2574/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Partik-Pablè, Lafer und

Kollegen haben am 9. Juli 1997 unter der Nr. 2716/J an mich

eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend ‚Key-

Leader-Ausbildung" gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:

1. Auf wessen Initiative hin wurden bzw. werden diese Kurse

abgehalten?

2. Aus welchen Einzelposten genau setzen sich die Kosten für

einen dieser Key-Leader-Kurse zusammen?

3. Auf welche Höhe genau belaufen sich die durch den jeweiligen

Einzelposten aufgeworfenen Kosten?

4. Wie hoch sind die durch diese Kurse entstandenen bzw. noch

entstehenden Gesamtkosten?

5. Wer trägt die Kosten?

6. Besteht - sozusagen im Gegenzug - auch für österreichische

Exekutivbeamte die Möglichkeit, sich andernorts ausbilden

bzw. schulen zu lassen?

Wenn ja, wo genau, wie oft war das bisher der Fall und wer

trug die angefallenen Kosten?

7. Ist es richtig, daß es im Zuge dieser Ausbildung auch zur

Anschaffung von Personalcomputern kam?

Wenn ja, wie viele wurden angeschafft und was ist deren wei-

terer Verwendungszweck?

8. Ist es richtig, daß es zur Überlassung von Möbelgarnituren

aus den Beständen des BMI kam?

Wenn ja, warum?

9. Ist es richtig, daß der Transport der genannten Gegenstände

kostenlos erfolgt und von Angehörigen der BPD Wien durchge-

führt wird?

Wenn ja, warum?

10. Halten Sie für vertretbar, daß einerseits derartige Kurse,

deren Kosten offensichtlich aus Budgetmitteln getragen wer-

den, abgehalten werden, andererseits gerade im Bereich der

Exekutive massiv eingespart wird?

Wenn ja, warum?"

Die Key-Leader-Ausbildung begann am 17.11.1996 und endete am

27.6.1997. In dieser Zeit wurden in der Schulabteilung der BPD

Wien fünf Kurse abgehalten, bei denen insgesamt 120 Führungsbeam-

te (pro Kurs 24 Teilnehmer) der Polizei der Föderation Bosnien-

Herzegowina ausgebildet wurden.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1:

Im Februar 1996 wandte sich die UNO an das österreichische Innen-

ministerium mit der Bitte, ob Österreich ein Training Assessment

Team (TAT) nach Bosnien-Herzegowina entsenden könnte, um die

gegenwärtige Situation der Exekutive in Bosnien- Herzegowina

sowie notwendige Maßnahmen zu ihrer Reorganisation zu erheben.

Besonderes Augenmerk sollte das TAT dabei auf Ausbildungserfor-

dernisse und die Entwicklung von Ausbildungsrichtlinien legen,

die darauf abzielten, das Verständnis für demokratische Grund-

und allgemeine Menschenrechtsnormen zu fördern sowie Differenzen

zwischen den einzelnen ethnischen Gruppen abzubauen.

Gleichzeitig mit diesem Ersuchen wurde das Ansuchen vorgetragen,

Österreich möge prüfen, inwieweit Ausbildungsprogramme in Bil-

dungseinrichtungen des BMI durchgeführt werden könnten.

Im Mai 1996 wurde der UNO vom TAT ein ‚Bericht über die Erkundung

des Ausbildungs- und organisationsstandes der Polizeien auf den

Gebiet der Republik Bosnien und Herzegowina“ vorgelegt.

In diesem Bericht wurden auch eine Reihe von Ausbildungsmaßnahmen

empfohlen, von denen eine im wesentlichen mit der später in

Österreich durchgeführten Key-Leader-Ausbildung ident war.

Gleichzeitig wurde vom TAT vorgeschlagen, Führungskräfte der

bosnischen Polizei in Österreich auszubilden. Dieser Vorschlag

wurde von der Internationalen Police Task force (ITPF) angenom-

men.

Aufgrund der politischen Verhältnisse in Bosnien-Herzegowina

mußte der für Juli 1996 geplante Beginn des Ausbildungsprogrammes

jedoch bis in den Herbst 1996 verschoben werden.

ZuFrage2:

Die Kosten für die Key-Leader-Kurse setzen sich aus folgenden

Einzelposten zusammen:

1. Verpflegung für die Lehrgangsteilnehmer (Frühstück, Mittages-

sen, Abendessen)

2. Taggeldauszahlung für die Lehrgangsteilnehmer

3. Vergütung der Vortragstätigkeiten gern. § 25 (1) GG 1956

4. Honorarkosten für die DolmetscherInnen

5. Kranken— und Unfallversicherung für die Lehrgangsteilnehmer

6. Materialkosten für Unterrichtsbehelfe

7. Betankung des UN-Transportfahrzeuges

Zu Frage 3:

Für die jeweiligen Einzelposten entstanden nachstehend angeführte

Kosten:

1. Verpflegung                                                                 S 520.210,--

2. Taggeld                                                                        S 265.650,--

3. Vergütung von Vortragstätigkeiten                              S 356.820,--

4. Honorarkosten für die DolmetscherInnen                    S 214.320,--

5. Unfall- und Krankenversicherung                                S  45.500,--

6. Materialkosten                                                              S  24.718,42

7. Betankung des UN-Transportfahrzeuges                      S    5.249,98

Zu Frage 4:

Es muß grundsätzlich darauf hingewiesen werden, daß sowohl von

Seiten des BMI als auch von der Kursleitung alles unternommen

wurde, um die Kosten möglichst gering zu halten bzw. sie auch im

Verlauf des Ausbildungsprogrammes unter Einhaltung der Zielvorga—

ben entsprechend zu senken.

Nach Vorliegen erster Erfahrungswerte wurde z.B. ab dem 4. Kurs

die Kursdauer um eine Woche reduziert, der Transport der Kurs-

teilnehmer wurde von der UNO übernommen und die UN-IPTF stellte

ab diesem Zeitpunkt jedem Kurs zwei Dolmetscher zur Verfügung.

Die durch diese Kurse entstandenen Gesamtkosten belaufen sich auf

S 1.432.468,40.

Die Key-Leader-Ausbildung wurde mit Ende des 5. Kurses am

27.6.1997 eingestellt, weshalb aus diesem Titel keine weiteren

Kosten entstehen.

Zu Frage 5:

Die Kosten der Key-Leader-Ausbildung werden durch das Bundesmini-

sterium für Inneres getragen.

Zu Frage 6:

Für österreichische Exekutivbeamte bestehen eine Reihe von Aus-

bildungsinöglichkeiten an Bildungseinrichtungen ausländischer

polizeiorganisationen, wie z.B. in den Vereinigten Staaten, in

Großbritannien oder in der Bundesrepublik Deutschland.

Die Kosten für die Teilnahme österreichischer Beamter in derar-

tigen Ausbildungskursen werden im Regelfall von den jeweiligen

Staaten getragen. Das BMI übernimmt in diesem Rahmen lediglich

die anfallenden Reisekosten.

Die Nutzung solcher Bildungsangebote im Ausland ist unterschied-

lich und auch vom Bedarf der regionalen Behörden abhängig. Aus

diesem Grund kann sie nicht in absoluten Zahlen quantifiziert

werden.

Zu Frage 7:

Nein.

Es wurde ein Gerät aus dem Bestand des Bundesministeriums für

Inneres leihweise zur Verfügung gestellt.

Zu Frage 8:

Ja.

Es handelt sich hiebei um Gegenstände, welche nach den Bestimmun-

gen der RIM bereits ausgeschieden und für den Dienstbetrieb nicht

mehr geeignet sind.

Zu Frage 9:

Ja.

Aus humanitären Gründen.

Zu Frage 10:

Die Key-Leader-Ausbildung für bosnische Polizeibeamte ist als

österreichischer Beitrag zum Bemühen der internationalen Staaten-

gemeinschaft um eine Normalisierung der Verhältnisse in

Bosnien-Herzegowina anzusehen. Im Rahmen der Dublin Conference

on Law Enforcement Assistance to Bosnia and Herzegowina am

28.9.1996 wurde das österreichische Engagement um einen Aufbau

der Exekutive in Bosnien-Herzegowina mit den Aktivitäten anderer

Länder in diesem Zusammenhang abgestimmt (dabei boten z.B. auch

Großbritannien und Dänemark der UNO an, ein Feldtraining bzw.

Trainingskurse für bosnische Polizeibeamte zu veranstalten).

Da der UN-IPTF zufolge ein wesentliches Ziel des Ausbildungspro-

grammes auch im Abbau von Vorurteilen und Konfliktfeldern zwi-

schen den ethnischen Gruppen liegen sollte, erschien eine sinn-

bringende Umsetzung dieser Vorgabe nur durch einen Kursort außer-

halb des Landes möglich. Dies wurde auch von den

IPTF-Angehörigen vor Ort wiederholt betont. Aus diesem Grund und

da die Schulabteilung der BPD Wien über die notwendigen Ressour-

cen verfügte, wurde Wien als Kursort gewählt.

Grundsätzlich muß das Ausbildungsprogramm als wertvoller Beitrag

zur Reorganisation1 zum Aufbau und zur Stabilisierung der Exeku-

tive in Bosnien-Herzegowina betrachtet werden. Durch die Annähe-

rung der bosnischen Polizei an westliche Systeme der Verbrechens-

bekämpfung erlangt die Arbeit der bosnischen Polizei nicht nur

ein höheres Maß an Vertrauenswürdigkeit, sondern auch eine deut-

liche Effizienzsteigerung, was Österreich in zweifacher Hinsicht

zugute kommt. Einmal kann eine wirksame Verbrechensbekämpfung

bereits vor Ort stattfinden (Bosnien- Herzegowina gehört z.B. zu

einer der Haupttransportrouten im Suchtgiftschmuggel), wobei sich

auch neue Möglichkeiten der bilateralen Zusammenarbeit im Bereich

der Bekämpfung des organisierten Verbrechens eröffnen. Zum ande-

ren wird dadurch die Stabilität der politischen und wirtschaftli-

chen Verhältnisse erhöht, was wiederum z.B. Flüchtlingen die

Rückkehr erleichtert. In diesem Sinne kann die Ausbildung bosni-

scher Polizeibeamter in Österreich auch als flankierende Maßnahme

zum Rückführungsprogramm der österreichischen Regierung für bos-

nische Kriegsflüchtlinge angesehen werden.