2723/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Haidlmayr, Freundinnen und Freunde haben am

7. Juli 1997 unter der Nr. 2632/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage

betreffend Mißbrauchsdebatte beim Pflegegeld gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:

„1. Wieviele behinderte Menschen, die Pflegegeld beziehen, kennen Sie persön-

lich?

2. Wieviele von diesen Personen legen das Pflegegeld auf einem Sparbuch ,,für`s

Enkerl“ an?

3. Wieviele derartige ,,Enkerl-Pflegegeld-Sparbücher“ sind in Ihrem Ressort akten-

kundig?

4. Woher beziehen Sie Ihre Informationen über die Verwendung des Pflegegel-

des?

5. Kennen Sie die oben erwähnte Studie von Christoph Badelt?

6. Welches Modell zur sozialen Absicherung von Frauen, die Angehörige pflegen,

schlagen Sie in Ihrem Weißbuch vor?“

Diese Anfrage beantworte ich - soweit sie einen Gegenstand der Vollziehung im

Sinne des § 90 GOG betrifft wie folgt:

Zu den Fragen 1 bis 4:

In Österreich werden mehr als 80% aller betreuungsbedürftigen Menschen über 60

zu Hause betreut. 80% der Hauptbetreuungspersonen sind Frauen, zwei Drittel der

pflegenden Frauen sind unter 60 Jahre alt.

88% der Hauptbetreuungspersonen sind mit der/dem Pflegebedürftigen verwandt.

77% der Hauptbetreuungspersonen üben keinen Beruf aus.

Nach Ergebnissen der Stichprobe der Studie von Christoph Badelt u.a. „Analyse der

Auswirkungen des Pflegevorsorgesystems“‘ Wien 1997, bestehen zwischen Pflege-

geldbezieherlnnen und Hauptpflegepersonen keine formellen Dienstverträge.

Regelmäßige Geldzahlungen aus dem Pflegegeld an die Betreuungspersonen gibt

es bei fast 40%, allerdings erhalten nur 10% davon monatlich über S 5000,--.

Die finanzielle Regelung der Pflegegeldverwendung aus Sicht der Hauptbetreuungs-

personen sieht derzeit so aus:

Bei 27,1% existiert keine explizite Regelung zwischen Hauptpflegepersonen und

Pflegebedürftigen.

14% erhalten keine Entschädigung für die Pflegetätigkeit.

19,9% erhalten fallweise Entschädigungen.

39,1 % der Betreuungspersonen erhalten regelmäßige Geldzahlungen; der Großteil

allerdings in geringer Höhe.

Weiters konnte ein Teil der in obengenannter Untersuchung befragten Personen

(immerhin mehr als ein Fünftel) keine Angaben zum Bestand finanzieller Regelungen

machen (vgl. Studie Badelt Ch.: a.a.O.).

Die sozialversicherungsrechtliche Absicherung insbesondere pflegender Frauen ist

ungenügend. Ihre häufig psychisch und physisch überaus belastende Tätigkeit wird

in der Regel weder ausreichend finanziell abgegolten, noch führt sie ausreichend zur

Einbindung in das Netz der sozialen Sicherheit.

Es ist mir in meiner Funktion als Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und

Verbraucherschutz ein zentrales Anliegen, daß die wertvolle und unverzichtbare

Tätigkeit der Pflege von betreuungsbedürftigen Personen nicht zum Verlust der

sozialen Sicherheit vieler pflegender Frauen führt. Aus diesem Grund betone ich die

Notwendigkeit einer zielgerichteten und nachvollziehbaren Verwendung des Pflege-

geldes zur (zumindest teilweisen) Abgeltung der pflegerischen Tätigkeit im Hinblick

auf die Kranken- und Altersvorsorge der Hauptbetreuungspersonen.

Ich vertrete zwar die Ansicht, daß das Handeln in einer politischen Funktion eines

breiteren und umfassenderen Zugangs bedarf als jenen der persönlichen Erfahrung,

bin aber gerne bereit, auch meine persönlichen Erfahrungen offenzulegen.

Mein Großvater war sehr pflegebedürftig, mein Onkel ist schwer behindert und eine

meiner Tanten ist schwerst pflegebedürftig. In keinem dieser Fälle aus meiner Ver-

wandtschaft war es selbstverständlich, daß die pflegende Verwandte finanzielle Zu-

wendungen für ihre belastende Tätigkeit erhalten hat.

Zu Frage 5:

Die erwähnte Studie von Christoph Badelt ist mir bekannt. Sie erhärtet in verschie-

denen Aspekten überaus deutlich die Notwendigkeit der Verbesserung der sozialen

Absicherung pflegender Personen.

Zu Frage 6:

In meinem Weißbuch „Eigenständige Alterssicherung für Frauen“ vertrete ich die

Ansicht, daß alle in Österreich lebenden Menschen in die Pensionsversicherung

einbezogen werden sollen. Gesellschaftlich notwendige Tätigkeiten wie Pflege oder

Kindererziehung müssen in der Pensionsversicherung anerkannt werden und sollen

dazu führen, daß die betreuende Person Versicherungszeiten in der Pensionsver-

sicherung erlangt.