2625/AB XX.GP
zur Zahl 2634/J-NR/1997
Die Abgeordneten zum Nationalrat Theresia Haidlmayr, Freundinnen und Freunde
haben an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend Verbot des Klonens von Men-
schen, gerichtet und folgende Fragen gestellt:
„1. Teilen Sie die Befürchtung verschiedener Experten, wonach Klonen im Sinne
von Zellkerntransplantation in Österreich gesetzlich nicht verboten ist?
2. Wenn nein, wie begründen Sie Ihre Meinung?
3. Wenn ja, was gedenken Sie dagegen zu unternehmen?
4. Planen Sie im Interesse der Rechtssicherheit eine Novellierung des Gentech-
nikgesetzes sowie des Fortpflanzungsmedizingesetzes nach Vorbild des deut-
schen Embryonenschutzgesetzes?
Wenn ja, wann?
Wenn nein, warum nicht?“
Ich beantworte diese Fragen wie folgt:
Zu 1 bis 3:
Die von der Anfrage angesprochene (neuere) Methode der Zellkerntransplantation
nach dem Modell des Schafes „Dolly“ ist ohne die Verwendung der Eizelle eines
Muttertieres nicht möglich: Im Falle „DolIy“ wurde einem erwachsenen (in diesem
Fall: sechsjährigen) Schaf eine beliebige Körperzelle (in diesem Fall: eine Euterzel-
le) entnommen und aus dieser die genetische Information isoliert. Diese genetische
Information wurde in die Eizelle eines zweiten Schafes, aus der zuvor die geneti-
sche Information entfernt worden war, implantiert. Schließlich wurde diese unge-
schlechtlich befruchtete Eizelle einem dritten Schaf eingepflanzt, das "Dolly“ schließ-
lich zur Welt brachte. Dieses dritte Schaf wäre entbehrlich gewesen, weil grundsätz-
lich auch eines der beiden anderen Schafe als Tragtier in Frage gekommen wäre.
übertragen auf den Menschen würde das bedeuten, daß eine Körperzelle (z.B.
Brustzelle) einem Menschen (Körperzellenspender) entnommen und daraus die ge-
netische Information isoliert werden müßte; anschließend müßte diese genetische
Information in die Eizelle einer Frau (Eizellenspenderin), der vorher die genetische
Information entfernt wurde, implantiert werden. Schließlich könnte diese unge-
schlechtlich befruchtete Eizelle einer weiblichen Person eingepflanzt und von dieser
zur Welt gebracht werden. Dieser Vergleich zeigt, daß bei der in der Anfrage ange-
sprochenen Zellkerntransplantation auch beim Menschen zumindest eine Eizelle
verwendet werden muß.
Das Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) enthält - wegen der ständig voran-
schreitenden medizinischen Entwicklungen - keinen abschließenden Verbotskata-
log, sondern einen Katalog der zulässigen Vorgangsweisen (die medizinischen
Techniken sind wegen der laufenden Entwicklung nicht erschöpfend aufgezählt) im
Rahmen medizinisch unterstützter Fortpflanzung im Sinn des § 1 FMedG.
Nach § 3 FMedG dürfen für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung nur Samen
und Eizellen verwendet werden. Die Eizellen müssen jedenfalls von der fortpflan-
zungswilligen Frau stammen (§ 3 Abs. 3 FMedG). Die verwendeten Eizellen müssen
außerdem, wie sich aus § 3 Abs. 3 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 FMedG und § 137b
ABGB eindeutig ergibt, noch die genetische
Information der fortpflanzungswilligen
Frau enthalten. Schon deshalb erweist sich nach österreichischem Recht die oben
näher dargestellte Zellkerntransplantation nach dem Modell „Dolly“ beim Menschen
als unzulässig.
Dazu kommt noch, daß nach dem Fortpflanzungsmedizingesetz Samen, Eizellen
und entwicklungsfähige Zellen, wie sie in § 1 Abs. 3 FMedG definiert sind, nur so-
weit behandelt werden dürfen, als dies zur Herbeiführung einer Schwangerschaft er-
forderlich ist. Der in diesem Zusammenhang entscheidende § 9 Abs. 1 FMedG lau-
tet:
„Entwicklungsfähige Zellen dürfen nicht für andere Zwecke als für medizi-
nisch unterstützte Fortpflanzungen verwendet werden. Sie dürfen nur inso-
weit untersucht und behandelt werden, als dies nach dem Stand der medizi-
nischen Wissenschaft und Erfahrung zur Herbeiführung einer Schwanger-
schaft erforderlich ist. Gleiches gilt für Samen oder Eizellen, die für medizi-
nisch unterstützte Fortpflanzungen verwendet werden sollen.‘1
Nach dieser Gesetzesstelle ist also die „Behandlung“ einer Eizelle nur zulässig, als
dies „nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Erfahrung zur Herbei-
führung einer Schwangerschaft erforderlich ist“. Gerade dies trifft aber auf eine Zell-
kerntransplantation nicht zu. Zur Herbeiführung einer Schwangerschaft genügt näm-
lich die Befruchtung der Eizellen mit menschlichem Samen des Ehegatten oder Le-
bensgefährten der fortpflanzungswilligen Frau oder eines Spenders (§ 3 Abs. 1 und
2 FMedG). Eine entnommene Eizelle kann unter Laborbedingungen mit einer Sa-
menzelle vereinigt und so die Verschmelzung der Erbinformationen bewirkt werden.
Jede Behandlung, die darauf hinausläuft, daß aus der benötigten Eizelle der Zell-
kern mit der genetischen Information entfernt wird, wie das bei der Zellkerntrans-
plantation nach dem Muster „Dolly“ notwendig wäre, ist somit nicht nach dem Stand
der medizinischen Wissenschaft und Erfahrung zur Herbeiführung einer Schwanger-
schaft erforderlich und daher nach dem Katalog der zulässigen Vorgänge im Sinn
des § 9 Abs. 1 erster Satz FMedG unzulässig.
Zu 4:
Der zu den Punkten 1 bis 3 dargestellte Schutzstandard nach den §§ 3 und 9
FMedG entspricht durchaus den im europäischen Rechtsbereich erarbeiteten Anfor-
derungen (vor allem dem in Bälde
fertiggestellten 1. Zusatzprotokoll zur Bioethik-
Konvention, das die Mitgliedstaaten zu einem umfassenden Verbot des Klonens
menschlicher Lebewesen verpflichten soll) und hält auch einem weltweiten Ver-
gleich (z.B. dem vom US-Präsidenten vorgelegten Gesetzesvorschlag für einen
doning Prohibition Act of 1997) stand. Seitens des Bundesministeriums für Justiz ist
daher eine Novellierung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, etwa nach dem Vor-
bild des § 6 des deutschen Embryonenschutzgesetzes, derzeit nicht geplant.
Was das Gentechnikgesetz anlangt, so weise ich darauf hin, daß für dieses Gesetz
und die allfällige Vorbereitung einer Novelle hiezu federführend die Bundesministe-
rin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz zuständig ist.