2512/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde haben

an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend Maßnahmen zum Bereich Sekten und

destruktive Kulte, gerichtet und folgende Frage gestellt:

„1 Was werden Sie unternehmen, daß mit der Aufklärung befaßte Personen bei der

Abgabe von kritischen Werturteilen nicht durch Zivilklagen einer Gruppe finan-

ziellen Schaden erleiden? Welche Maßnahmen werden Sie setzen, damit durch

solche Straf- und Zivilprozesse nicht eine sachliche Aufklärung verhindert wird?“

Ich beantworte diese Frage wie folgt:

Zu 1:

Einleitend muß ich darauf hinweisen, daß grundsätzlich niemand davor bewahrt

werden kann, von jemand anderem mit einer zivilgerichtlichen Klage belangt zu wer-

den. Der Ausgang eines zivilgerichtlichen Verfahrens hängt nicht bloß von der

Rechtslage auf dem Gebiet des formellen und des materiellen Rechts ab, sondern

auch von anderen Umständen, insbesondere der Beweisbarkeit der für das Beste-

hen oder Nichtbestehen des Anspruches maßgeblichen Tatsachen und nicht zuletzt

vom Verhalten der Prozeßparteien. Für dieses Verhalten kommt auch den zivilpro-

zessualen Regelungen über die Prozeßkosten Bedeutung zu. Diese Regelungen

(§§ 40 ff. ZPO) gehen davon aus, daß zunächst jede Partei ihre kosten selbst trägt,

hinsichtlich des Ersatzes gilt das Erfolgsprinzip. Die Bestimmungen bewahren so ei-

nerseits den Kläger davor, daß sich der Beklagte gegen berechtigte Forderungen in

unverhältnismäßigerweise zur Wehr setzt, weil er zusätzlich zum klagsanspruch

auch noch dem Kläger den Ersatz von dessen Prozeßkosten zu leisten hat und - na-

türlich - seine eigenen kosten tragen muß, sowie andererseits den Beklagten davor,

sich ungerechtfertigten klagen gegenüberzusehen, weil den Kläger im Fall seines

Unterliegens die Pflicht zum Ersatz der kosten des Beklagten trifft und er seine Auf-

wendungen für das Verfahren selbst tragen muß. Welchen Ausgang ein zivilgericht-

liches Verfahren letztlich nimmt, kann oft nur an dessen Ende gesagt werden. Meist

verfügen aber die Parteien eines solchen Verfahrens über gewisse Einschätzungen

ihrer Chancen. Sollte eine Partei wirtschaftlich außer Stande sein, die Kosten ihres

Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, so

steht ihr die Möglichkeit der Verfahrenshilfe (§ 63 ff ZPO) offen.

Von diesem allgemein gültigen System zugunsten von in der Sektenaufklärung täti-

gen Personen abzugehen, besteht im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gleich-

heitsgebot (Art. 7 B-VG> sowie das verfassungsrechtlich verankerte Menschenrecht

auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK) keine Möglichkeit. Auch sachlich besteht kei-

ne Veranlassungen hiezu. Sämtliche Personen, die in vergleichbarer Weise in der

Öffentlichkeitsarbeit tätig sind, müssen die geltenden Rechtsvorschriften gegen Ver-

letzungen der Ehre sowie zur Verhinderung und zum Ersatz von Schaden in diesem

Zusammenhang achten, gleichgültig zu welchem Zweck die Öffentlichkeitsarbeit be-

trieben wird. Personen, vor allem Dienstnehmer, die im fremden Interesse tätig sind,

können dabei durch organisatorische oder dienstrechtliche Maßnahmen, etwa durch

wirtschaftliche Unterstützung durch den Dienstgeber bei Prozeßführung durch Drit-

te, entsprechend geschützt werden.

Im übrigen bitte ich um Verständnis, daß Maßnahmen gegen Sekten wegen ihrer

vielfach in der Öffentlichkeit abgelehnten Praktiken nicht zu den Aufgaben des Ju-

stizressorts gehört. Dessenungeachtet hat sich das Justizressort an den Aktivitäten

im Rahmen der Bundesregierung zur Verbesserung der Aufklärung über Sekten und

destruktive Kulte beteiligt. Vorkehrungen, die Personen, die über Sekten oder de-

struktive Kulte aufklären, wirksam schützen, können nach Auffassung des Bundes-

ministeriums für Justiz nur auf dienstrechtlicher oder organsatorischer Ebene getrof-

fen werden. In diesem Zusammenhang weise ich auf die Bestrebungen des Bun-

desministers für Umwelt, Jugend und Familie hin, eine Bundesstelle für Sektenfra-

gen zu schaffen.