2473/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Öllinger, Freundinnen und Freunde haben

am 26. Mai1997 unter der Nr. 2470/J an mich eine schriftliche parlamentari-

sche Anfrage betreffend fehlende gesetzliche Grundlage der Rechtschreibre-

form gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:

„1. Ist Ihnen der Artikel ,,Staatssprache und Rechtschreibreform“ bekannt?

2. Teilen Sie die Rechtsauffassung, wie er in diesem Artikel zum Ausdruck

gebracht wird? Teilen Sie insbesondere die Rechtsauffassung, daß die

Einführung einer neuen Rechtschreibung nicht auf dem Erlaßwege, son-

dern nur über die Befassung des Gesetzgebers, also des Parlamentes er-

folgen kann?

3. Wenn ja: Bis wann ist mit einer Befassung des Parlamentes zu rechnen?

Wenn er die neue verwendet: Wird er diese nur bei offiziellen Anlässen

verwenden, privat aber weiterhin die alte pflegen?

4. Sind auch die obersten Bundesorgane (Bundespräsident, Bundeskanzler,

Unterrichtsministerin ...>, die ja nicht weisungsgebunden sind, verpflichtet1

die neue Rechtschreibung anzuwenden, oder dürfen sie weiterhin die alte

verwenden?

5. Wird der Bundeskanzler die alte oder die neue Rechtschreibung verwen-

den? Wenn er die neue verwendet: Wird er die neue nur bei offiziellen

Anlässen verwenden, privat aber weiterhin die alte pflegen?

6. Sind die Gerichte, die in der Ausübung ihres Amtes unabhängig sind, ver-

pflichtet, die neue Rechtschreibung anzuwenden, oder dürfen sie weiter-

hin die alte verwenden?

7. Sind die Länderorgane verpflichtet1 die neue Rechtschreibung anzuwen-

den, oder dürfen sie weiterhin die alte verwenden, zumal sie gegenüber

Bundesorganen nicht weisungsgebunden sind?“

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

ZuFrage1:

Dem Bundeskanzleramt ist der genannte Artikel bekannt.

ZudenFragen2und3:

Es bestehen mehrere Möglichkeiten der Umsetzung der Rechtschreibreform.

Meiner Meinung nach sollte davon abgesehen werden, die neuen Regeln für

die Staatssprache für rechtlich verbindlich zu erklären. Im Einvernehmen

zwischen den zuständigen Bundesministerien wurde daher folgende Vor-

gangsweise ins Auge gefaßt: Ausgehend von der politischen Absichtser-

klärung, die am 1. Juli1996 von verschiedenen Staatenvertretern unterfertigt

wurde, erfolgt die Umsetzung im Rahmen der den staatlichen Stellen zur Ver-

fügung stehenden Möglichkeiten. An eine allgemeine Verpflichtung der Bür-

gerinnen und Bürger zur Einhaltung der Rechtschreibreform ist nicht gedacht,

die Reform berührt daher auch nicht deren grundrechtliche Stellung. Vielmehr

ist eine Umsetzung im Rahmen des Schulunterrichts sowie des Schriftverkehrs

der Dienststellen in Aussicht genommen. Was den Schulbereich betrifft, so

handelt es sich um die Festlegung eines Lehrinhaltes, der auf die Schulgesetze

als gesetzliche Grundlage zu stützen ist. Die Umstellung auf die neue Recht-

schreibung im Bereich des inneren Dienstes ist eine Angelegenheit der inneren

Organisation der Verwaltungsbehörden1 deren Einhaltung den Bediensteten im

Rahmen ihrer Dienstpflichten obliegt.

Zu Frage 4:

Eine rechtliche Verpflichtung der obersten Organe besteht - so wie auch bisher

- nicht. Die Bundesregierung wurde vom Anliegen der Rechtschreibreform

durch die Berichte der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angele-

genheiten vom 4. Juli 1995 und vom 11. Juni1996 informiert. Die Bundes-

ministerin hat in einem Schreiben vom 22. Mai 1997 eine Reihe von Institu-

tionen, darunter auch die obersten Organe der Vollziehung, ersucht1 sich im

jeweiligen Wirkungsbereich für die Umsetzung der Rechtschreibreform ein-

zusetzen.

Zu Frage 5:

Soweit diese Frage einen Gegenstand der Vollziehung im Bereich des Bundes-

kanzleramtes betriffi1 halte ich fest, daß ich mich in meinem Wirkungsbereich

für die Umsetzung der Rechtschreibreform einsetzen werde.

Zu Frage 6:

Diese Frage betrifft nicht meinen Vollziehungsbereich.

Zu Frage 7:

Aus dem oben Gesagten ergibt sich, daß an eine rechtliche Bindung der

Länder nicht gedacht ist. Im übrigen verweise ich auf das bereits erwähnte

Schreiben der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten

vom 22. Mai1997.