2541/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Pollet-Kammerlander, Anschober, Freundinnen

und Freunde haben am 5. Juni 1997 unter der Nr. 2526/J an mich eine schriftliche Anfrage

betreffend „der Nuklearstrategie der NATO“ gerichtet, welche den folgenden Wortlaut

hat:

„1. Sie haben im zitierten Antwortschreiben vom 3.01.1997 versichert, daß „Österreich

seine allgemeine auf atomare Abrüstung zielende Politik weiterverfolgen wird“. In

Ihrem Referat am 27. April 1997 im NATO-Hauptquartier haben Sie im Gegensatz

dazu für einen österreichischen Beitritt zum atomar bewaffneten atlantischen

Bündnis plädiert. Damit würde der nukleare Abschreckungsschirm nach Osten

vorgeschoben und der nukleare Erstschlag auf die österreichische Militärstrategie

ausgedehnt werden. Wie vereinbaren Sie Ihre Bestrebungen für einen

österreichischen Beitritt zu NATO oder WEU mit dieser Politik der nuklearen

Abrüstung, die Österreich verfolgt?

2. Halten Sie die aufrechte Option des nuklearen Erstschlages, den sich die NATO

vorbehält für den richtigen Weg zur Erreichung von Frieden und Stabilität in

Europa und der Welt?

3. Erachten Sie die amerikanische Nukleargarantie für europäische NATO-Mitglieder

auch nach dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes noch für notwendig?

4. Halten Sie eine Initiative Österreichs, die Sie auch in Ihrem Schreiben vom

3.01.1997 als möglich erachten, für ein atomwaffenfreies Europa als politisch

sinnvoll? Wenn ja, welche Schritte werden Sie in diese Richtung unternehmen?“

Ich beehre mich, diese Anfrage wie folgt zu beantworten:

Zu Frage 1:

Die Staats- und Regierungschefs der NATO haben bei ihrem Gipfeltreffen in Madrid am

8. Juli d.J. Polen, Ungarn und die Tschechische Republik zur Aufnahme von Beitrittsver-

handlungen eingeladen, die im April 1999, dem fünfzigsten Gründungstag der Allianz,

abgeschlossen sein sollen. Ferner ist in Madrid klar zum Ausdruck gekommen, daß jeden-

falls Slowenien und Rumänien zu den bestplazierten Kandidaten einer nächsten

Erweiterungsrunde gehören, über welche die NATO ebenfalls im April 1999 entscheiden

möchte.

Damit sind die Weichen für die Erweiterung des Bündnisses nach Osten völlig unabhängig

von einer künftigen sicherheitspolitischen Option Österreichs bereits gestellt.

Darüber hinaus möchte ich festhalten, daß sich im Zuge der NATO-Erweiterung die Aus-

sichten für substantielle Abrüstungsschritte auch im nuklearen Bereich generell weiter

verbessert haben. Ich verweise hier insbesondere auf die von der NATO hinsichtlich der

Nicht-Stationierung von Atomwaffen in den neuen Mitgliedstaaten getroffenen Fest-

legungen, auf die diesbezüglichen Vereinbarungen in der ,,Gründungs akte über die gegen-

seitigen Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit zwischen der NATO mit der

Russischen Föderation“ und in der „Charter über eine hervorgehobene Partnerschaft

zwischen der NATO mit der Ukraine“ sowie auf das deutliche Bekenntnis der NATO in

der Erklärung des Madrider Gipfels zu weiteren Abrüstungsinitiativen gerade im Bereich

strategischer Nuklearwaffen.

Vor diesem Hintergrund wird Österreich seine auf allgemeine systematische und

progressive atomare Abrüstung zielende Politik selbstverständlich weiter verfolgen.

Zu Fragen 2 und 3:

Diese Fragen berühren nicht den Bereich der Vollziehung des Bundes, weshalb ich um

Verständnis bitte, wenn ich darauf nicht näher eingehe.

In dem von Ihnen in der Anfrage erwähnten Schreiben habe ich bereits auf die Gründe

aufmerksam gemacht, warum die weißrussische Initiative zur Errichtung einer atom-

waffenfreien Zone in Zentral- und Osteuropa kaum Aussichten auf Erfolg haben wird.

Hinsichtlich weiterer Bestrebungen für eine Reduzierung und schließlich weltweite allge-

meine und umfassende Abschaffung von Kernwaffen bietet Österreichs Teilnahme an der

Genfer Abrüstungskonferenz sowie die Vertretung in der Ersten Kommission der UN-

Generalversammlung sowie der Abrüstungskommission der Vereinten Nationen auch

weiterhin den Rahmen für geeignete Initiativen.

So würde ein Verbot der Produktion von spaltbarem Material für Kernwaffen, für das

Österreich im Rahmen der Genfer Abrüstungsverhandlungen eintritt, aus österreichischer

Sicht den langfristigen politischen Zielsetzungen im Abrüstungsbereich entsprechen.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung im Sinne der Entschließung des Nationalrates

vom 5. Juni 1992 ihre bisherige Politik der Ablehnung aller Atomwaffenversuche - ich

erinnere an das Beispiel der französischen Atomtests - sowie die Unterstützung der

Kontrolle des Atomteststoppvertrages (CTBT) fortsetzen.