2421/AB XX.GP
Auf die - aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigeschlossene - schriftliche
parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen vom
14. Mai 1997, Nr. 2424/J, betreffend Zahlungen an die EU und Rückflüsse aus der EU,
beehre ich mich folgendes mitzuteilen:
Einleitend möchte ich folgendes darlegen:
Art. 201 EU-Vertrag legt fest, daß der Haushalt der EU unbeschadet der sonstigen
Einnahmen vollständig aus Eigenmitteln zu finanzieren ist.
1. Eigenmitteleistungen(Zahlungen/Gutschriften)
Gemäß Art. 9 Verordnung 1552/89 der EU müssen ihre Mitgliedstaaten die Eigenmittel auf
einem gesonderten Konto gutschreiben. In Österreich ist im Bundesministerium für Finanzen
für die Abwicklung der Eigenmittelleistungen an die EU das „Art. 9 Konto“ eingerichtet,
welches im Rahmen des Bundeshaushaltes geführt wird. Die Gutschriften auf dieses Konto
erfolgen zwar bereits in Phase 4 der Bundeshaushaltsverrechung („Schuld“), aber erst wenn
die Europäische Kommission Zahlungen abruft, werden auch beim Bund haushaltswirksame
Ausgaben („Zahlungen“ - Phase 5) verrechnet. Die jährliche Budgetbelastung Österreichs
(Phase 5) unterscheidet sich daher von den Einnahmen, welche die EU in ihrem Haushalt
desselben Jahres verrechnet. Dies wäre bei der Beilage 2, die der Anfragebeantwortung
angeschlossen ist, zu beachten.
Außerdem ist darauf hinzuweisen, daß die traditionellen Eigenmittel (Zölle, Agrarzölle,
Zuckerabgabe) jenem Mitgliedstaat zugerechnet werden, an dessen Grenzstelle die
Zahlungen erfolgen. Das Aufkommen jedes Mitgliedstaates hängt somit von der Frequenz an
seinen Grenzübertrittsstellen ab, und
Mitgliedstaaten mit wichtigen Umschlagplätzen weisen
höhere Werte als die anderen Mitgliedstaaten auf („Rotterdameffekt“). Dabei bleibt
unbeachtet, daß gegebenenfalls der Abgabenträger (z.B. Importeur) einem anderen
Mitgliedstaat zuzurechnen wäre. Dies führt zwar zu Verzerrungen bei der
Einnahmenzurechnung und damit auch der Nettopositionen, doch tritt dieses Problem mit der
zunehmenden Rückläufigkeit der traditionellen Eigenmittel in den Hintergrund.
2. Rückflüsse
Den Zahlungen/Gutschriften an die EU stehen die Rückflüsse gegenüber, welche für die
Jahre 1995 und 1996 in der Beilage 1, die ebenfalls der Anfragebeantwortung angeschlossen
ist, dargestellt sind. Diese Rückflußzahlen enthalten allerdings nur jene Beträge, welche über
den österreichischen Bundeshaushalt an die diversen Empfänger transferiert werden und
somit im Bundeshaushalt ihren Niederschlag finden. Über Zahlungen/Rückflüsse, welche die
EU direkt an die Empfänger in Österreich leistet (z.B. im Wissenschafts-, Unterrichts- oder
kulturbereich), bestehen in Österreich keine zusammenfassenden Aufzeichnungen.
Vergleichbarkeit der Beilagen 1 und 2
Die in der Beilage 1 dargestellte Aufgliederung entspricht der österreichischen
Berechnungsweise, die im Bereich der Eigenmittelleistungen zwischen Gutschriften und
tatsächlichen Zahlungen unterscheidet und somit keine geeignete Grundlage für Vergleiche
zwischen den 15 Mitgliedstaaten der EU (EU-15) bietet. Um eine geeignete Grundlage für
Vergleiche zwischen den EU-1 5 zu erhalten, wird daher auf den vom Europäischen
Rechnungshof (EuRH) für jedes Haushaltsjahr veröffentlichten Bericht zurückgegriffen, bei
dem die Untergliederung allerdings relativ grob ist, so daß genaue Vergleiche mit den
österreichischen Aufzeichnungen nicht möglich sind.
Der EuRH weist die Werte gemäß den gemeinschaftlichen Haushaltsvorschriften in ECU aus;
dies führt gegenüber den österreichischen Aufzeichnungen zu kursdifferenzen. Außerdem
bestehen Periodenabgrenzungsunterschiede: Der EuRH nimmt entsprechend den
Haushaltsvorschriften der EU (Art. 6 und 101 der Haushaltsordnung der EU) eine andere
Periodenabgrenzung der Rückflüsse vor: Zahlungen der EU bis 15. Jänner 1996 werden dem
vergangenen Haushaltsjahr zugerechnet; in der österreichischen Rechnung sind dies
hingegen schon Einnahmen für 1996. Die Differenzen zwischen den österreichischen und den
EU Aufzeichnungen sind im wesentlichen auf
diese beiden Faktoren zurückzuführen.
3.Nettoposition
Der letzte verfügbare Jahresbericht des EuRH erschien im Herbst 1996 und enthält die
abschließenden Werte für das Haushaltsjahr 1995 der EU. Die darin veröffentlichten Daten
bilden die Grundlage für die in der Beilage 2 dargestellten Vergleiche zwischen den EU-15.
Beim Vergleich der einzelnen Nettopositionen (es werden die Beiträge, die die einzelnen
Mitgliedstaaten an den Gemeinschaftshaushalt leisten (Eigenmittel) den Ausgaben des
Gemeinschaftshaushaltes für die einzelnen Mitgliedstaaten gegenübergestellt) ist allerdings
zu beachten, daß dabei nur die budgetären Erstrundeneffekte dargestellt sind und der
Wirkungszusammenhang mit den anderen integrationsbedingten wirtschaftlichen Aktivitäten
unbeachtet bleibt.
Die Jahre 1995 und 1996 waren für Österreich auch durch technisch-administrative
Anlaufeffekte gekennzeichnet, wodurch sich besonders im Bereich der Rückflüsse wenig
aussagekräftige und für die Folgejahre nicht repräsentative Werte ergaben.
Zu1.:
In den Jahren 1995 und 1996 wurden von Österreich folgende Zahlungen an die EU geleistet:
|
in ATS |
1995 |
1996 |
|
netto excl. 10% Einhebungsvergütung |
18.429.896.680 |
26.543.973.687 |
Zu2.:
Die Brutto- und Nettozahlungen stellen sich in diesen Jahren wie folgt dar;
|
in ATS |
1995:1996 |
|
|
netto (excl. 10% Einhebungsvergütung): |
18.429.896.680 |
26.543.973.687 |
|
brutto (incl. 10%Einhebunsvergütung): |
18.754.019.646 |
26.937.253.798 |
Zu3.:
An die sonstigen Organe der EU wurden folgende Zahlungen geleistet
|
|
1995 |
1996 |
|
Beitrag für EURATOM (VA 1/10008) |
249.600 |
0 |
|
EGKS-Beitrag (VA 150017) |
98.340.750 |
98.284.250 |
|
Beiträge zur GASP (VA 1/20008) |
10.707.212 |
6.538.932 |
|
Europ. Investitionsbank (VA 1/54052) |
1.975.754.948 |
2.040.264.690 |
Zu 4.
Hinsichtlich der pro Kopf-Belastung kann eine vergleichende Aufschlüsselung für alle EU-15
nur anhand der im Bericht des EuRH zum Haushaltsjahr 1995 dargestellten
Eigenmittelgutschriften erfolgen, die in der Beilage 2 dargestellt sind. Hinsichtlich der
betraglichen Differenzen zwischen Gutschriften und tatsächlichen Zahlungen möchte ich auf
die Ausführungen unter Punkt 1 der Einleitung verweisen.
Ich ersuche um Verständnis, daß für das Haushaltsjahr 1996 noch keine Angaben erfolgen
können, da der entsprechende Bericht des EuRH erst im Herbst 1997 vorliegen wird.
Zu5.:
Auch die Stellung, die Österreich mit seinen Zahlungen im EU-Vergleich einnimmt, ist in der
Beilage 2 dargestellt.
Zu6.:
Lediglich die Gutschriften auf das im Bundesministerium für Finanzen eingerichtete
Art. 9 Konto können betragsmäßig den in der Fragestellung angeführten Bereichen
zugerechnet werden und sind in der Beilage 1 dargestellt. Die von der EU in weiterer Folge
angeforderten Zahlungen erfolgen bereits als Pauschalbetrag ohne anteilsmäßige
Zuordnung.
Zu7.:
Auch hinsichtlich der Höhe der Rückflüsse aus der EU in den Jahren 1995 und 1996 möchte
ich auf die Beilagen 1 und 2 verweisen.
Zu8.:
Die Rückflüsse für die anderen neuen Mitgliedstaaten Schweden und Finnland stellen sich im
Jahr 1995 wie folgt dar:
|
|
1995 |
|
a) Schweden |
720,9 Mio ECU |
|
b) Finnland |
722,9 Mio ECU |
Da der Bericht des EuRH erst im Herbst 1997 vorliegen wird, ersuche ich auch um
Verständnis daß für das
Haushaltsjahr 1996 noch keine Angaben erfolgen können.
Zu9.:
Neben den Rückflüssen aus dem EAGFL-Garantie-, den Strukturfonds und den Rückflüssen
gemäß Art. 81 des Beitrittsvertrages hat die EU folgende (auch in der Beilage 2 enthaltene)
Zahlungen an Empfänger in Österreich ausgewiesen:
|
|
1995 |
|
Forschung (B6) |
71,2 Mio ATS |
|
Zusammenarbeit (B7) |
15,8 Mio ATS |
|
Sonstige |
157,0 Mio ATS |
Nähere Erläuterungen zu diesen Zahlungsströmen enthält der Jahresbericht des EuRH nicht.
Nach den vorliegenden Informationen umfassen die sonstigen Rückflüsse verschiedene
Bereiche wie z.B. Umwelt, Bildung, Jugend und Medien.
Zu 10.:
Derartige konkrete Aussagen von Kommissionsbeamten sind mir nicht bekannt. Unabhängig
davon wird vom Bundesministerium für Finanzen die Ansicht vertreten, daß ein einfacheres
und transparenteres österreichisches Förderungssystem wünschenswert wäre.
Ein wesentlicher Grund für das komplexe österreichische Förderungssystem liegt bereits in
den verfassungsrechtlichen Grundlagen. Aus dem in der österreichischen Bundesverfassung
geltenden Prinzip der Ministerverantwortlichkeit folgt für den Bund eine ausgeprägte
dezentrale Organisation des Förderungswesens, bei der z.B. der für die Umwelt zuständige
Bundesminister für die Umweltförderungen, der für die Landwirtschaft zuständige
Bundesminister für Agrarförderungen usw. zuständig ist. Zu den Förderungsaktionen der
einzelnen Bundesressorts kommen, bedingt durch den föderalen Staatsaufbau, auch noch
die Förderungsprogramme und -aktionen der einzelnen Bundesländer. Dabei ist auch darauf
hinzuweisen, daß die österreichische Bundesverfassung die Kompetenzverteilung zwischen
Bund und Bundesländern nur für den Bereich der Hoheitsverwaltung regelt. Im Bereich der
Privatwirtschaftsverwaltung hingegen sind Bund und Bundesländer nicht an eine in der
Verfassung festgeschriebene Kompetenzverteilung gebunden. Da Subventionen in Österreich
fast ausschließlich im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung in Form von zivilrechtlichen
Förderungsverträgen vergeben werden, können Bund und Bundesländer Subventionen daher
auch auf Gebieten vergeben, in denen sie als Hoheitsträger keine Kompetenzen haben. In
Summe resultiert daraus die Vielfalt des österreichischen Förderungswesens.
Nach Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen sollte auf Bundesebene mittelfristig eine
Förderreform angestrebt werden. Die von der Bundesregierung eingesetzten Arbeitsgruppen
„Technologieoffensive“ und
„Exportoffensive“ haben dazu erste Vorschläge vorgelegt.
Langfristig ist darüber hinaus eine Kompetenzbereinigung zwischen Bund und Ländern
anzustreben und in den Gremien der EU auf eine Vereinfachung der
Strukturfondsförderungen hinzuwirken.
Zu 11.:
In Ausführung des Art. 201 EG-Vertrag legt Art. 1 des Eigenmittel-Beschlusses 728/94 vom
31. Oktober 1994 fest, daß der Gemeinschaft zur Finanzierung ihres Haushaltes Eigenmittel
zugewiesen werden. In den Haushalt der EU sind - mit Ausnahme der unter Punkt 3 der
vorliegenden Anfragebeantwortung angeführten Bereiche — alle Ausgaben der EU
aufzunehmen (Art. 199 EG-Vertrag); er wird unbeschadet der sonstigen Einnahmen
vollständig aus Eigenmitteln der Gemeinschaft finanziert.
Da somit die Ausgaben der EU nicht über jenen Einnahmen liegen können, die ihr über
Eigenmittel zur Verfügung gestellt werden, liegt keine Notwenigkeit zu einer sonstigen
Finanzierung vor.
Zu 12.:
Der von der Europäischen Kommission im Mai 1997 bezüglich Betrugsbekämpfung
vorgelegte Jahresbericht 1996 geht von einem Gesamtvolumen der von den Mitgliedstaaten
und der Kommission im Jahr 1996 aufgedeckten Unregelmäßigkeiten (einnahmen- und
ausgabenseitig) von insgesamt rd. 1,3 Mrd. ECU aus. Der Begriff der „Unregelmäßigkeit“
umfaßt sowohl die fahrlässigen oder irrtümlichen Unterlassungen, welche geeignet sind,
einen Schaden für den Haushaltsplan zu bewirken, als auch vorsätzliche oder absichtliche
Verhaltensweisen, entsprechend dem engeren Betrugsbegriff. Da aber Absicht oder Vorsatz
nicht in allen Fällen erwiesen ist, kann nicht der gesamte Betrag von rd. 1,3 Mrd. ECU auf
Betrug im strafrechtlichen Sinne zurückgeführt werden.
Österreich begrüßt den von der Kommission vorgelegten Jahresbericht über die Aktivitäten
der Kommission im Jahr 1996 und unterstützt deren ambitioniertes Arbeitsprogramm im
Bereich der Betrugsbekämpfung für die Jahre 1997/98. Weiters wird sich Österreich
gemeinsam mit den übrigen Mitgliedstaaten der EU für eine verstärkte Bekämpfung des
organisierten Verbrechens sowie die Wahrung der finanziellen Interessen der Gemeinschaft
einsetzen.
Zu 13.:
Im Zuge des nächsten Finanzplanungszeitraumes des Europäischen Haushaltes für die Jahre
ab 2000 strebt Österreich eine Senkung
der Eigenmittelobergrenze unter 1,27% des BSP der
EU-15 an. Auf keinen Fall darf jedoch die Eigenmittel-Obergrenze den Wert von 1,27% des
BSP übersteigen.
Österreich akzeptiert grundsätzlich das Prinzip der finanziellen Solidarität im Rahmen der EU
und geht daher davon aus, daß es weiterhin Nettozahler sein wird, wobei allerdings eine
Reduzierung seiner Nettoposition angestrebt wird.
Diese Position basiert auf einem Beschluß der Bundesregierung sowie einer Übereinkunft der
für Finanzen verantwortlichen Vertreter aller Öffentlichen Haushalte (Bund, Länder und
Gemeinden).
BEILAGE NICHT GESCANNT!!!