2444/AB XX.GP
An den
Herrn Präsidenten des Nationalrates
Parlament
1017Wien
Die Abgeordneten zum Nationalrat, Mag. Doris POLLET—KAMMERLANDER,
Freundinnen und Freunde, haben am 5. Juni1997 unter der ZI. 2540/J-NR/1997 an
mich eine schriftliche Anfrage gerichtet, welche den folgenden Wortlaut hat:
1. Welche Aktivitäten bilateraler Art plant das Außenministerium, um zur Aufklärung
des erwähnten Verbrechens an Menschenrechtsaktivistlnnen sowie der
Hintergründe beizutragen?
2. In Kolumbien bleiben 97 % der politischen Gewalttaten straffrei. Welche
Möglichkeiten sehen Sie, die Aufklärungsrate bei politischen Gewalttaten in
Kolumbien zu verbessern und welchen Beitrag werden Sie dazu leisten?
3. Welche Schritte werden Sie im Rahmen der internationalen Organisationen wie
der UNO unternehmen, um die katastrophale Menschenrechtslage in Kolumbien
zu verbessern?
Ich beehre mich, die Anfrage wie folgt zu beantworten:
Österreich ist sich der besorgniserregenden Menschenrechtssituation in Kolumbien
bewußt und war bereits in der
Vergangenheit auf der Seite jener, die sich um eine
Verbesserung bemühten. So hat Österreich in Abstimmung mit den anderen EU-
Staaten die Errichtung eines Büros des Hochkommissars für Menschenrechte in
Bogota unterstützt und sich für einen raschen Vertragsabschluß zwischen dem
Hochkommissar und der Regierung von Kolumbien eingesetzt. Der österreichische
Botschafter in Bogota ist überdies beauftragt, in Zusammenarbeit mit den
Botschaftern der anderen Staaten der Europäischen Union die
Menschenrechtssituation in Kolumbien ständig zu beobachten und bei allen sich
bietenden Gelegenheiten auf eine Verbesserung der Menschenrechtslage in diesem
von schweren internen bewaffneten Auseinandersetzungen gezeichneten Land zu
drängen.
ad Frage 1:
Seitens der Missionschefs der Europäischen Union in Bogota, darunter der
österreichische Botschafter, wurde der Mord an kolumbianischen Menschenrechts-
aktivisten bereits am 19. Mai d.J., unmittelbar nach Aufdeckung des Mordfalles, bei
einem Zusammentreffen mit der Direktorin des seit kurzem errichteten Büros des
Hochkommissars für Menschenrechte in Bogotá besprochen und die Absicht der
Genannten, eine scharfe Erklärung zum Mordfall abzugeben, voll unterstützt. Am
20. Mai d.J. wurde der Mordfall seitens der EU-Missionschefs mit dem
Verteidigungsminister besprochen, gegen den Mord protestiert und das barbarische
Verbrechen verurteilt. Am 21. Mai d.J. wurde von dem das EU-Präsidium führenden
niederländischen Botschafter in Bogotá in gleicher Weise der Innenminister und am
23. Mai d.J. von der EU-Troika die Vizeaußenministerin befaßt. Weiters wurde am
28. Mai d.J. von den EU-Missionschefs gegenüber der kolumbianischen
Außenministerin Besorgnis und Betroffenheit über die Morde zum Ausdruck
gebracht. Außenministerin MEJIA gab der großen Besorgnis der kolumbianischen
Regierung über den Mordfall Ausdruck und wies auf die Erklärung der Regierung
hin, in dem das Verbrechen scharf verurteilt wurde. Sie berichtete auch von der
Einsetzung einer Sonderkommission zur Aufklärung der Straftat und von einer
ausgesetzten Belohnung von US-$ 100.000,—, die zur Aufklärung und Inhaftierung
der Täter führen solle.
Die EU-Präsidentschaft hat am 13. Juni d.J. eine auch von Österreich unterstützte
Erklärung zu den Morden an den drei Menschenrechtsaktivisten des jesuitischen
Sozialforschungsinstitutes CINEP Centro de investigacion y Educacion Popular
abgegeben, in welcher die EU ihre tiefe Besorgnis über die Menschenrechtssituation
in Kolumbien und insbesondere über die Gefahren, welchen Menschenrechts-
aktivisten derzeit in Kolumbien ausgesetzt sind, äußert. Ebenso kritisiert wurde das
hohe Niveau der Straflosigkeit in Kolumbien.
Die kolumbianische Regierung hat der EU in diesem Zusammenhang bereits
zugesichert, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um den Mord an den CINEP-
Menschenrechtsaktivisten so rasch wie möglich aufzuklären; darüber hinaus werde
Kolumbien ernsthafte Bemühungen setzen, um seinen internationalen
Verpflichtungen nachzukommen und jene zu schützen, die sich für die Förderung der
Menschenrechte einsetzen. Die EU gibt in diesem Zusammenhang auch ihrer
Besorgnis über den bereits jetzt beginnenden Wahlkampf 1997/98 Ausdruck, der zu
einer weiteren Verschlechterung der Lage im Menschenrechtsbereich führen könnte.
Die Direktorin des im April d.J. eröffneten Büros des Hochkommissars für
Menschenrechte (siehe dazu auch Frage 3) hat nach den Morden an den
Menschen rechtsaktivisten vom kolumbianischen Innenministerium umgehend den
Einsatz von bereits genehmigten Geldmitteln zum Schutz von Menschenrechts-
aktivisten, die von Mordkommandos bedroht sind, verlangt.
Darüber hinaus steht der österreichische Botschafter in Bogota in Kontakt sowohl mit
der kolumbianischen Regierung als auch mit dem Büro des Menschenrechts-
hochkommissars in Bogotá und wird durch periodische Rückfragen das
österreichische Interesse an einem raschen Ergebnis der Untersuchungen des
Mordfalles zum Ausdruck bringen.
ad Frage 2:
Die kolumbianische Regierung hat in den letzten Jahren bedeutende Finanzmittel für
die Justiz zur Verfügung gestellt und Personalaufstockungen im Justizbereich
veranlaßt, um zur Verringerung des Prozentsatzes unaufgeklärter, auch politischer,
Straftaten beizutragen. Bisher war die Regierung in diesem Bemühen wenig
erfolgreich, wobei auch berechtigte Kritik gegenüber der Militärstrafgerichtsbarkeit
besteht. Der Mißerfolg dieser Bemühungen liegt nicht zuletzt an der kritischen
innenpolitischen Situation des Landes, die durch das Ansteigen von Terrorakten,
Entführungen und bewaffneten Auseinandersetzungen gekennzeichnet ist.
Verschärft wird die Situation durch verstärkte Aktivitäten von Guerillas, sog.
Paramilitares und anderen Selbstverteidigungsgruppen, die nach wirtschaftlicher und
politischer Einflußnahme streben und deren Aktivitäten eine deutliche Bedrohung der
Zivilbevölkerung darstellen.
ad Frage 3:
Bei der jüngsten Tagung der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen in
Genf von März bis April 1997 hat sich Österreich mit den anderen EU-
Mitgliedstaaten über eine einheitliche Vorgangsweise bezüglich der
Menschenrechtssituation in Kolumbien beraten. Ziel der Verhandlungen war es, eine
Erklärung des MRK-Vorsitzes zur Lage der Menschenrechte in Kolumbien zu
erreichen. In dieser von der EU mitgetragenen Erklärung äußerte sich der Vorsitz
besorgt über die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in Kolumbien, lobte aber
gleichzeitig den Willen der kolumbianischen Regierung zur Zusammenarbeit mit
internationalen Menschenrechtsmechanismen (etwa dem VN-Sonderberichterstatter
zur Unabhängigkeit der Justiz) sowie mit dem Internationalen Komitee vom Roten
Kreuz (IKRK). Ausdruck dieses Willens ist die Eröffnung eines bei der 52. MRK in
Genf beschlossenen Büros des Hochkommissars für Menschenrechte in Santa Fe‘
de Bogotá, das am 7. April 1997 unter der Leitung der Spanierin Almudena
Mazzarasa seine Arbeit aufgenommen hat. Finanziert wird das Büro des
Hochkommissars im wesentlichen von der EU. Das Mandat des Büros umfaßt
einerseits Monitoring und Berichterstattung
über die Menschen rechtssituation in
Kolumbien, aber andererseits auch die konkrete praktische Zusammenarbeit mit den
kolumbianischen Behörden.
Die MRK forderte den Hochkommissar für Menschenrechte auf, bei ihrer nächsten
Tagung im Frühjahr 1998 einen umfassenden Bericht zur Menschenrechtslage in
Kolumbien vorzulegen, der auch die Tätigkeit des neuen Büros des
Hochkommissars in Bogotá umfassen soll. Österreich wird sich bei der kommenden
MRK im Rahmen der EU wieder dafür einsetzen, daß die Empfehlungen der MRK
eingehalten und überprüft werden und daß auch 1998 die Menschenrechtssituation
in Kolumbien beobachtet und das Mandat des Büros des Hochkommissars in Bogotá
fortgeführt wird.