2413/AB XX.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 24O6/J-NR/97 betreffend Privatisierungspläne

und Zielsetzungen bei den Bundesmuseen, die die Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine

Petrovic und FreundInnen am 14. Mai 1997 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

1. Gibt es seitens des Ministeriums eine klar formulierte, transparente Museumspolitik?

Wenn ja: Wie siebt diese aus?

2. Warum sind in den allgemeinen Zielsetzungen, wie sie im Kulturbericht und im

Kulturausschuß formuliert wurden (Bewahren, Sammeln, Erschließen), keine

zukunftsweisenden Aufgaben der Museen (wie Präsentation, Vermittlung, Museums—

didaktik oder Marketing) enthalten?

Antwort:

Die Bundesmuseen sind wissenschaftliche, vom Bund zu fördernde Einrichtungen im Sinne des

§ 1 Abs. 1 Forschungsorganisationsgesetz (FOG), die den leitenden Grundsätzen der Freiheit der

Wissenschaft und ihrer Lehre, der Vielfalt wissenschaftlicher Meinungen und Methoden, der

Bedeutung von Wissenschaft und Forschung für die Gesellschaft sowie der internationalen

Forschungskooperation unterliegen Für diese Einrichtungen sind angemessene Mittel vom Bund

bereitzustellen. Ihre Aufgaben hat der Gesetzgeber im § 31 Abs. 2 leg. cit. klar umrissen und

präzise ausgeführt, was unter den Bereichen des Sammelns Bewahrens und Erschließens im

einzelnen zu verstehen ist.

Die demonstrative Formulierung des § 31 Abs. 2 Z 3 leg. cit. umfaßt auch die in der Anfrage

hinterfragten zukunftsweisenden Aufgaben der Präsentation, Vermittlung, Museumsdidaktik oder

Marketing. Letzteres hat vor allem durch die in der Form der sogenannten Teilrechtsfähigkeit

(§ 3 la leg. cit.) erweitere Dispositionsfähigkeit der Museen einen besonderen Stellenwert

erhalten.

3. Ist Ihnen die obzitierte Museumsdefinition von ICOM bekannt? Wenn ja: Aus

welchen Gründen vertreten Sie im Kulturbereich die zwar im Forschungs-

organisationsgesetz 1981 genannte, aber wesentlich engere und internationalen Ent-

Wicklungen nicht Rechnung tragende Auffassung von den Aufgaben der Museen?

Antwort:

Die in der Anfrage zitierte Definition des International Council of Museums (ICOM) ist mir

bekannt und steht meines Erachtens in keiner Weise im Widerspruch mit der umfassenden

Regelung des § 31 Abs. 2 leg. cit. Was die Frage nach internationalen Entwicklungen betrifft,

sei auf § 3 1 Abs. 1 Z 6 leg. cit. verwiesen.

4. Weil die Zielsetzung sehr allgemein sei und sich daher schwer in Worte fassen lasse,

habe man den Direktoren eine thematische Autonomie gegeben, hat Sektionschef

Wran im Kulturausschuß erläutert. Wie sieht diese „thematische Autonomie“

konkret aus?

5. Haben die einzelnen Museen eine klar formulierte, nachlesbare und einsehbare

Museumspolitik für ihr jeweiliges Haus ausgearbeitet, die vom Ministerium akzep-

tiert wurde und auf die sich die Museen im Zweifelsfall auch berufen können? Wenn

ja: Warum finden sich im Kulturbericht im Sinne von größerer Transparenz diese

ausformulierten Museumspolitiken nicht?

Antwort:

Der in der Frage zum Ausdruck kommende Wunsch nach einer „klaren Direktive“ und somit

einer zentral von meinem Ministerium verordneten Museumspolitik steht in einem Spannungs-

verhältnis zu den auf nationaler und internationaler Ebene zu registrierenden Tendenzen zu

Deregulierung im Wege der Autonomisierung (Befreiung von überflüssigen Vorschriften und

Abhängigkeiten), Dezentralisierung (Verlagerung von Entscheidungsvorgängen von allen

gegenwärtig daran beteiligten Ministerien) sowie der Weiterentwicklung der eigenen Rechts-

fähigkeit in Form der selbständigen und weisungsfreien Besorgung der musealen Angelegen-

heiten. Meines Erachtens sollten künftige Entwicklungen nicht durch zusätzliche Regu-

lierungen erschwert werden. Der Vorteil des durch das FOG bestimmten organisatorisch-

institutionellen Rahmens liegt darin, daß dadurch die freie Entwicklung der Bundesmuseen

gewährleistet wird. Hinzuzufügen ist, daß die Bundesmuseen dem ICOM-Rat mit Sitz und

Stimme angehören, somit alle musealen Probleme und Entwicklungen internationaler Natur

kennen und mitbestimmen.

6. Wie werden die Zielsetzungen - so derartige vorhanden sind -, die sich die einzelnen

Museen im Rahmen der Thematischen Autonomie“ gesetzt haben, mit der Museums-

politik des Ministeriums abgestimmt, und wie wird die Erreichung der Ziele seitens

des Ministeriums evaluiert und kontrolliert?

7. Wie wird die „thematische Autonomie“ der einzelnen Häuser aufeinander abge-

stimmt, sodaß Doppelgleisigkeiten verhindert und Synergieeffekte genutzt werden?

Wie erfolgt in diesem Zusammenhang die Koordination der Häuser?

Antwort:

Wie im Kulturbericht 1995 bereits ausgeführt, wurde in den letzten Jahren im Zusammen-

wirken mit den Direktoren der Bundesmuseen ein neuartiges Budgetvollzugssystem entwickelt.

Dieses leistet zusammen mit der Teilrechtsfähigkeit einen wesentlichen Beitrag in Richtung der

Schaffung von operationalen Freiräumen Ausgehend von der Notwendigkeit einer objektiven,

partnerschaftlichen und transparenten Praxis der Jahres- und Monatskreditzuweisungen nach

den Grundsätzen der Verteilungsgerechtigkeit, Kontrollierbarkeit und Nachvollziehbarkeit

wird den einzelnen Museen ein globales Arbeitsbudget zum Vollzug zugewiesen. Dies wird

dem einzelnen Museum anhand gemeinsam erarbeiteter thematischer Zielvorgaben

(„Vorhabensbericht“) zur selbständigen Durchführung übertragen und der Realisierungserfolg

wird jeweils am Jahresende in Form eines konkreten Controllingmodells („Soll-Ist-Vergleich“)

überprüft. Aufgrund dieses Systems ist es möglich, thematische, terminliche oder finanzielle

Kollisionen von Vorhaben der einzelnen Häuser zu erkennen und entsprechend

gegenzusteuern.

8. Im letzten Rechnungshofbericht ist zu lesen: "Für die meisten Museen fehlte jedoch

ein Marketingkonzept“. Ist ein derartiges Marketingkonzept für die einzelnen

Museen inzwischen erstellt worden?

Antwort:

Die vorerwähnten thematischen Zielvorgaben umfassen auch Fragen des Marketings, ins-

besondere die wichtigen PR-Aktivitäten für Ausstellungsvorhaben

9. Wie weit sind die Vorarbeiten im Hinblick auf die Vollrechtsfähigkeit der Bundes-

museen schon gediehen? Gibt es dazu schon einen ausformulierten Entwurf? Gab es

schon Gespräche mit den Direktoren und anderen Museumsexperten? Wenn ja: Wie

oft und mit welchen? Gibt es Entwürfe von seiten der Direktoren oder anderer

Experten?

10. Was sind die kulturpolitischen, gesellschaftspolitischen und konomischen Ziele

dieser angestrebten Vollrechtsfähigkeit und anvisierten Ausgliederung?

11. Welche internationalen Erfahrungen betreffend Vollrechtsfähigkeit und Aus-

gliederung wurden bisher bei den Vorarbeiten berücksichtigt?

12. Wann werden erste Entwürfe der Öffentlichkeit vorgestellt werden? Wie sieht der

Zeitplan für die weitere Vorgangsweise aus?

Antwort:

Der Erarbeitung eines Entwurfes, der die Umwandlung der gegenwärtigen teilrechtsfähigen

Bundesmuseen in Institutionen mit voller Rechtsfähigkeit zum Ziele hat, ist derzeit im Gange.

Der diesem Projekt innewohnende Grundgedanke liegt darin, daß die Museen als Non-Profit-

Organisationen mit dem Bund in ein partnerschaftliches Vertragsverhältnis bezüglich eines

Leistungsaustausches mit finanzieller Basisausstattung treten und mittels Deregulierung, eine

Effizienzsteigerung bezüglich des wissenschaftlichen Ertrages und der dem Publikum gegen-

über zu erbringenden Leistungen erreicht werden soll. Hiebei ist auch die Erzielung budget-

verbessernder Effekte nicht aus den Augen zu lassen. Dieser Entwurf wird nach seiner

Erarbeitung mit dem BMF und den anderen betroffenen Ministerien sowie mit den Direktoren

der Bundesmuseen abzuklären sein, wobei auch internationale Erfahrungen, insbesondere die

umfassende Museumsreform der Niederlande, auf ihre Anwendbarkeit geprüft werden. Ich

beabsichtige, diesen Entwurf noch im laufenden Kalenderjahr zur Begutachtung zu versenden

und anschließend dem Nationalrat zur weiteren verfassungsmäßigen Behandlung zuzuleiten.