2453/AB XX.GP
Auf die aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigeschlossene schriftliche
parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen
vom 10. Juni1997, Nr. 25651J, betreffend Umsatzsteuer auf Mieten beehre ich mich
folgendes mitzuteilen:
Nach dem EU-Beitrittsvertrag kann die Republik Österreich in Abweichung von Artikel 28
Abs. 2 der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie bis 31. Dezember 1998 einen ermäßigten Steuersatz
auf die Vermietung von Grundstücken für Wohnzwecke anwenden, sofern der Satz nicht
unter 10% liegt. Dies bedeutet, daß Österreich auf jeden Fall - also auch im Falle entgegen-
stehender Richtlinien-Bestimmungen - den ermäßigten Steuersatz von 10% für die
Wohnungsvermietung bis 31. Dezember 1998 aufrechterhalten kann.
Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang allerdings auch die Übergangsbestimmung des
Art. 28 Abs. 2 lit. d der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie, wonach Mitgliedstaaten, die am
1. Jänner 1991 auf Umsätze (unter anderem) von Wohnungen einen ermäßigten Steuersatz
angewandt haben, diesen Satz weiter anwenden können. Diese Regelung bedeutet nach
Auffassung des Bundesministeriums für Finanzen, daß Österreich den ermäßigten Steuersatz
für die Wohnungsvermietung auch über den 31. Dezember 1998 hinaus anwenden kann. Nur
bei einer Aufhebung dieser Übergangsbestimmung würde die Beibehaltung des ermäßigten
Steuersatzes für die Wohnungsvermietung über den 31. Dezember 1998 hinaus nicht möglich
sein. Eine derartige Aufhebung kann allerdings nach dem geltenden EU-Recht nur einstimmig
- also mit Zustimmung Österreichs -
erfolgen.
Aus diesen grundsätzlichen Ausführungen ergibt sich zu den konkreten Fragen folgendes:
Zu l.,2.und5.:
Die Notwendigkeit einer Mitwirkung Österreichs innerhalb der EU im Bereich der Mietenbe-
steuerung war bisher nicht geboten, weil eine Aufhebung der Übergangsbestimmung des
Art. 28 Abs. 2 lit. d der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie derzeit nicht in Diskussion steht. Aus
diesem Grund stellt sich die Frage des österreichischen Stimmverhaltens derzeit nicht. Auch
Überlegungen hinsichtlich allfälliger Ausgleichsmaßnahmen bei Einführung einer unechten
Steuerbefreiung für die Wohnungsvermietung erscheinen derzeit nicht zielführend.
Wie bereits eingangs ausgeführt, könnte nach derzeit geltendem EU-Recht die Übergangs-
bestimmung allerdings nicht ohne Zustimmung Österreichs aufgehoben oder abgeändert
werden.
Zu 3.:
Zunächst ist zu bemerken, daß sich die Kostensteigerungen praktisch nur auf den Bereich
der Vermietung an Private beziehen, da der begünstigte Umsatzsteuer (USt)-Satz nur für
Wohnungsmieten, Beherbergung u.ä. gilt und Ust-pflichtige Unternehmer die auf Mieten ent-
fallende USt als Vorsteuer geltend machen können und daher von einer Satzerhöhung nicht
berührt wären.
Generell am stärksten betroffen wäre das Beherbergungsgewerbe, das für Übernachtungen
statt derzeit 10% den Normalsatz von 20% verrechnen müßte, was zu einer wettbewerbs-
mäßig ungünstigen Preiserhöhung von ca. 9% oder zu einer entsprechenden Verringerung
der Spanne führen würde.
Bei den Wohnungsmieten wäre die Auswirkung einer Änderung der USt-Besteuerung auf die
Mieten von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. Bei Altbauobjekten ohne größere Investitions-
notwendigkeiten würde die Steuerbefreiung zu einer Kostensenkung führen, während bei
Neubaumieten und Mieten von Wohnungen, die mittels hoher Investitionen instandgesetzt
wurden, wegen des Wegfalls des Vorsteuerabzugs beträchtliche Kostenerhöhungen in Kauf
zu nehmen wären. Diesem Effekt könnte insofern begegnet werden1 als man bei sehr hoher
Vorsteuerbelastung zur Besteuerung optiert; die Erhöhung der Bruttomieten wäre dadurch mit
10% der Miete ohne USt bzw. ca. 9% der derzeitigen Bruttomiete begrenzt. Allerdings werden
erfahrungsgemäß Kostensenkungen
schwächer preiswirksam als Kostenerhöhungen.
Eine gänzliche Steuerbefreiung der Mieten hat außerdem noch den Nachteil einer Abschwä-
chung des Investitionsanreizes1 da die Investitionen wegen des wegfallenden Vorsteuerab-
zugs teurer werden.
Zu4.:
Abgesehen davon daß mit dem Hinweis auf die „optionsmöglichkeit gemäß
§ 6 Abs. 2 UStG 1994“ die Frage implizit von einer unechten Befreiung als Generalregel aus-
geht, gibt es zwischen den angegebenen Varianten keinen wirtschaftlichen Unterschied, da
anzunehmen ist, daß sich die Steuerpflichtigen für die jeweils günstigere Möglichkeit ent-
scheiden. Die Auswirkungen wurden bereits bei Frage 3 qualitativ dargelegt. Genauere
quantitative Angaben würden eine aufwendige Studie erfordern und blieben selbst dann - in
Anbetracht der großen Unterschiede von Fall zu Fall und der schwer prognostizierbaren
Reaktionen der Betroffenen - weitgehend spekulativ.