2704/AB XX.GP

 

Auf die - aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigeschlossene - schriftliche

parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny und Genossen vom

9. Juli 1997, Nr. 2734/J, betreffend Steuerausfälle durch Doppelbesteuerungsabkommen,

beehre ich mich folgendes mitzuteilen:

Zu 1.

In einer Stellungnahme hat die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) in Ergänzung zu der in

den Statistischen Monatsheften (Tabelle 10.0.3.1) veröffentlichten „Erwerbsstatistik für

ausländische Wertpapiere (Käufe und Verkäufe durch Inländer)“ einschlägige Daten zum

Forderungsstand Österreichs von Schuldverschreibungen der Emittenten Länder Argentinien,

Brasilien und Griechenland übermittelt. Indische Wertpapiere, die ebenfalls in Frage kämen,

spielen, laut Auskunft der OeNB keine Rolle.

Forderungsstand bzw. Nettoerwerb von ausländischen Schuldverschreibungen ausgewählter

Ermittelten Länder durch Österreich (in Mrd. 5)

 

Nettoerwerb 1.Qu. 97

 Stand 31.12.1996

 Stand 31.12.1995

Argentinien

 -0,3

 7,1

 2,0

Brasilien

 -1,0

 4,2

 2,2

Griechenland

 +7,5

 14,4

 3,7

Quelle: OeNB/Abt. f. zahlungsbilanzangelegenheiten (Daten auf Anfrage übermittelt) für Publikation in Berichten und Studien

3/1997 vorgesehen

Der Forderungsstand Österreichs von argentinischen, brasilianischen und griechischen Schuld-

verschreibungen beträgt demnach zum 31. März 1997 rund 32 Mrd.S, wobei mehr als 2/3 auf

griechische Wertpapiere entfallen. Wie die OeNB weiters mitteilt, sind die Käufe griechischer

Schuldverschreibungen fast ausschließlich begünstigten öffentlichen Anleihen zuordenbar. Per

Jahresende 1996 betrug der diesen drei Ermittelten Ländern zurechenbare Anteil am Besitz

ausländischer Schuldverschreibungen durch Österreich knapp 9%.

Zu 2.:

Laut Mitteilung der OeNB betragen die Einnahmen Österreichs im Jahr 1995 aus sonstigen

Kapitalerträgen (= Kapitalerträge ohne Erträge aus Direktinvestitionen) aus den drei genannten

Ländern knapp 1,3 Mrd. S (oder 1,25% der gesamten Kapitalerträge aus dem Ausland). Da

diese Kapitalerträge nicht nur auf Schuldverschreibungen, sondern auch z.B. auf Aktienbesitz

entfallen und die Kapitalerträge nicht nur an Private und den öffentlichen Sektor, sondern auch

an Unternehmungen und Kreditinstitute fließen können, ist der theoretische Steuerausfall

sicherlich mit weniger als 25% dieses Wertes anzusetzen. Ein zusätzlicher Steuerausfall kann

dann eintreten, wenn Wertpapierdepots von Österreichern im Ausland gehalten werden. Da die

regionalen Daten zur Leistungsbilanz nur bis 1995 reichen, können sie keine aktuellen Trends

widerspiegeln.

Einnahmen aus sonstigen Kapitalerträgen (= Kapitalerträge ohne Direktinvestitionen) in Mio. 5

 

1995

 1994

Argentinien

 308

 179

Brasilien

 464

 235

Griechenland

 479

 354

Quelle: OeNB: Regionalbilanz 1995 und 1994 (Daten auf Anfrage übermittelt)

Aus den bei der Beantwortung der Frage 1 verwendeten Daten ist aber ersichtlich, daß sich der

Forderungsbestand Österreichs von argentinischen, brasilianischen und griechischen Schuld-

verschreibungen zum Jahresende 1996 gegenüber 1995 mehr als verdreifacht hat (Zunahme

um 225%). Legt man einen durchschnittlichen Nominalzinssatz von 7% zugrunde, so würden

die Zinserträge Österreichs auf Schuldverschreibungen dieser drei Länder mit 1,8 Mrd. S im

Jahr 1996 zu veranschlagen sein. Der maximale KESt-Steuerausfall wäre unter der Voraus-

setzung, daß diese Schuldverschreibungen ausschließlich von Privaten oder dem öffentlichen

Sektor gehalten werden, mit 450 Mio. S im Jahr 1996 anzusetzen.

Zu 3.:

Das Bundesministerium für Finanzen hat mit mehreren Staaten, deren Doppelbesteuerungs-

abkommen mit Österreich sich nunmehr als mißbrauchsanfällig herausgestellt haben,

Revisionsverhandlungen aufgenommen. Die Revisionsverhandlungen mit Spanien waren

erfolgreich und haben bereits 1995 zu einer entsprechenden Abkommensänderung geführt.

Griechenland hat das österreichische Revisionsanliegen mit unerfüllbaren Gegenwünschen

beantwortet. Argentinien, das bei einer ersten Verhandlungsrunde keine große

Kooperationsbereitschaft erkennen ließ, hat eine für April 1996 in Wien angesetzte zweite

Verhandlungsrunde auf unbestimmte Zeit abgesagt.

Abkommensverhandlungen, die darauf angelegt sind, in die Interessenlage von DBA-Partnern

einzugreifen, erweisen sich zumeist als sehr arbeits- und kostenintensiv. Das Bundes-

ministerium für Finanzen beabsichtigt daher, im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten und

Ressourcen zwar auch weiterhin das Abkommensrevisionsprogramm voranzutreiben, doch

kann bei fehlender Kooperationsbereitschaft der DBA-Partner hiebei keine kurzfristige

Problemlösung erwartet werden.

Es werden daher gegenwärtig andere Möglichkeiten geprüft. So wurde eine Verordnung zur

Begutachtung ausgesandt, durch die den österreichischen Banken die unmittelbare

Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich der Zinsen-KESt untersagt

werden soll. Dies stellt keine Verletzung der Doppelbesteuerungsabkommen dar, da die

Abkommen nicht darauf Einfluß nehmen, ob die abkommensgemäße Steuerentlastung im

Steuerabzugsverfahren oder in einem nachgeschalteten finanzamtlichen Steuer-

veranlagungsverfahren vorgenommen wird. Es ist anzunehmen, daß damit bereits ein großer

Anreiz für die Flucht in DBA-begünstigte Auslandsanleihen genommen wird, da bei

DBA-Anwendung im finanzamtlichen Veranlagungsverfahren auf die Vorteile der End-

besteuerung verzichtet werden müßte.

Eine weitere Maßnahme ist in dem ebenfalls bereits zur Begutachtung ausgesandten

DBA-Durchführungsgesetz vorgesehen. Der Bundesminister für Finanzen soll ermächtigt

werden, steuerwirksame Ausgaben in jener Höhe zu kürzen, in der DBA-steuerentlastete

Auslandsanleihezinsen vereinnahmt werden. Auch dies stellt keine Verletzung eines Doppel-

besteuerungsabkommens dar, da diese Abkommen lediglich Steuerfreistellung von

Auslandszinsen oder die Anrechnung von fiktiven Auslandssteuern verlangen, jedoch keinen

Einfluß darauf nehmen, in welcher Weise sonst die inländische Besteuerungsgrundlage des

österreichischen Steuerpflichtigen gestaltet wird, d.h. welche Aufwendungen steuerlich

abzugsfähig sind und welche nicht.

Es wird erwartet, daß diese beiden rechtlichen Maßnahmen das Problem weitestgehend

entschärfen werden.

Zu 4.:

Es ist nicht möglich, bei einem Doppelbesteuerungsabkommen nur jene Bestimmung zu

kündigen, die sich für Österreich als beschwerlich erweist; eine Kündigung muß daher stets

das Gesamtabkommen erfassen. Dies aber hätte zur Folge, daß alle österreichischen Firmen

mit Auslandsbeziehungen zu dem betreffenden Staat von einer solchen Maßnahme getroffen

würden, was unabsehbare Konsequenzen für den Zugang österreichischer Exportfirmen zu

den ausländischen Märkten nach sich ziehen könnte. Auch ist zu bedenken, daß eine

Kündigungsaktion sich schädlich auf die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich

auswirken könnte. Die Kündigung eines Doppelbesteuerungsabkommens könnte daher nur

dann erwogen werden, wenn dies ohne arbeitsplatzgefährdenden Folgen für die

österreichische Wirtschaft bliebe. Es sind daher in diesem Zusammenhang bisher weder

Abkommenskündigungen erfolgt noch ist aus heutiger Sicht beabsichtigt solche in naher

Zukunft zu kündigen.