeiten seiner Organe zu verstehen (vergleiche
den Bericht des Verfassungsausschusses 1142 BlgNR XVIII. GP). Diese Rech-
te und Einflußnahmemöglichkeiten ergeben sich in bezug auf die Oesterreichi-
sche Nationalbank aus dem Nationalbankgesetz 1984, das in den Vollzugsbe-
reich des Bundesministers für Finanzen fällt. Ich ersuche daher um Verständ-
nis, daß ich von einer Beantwortung der einzelnen Fragen absehe.