2409/AB XX.GP
Auf die - aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigeschlossene - schriftliche
parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen vom 15. Mai 1997,
Nr. 2437/J, betreffend steuerliche Mehrbelastung, beehre ich mich, folgendes mitzuteilen:
Zu 1. bis 3.:
Nach Art. 52 Abs. 1 B-VG ist der Nationalrat befugt, die Mitglieder der Bundesregierung über
alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen. Diesem Fragerecht unterliegen nach
§ 90 Geschäftsordnungsgesetz (GOG) insbesondere Regierungsakte und Angelegenheiten
der Vollziehung.
Die Punkte der Anfrage beruhen größtenteils auf rein hypothetischen Annahmen und be-
treffen keine konkreten legistischen Vorhaben des Bundesministeriums für Finanzen. Wie ich
jedoch schon anläßlich des Verlangens auf „Kurze Debatte“ gemäß § 57a Abs. 1 in
Verbindung mit § 92 Abs. 1 GOG zur Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen
Anfrage vom 26. Februar 1997, Nr. 2043/J, ausgeführt habe, bin ich bei der Gestaltung der
Familienbesteuerung folgender Auffassung:
Die seit dem Jahr 1993 geltenden Regelungen, betreffend die steuerliche Abgeltung von
Familienlasten, wurden auf der Basis des "Familienbesteuerungs-Erkenntnisses" des
Verfassungsgesetzes aus dem Jahre 1991 beschlossen.
Leitlinie dieser Regelungen ist es, die Unterhaltslasten der Höherverdienenden ausreichend
durch Transferleistungen zu berücksichtigen und sodann diese Transferleistungen gleich-
mäßig allen Familien - das heißt in gleicher Höhe auch im Bereich mittlerer und niedriger Ein-
kommen - zugute kommen zu lassen.
Ich halte an dieser Konzeption, die unverändert den politischen Vorstellungen beider Re-
gierungsparteien entspricht, fest.
Zur Umsetzung ist es aber notwendig, an der Technik der Abgeltung von Kinderlasten durch
Transferleistungen (Familienbeihilfe, Kinderabsetzbeträge) festzuhalten.
Eine steuerliche Berücksichtigung im Wege der außergewöhnlichen Belastung hätte eine
Umverteilung von unten nach oben zur Folge. Bei Besserverdienenden ergäbe sich somit
eine höhere steuerliche Auswirkung als bei den Beziehern niedriger Einkommen.
Zur konkreten Anfrage möchte ich folgendes festhalten:
Unverständlich - und schon deswegen nicht konkret beantwortbar - ist die Fragestellung nach
einer steuerlichen Mehrbelastung einer Alleinerzieherin mit mehreren Kindern gegenüber
einem Steuerpflichtigen ohne Kinderlasten. Die steuerliche Belastung kann in diesem Fall
höchstens gleich hoch sein; der Minderung der Leistungsfähigkeit aufgrund der Unterhalts-
pflicht für Kinder wird durch Direktleistungen (Familienbeihilfe und -) Rechnung getragen.
Die der Anfrage angeschlossenen Berechnungsmodelle bauen auf reinen Hypothesen auf.
Ohne diese Modelle rechnerisch im einzelnen aus Kapazitätsgründen nachzuvollziehen, ist
auf zwei gravierende Fehler hinzuweisen:
Bei der Bemessung des zivilrechtlichen Kindesunterhaltes mit Hilfe der Prozentsatzmethode
ist das tatsächliche Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen (nach Abzug beispielsweise
der Einkommensteuer) und nicht das steuerpflichtige Einkommen heranzuziehen.
Diese schon dadurch völlig unrichtige, weil viel zu hoch ermittelte fiktive Steuerersparnis wird
dann in Relation zu lediglich einem Teilbetrag der Direktleistungen, nämlich den erhaltenen
Kinderabsetzbeträgen gesetzt. Der zweite - betragsmäßig wesentlich höhere - Unterhalts-
ausgleichfaktor in Form der Familienbeihilfe wird hingegen gänzlich unberücksichtigt ge-
lassen.