243/AB
Die Abgeordneten zum Nationalrat Öllinger, Freundinnen und Freunde haben am 28. Feber 1996 unter der Nr. 203/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend "mögliche Unterwanderung von Ministerien durch die Organisation Scientology" gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
l. Liegen Ihnen Informationen vor, wonach Mitglieder bzw. Anhänger von Scientology im Bereich Ihres Ministeriums tätig sind?
2. Sehen Sie die Möglichkeit einer Unterwanderung Ihres Ministeriums durch Mitglieder von destruktiven Kulten oder pseudoreilgiösen Sekten? Haben Sie Vorkehrungen gegen eine derartige Unterwanderung getroffen, und wenn ja, welche?
3. Ist die Fa. Topcall auch im Bereich Ihres Ministeriums als Vertreiber von EDV-Hard- und Software tätig geworden?
a) Wenn ja, können Sie den Umfang der Dienstleistungen bzw. Verträge mit Topcall präzisieren?
b) Sind Verträge mit der Fa. Topcall noch aufrecht bzw. wurden Verträge gelöst?
c) Sind in Ihrem Ministerium Fax-Server der Fa. Topcall in Verwendung?
4. Inwiefern sind Ihre EDV-Anlagen bzw. EDV-gestützten Daten gegen eine mißbräuchliche Verwendung durch Außenstehende gesichert'?
5. Die zunehmenden Aktivitäten von pseudorellgiösen Bewegungen und destruktiven Kulten haben in Deutschland zu der Forderung geführt, diese Organisationen durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Weiche Maßnahmen ergreifen Sie als Innenminister gegen die Gefährdung der Demokratie durch diese Organisationen?
6. Inwiefern wird derzeit in Österreich die Beobachtung und Erfassung diverser Sekten und Kulte wahrgenommen?
7. Staatliche Organe, Ministerien, Richter, Politiker werden immer wieder mit der Sekten- oder Kulte-Problematik konfrontiert, so z. B. auch der Unabhängige Verwaltungssenat Wien, der Scientology für einen Teil ihrer Tätigkeit Steuerbefreiung zuerkannt hat. - Eine Entscheidung, die heftig kritisiert wurde. Gibt es derzeit eine Stelle in Österreich, wo sich diese Entscheidungsträger über derartige Organisationen informieren können?
8. Wie beurteilen Sie den Vorschlag, ein effizientes Referat für Sekten, pseudoreligiöse Organisationen und destruktive Kulte, angesiedelt bei der Bundespolizeidirektion Wien, einzurichten bzw. das in Ansätzen vorhandene Referat auszubauen? Wäre es für Sie denkbar, daß dieses Referat auch eine beratende Funktion für staatliche Organe und Entscheidungsträger übernimmt?"
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 und 2:
Mir liegen keine Informationen über Mitglieder oder Anhänger von Scientology im Innenressort vor. Da in Österreich gemäß Art 9 MRK und Art 14 STGG auch den Mitgliedern von religiösen Splittergruppen Glaubensfreiheit gewährleistet ist, widerstrebt es mir im Zusammenhang mit der religiösen Überzeugung von Menschen von einer „Unterwanderung" zu sprechen. Es ist mir jedoch kein Fall bekannt, in dem eine im Innenressort getroffene Entscheidung durch religiöse Haltungen motiviert gewesen wäre.
Zu Frage 3:
Nein. Im übrigen verweise ich auf die Beantwortung der Anfrage Nr 197/J durch den Herrn Bundeskanzler.
Zu Frage 4:
Die Daten und EDV-Anlagen des Bundesministeriums für Inneres sind gegen die mißbräuchliche Verwendung durch Außenstehende mit technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen, die dem derzeitigen Stand der Technik entsprechen, geschätzt. Ich ersuche um Verständnis, daß aus Sicherheitsgründen keine technischen Details über die getroffenen Regelungen bekanntgegeben werden können.
Zu den Fragen 5 und 6:
Um der Sektenproblematik generell wirksamer entgegentreten zu können, wird speziell im Bereich der Aufklärung, insbesondere von Jugendlichen, ein besonderer Schwerpunkt gesetzt werden müssen. Hiezu sind jedoch alle gesellschaftlichen Bereiche und Institutionen aufgerufen. Die Mittel der Sicherheitsbehörden können hiebei nur gegen die gröbsten Auswüchse eingesetzt werden.
Wenn den Vereinsbehörden Umstände bekannt werden, welche möglicherweise Gründe für die behördliche Auflösung eines Vereines darstellen, werden diese selbstverständlich aufgegriffen und die entsprechenden vereinsrechtlichen Maßnahmen getroffen.
Zu Frage 7:
Dem Bundesministerium für Inneres sind folgende Beratungsstellen bekannt:
· Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, Abteilung V/8 (Schulpsychologie-Bildungsberatung);
- Referat für Weltanschauung der Erzdiözese Wien, 1010 Wien, Stephansplatz 6/6/56 (auch in den Bundesländern gibt es entsprechende kirchliche Beratungsstellen)-.
· Verein "Gesellschaft gegen Sekten- und Kultgefahren" mit dem Sitz in 1020 Wien, Obere Augartenstraße 26 - 28.
Zu Frage 8:
Ob und inwieweit die von Sekten, pseudorellgiösen Organisationen und destruktiven Kulten ausgehenden sicherheitspolizeilichen Gefahren die Errichtung eines eigenen Sektenreferates erforderlich machen, kann erst nach einer umfassenden Analyse beurteilt werden. Eine solche ist derzeit bei der Bundespolizeidirektion Wien in Ausarbeitung. Um staatlichen Organen und Entscheidungsträgern eine hinreichende Informationsmöglichkeit zu bieten, wäre es aus derzeitiger Sicht durchaus denkbar, daß auch eine Sicherheitsbehörde offiziell als zusätzliche ständige Ansprechstelle zu den bereits etablierten Beratungsstellen fungiert.