2724/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Maier, Gradwohl und Genossen haben am
10. Juli1997 unter der Nr. 2758/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage
betreffend die behördliche nationale Kontrolle gentechnisch veränderter Lebensmit-
tel, Lebensmittelzutaten und Zusatzstoffe gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
„1. Ist es richtig, daß ,,Nahrungsmittelkonzerne‘ den nationalen untersuchungsbe-
hörden keine Informationen über die veränderten DNS-Sequenzen übergeben
müssen, sondern daß diese Übergabe nur an die Europäische Kommission er-
folgt, die ihrerseits aus datenschutzrechtlichen und patentrechtlichen Kriterien
diese Informationen an die Mitgliedstaaten bzw. deren Untersuchungsanstalten
nicht weitergibt?
2. Welche zusätzlichen Maßnahmen werden in Österreich notwendig sein, damit
die einschlägigen Bundesanstalten sowie sonstige staatliche Untersuchungs-
einrichtungen in die Lage versetzt werden, entsprechende Kontrollen auf Ein-
haltung der Novel-Food-Verordnung und allenfalls weiterer zukünftiger ein-
schlägiger Normen vorzunehmen?
3. Wie hoch ist dafür der zusätzliche Sach- und Personalaufwand?
4. Welche standardisierten Verfahren gibt es zum Nachweis von gentechnischen
Veränderungen in Pflanzen?
5. Welche standardisierten Verfahren (Nachweismöglichkeiten) zum Nachweis
von gentechnisch veränderten Lebensmitteln, Lebensmittelzutaten und
Zusatzstoffe gibt es für die Lebensmittelüberwachung in Europa?
6. Wie ist überhaupt der Stand der diesbezüglich einschlägigen Analytik in
Europa?
7. Wird es bei derartigen Kontrollen internationale Zusammenarbeit geben?
8. Wenn ja, in welcher Form?“
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Nein, die Firmen müssen im Zulassungsverfahren nach den Richtlinien 90/220 EWG
bzw 97/258 EG die jeweiligen gentechnischen Veränderungen den
Zulassungsbehörden bekanntgeben. Im Rahmen des Zulassungsverfahrens werden
diese Informationen an die Zulassungsbehörden der EU-Mitgliedstaaten weitergege-
ben. Die Unterlagen sind zum Teil vertraulich. Die Bundesanstalt für Lebensmittel-
untersuchung und -forschung (BALUF) in Wien ist seit August1996 in die Zulas-
sungsverfahren eingebunden und hat daher seit diesem Zeitpunkt Kenntnis über die
Fremd-DNA der jeweiligen GVO‘s (gentechnisch veränderte Organismen) in Lebens-
mitteln.
Dessenungeachtet gibt es jedoch auch mehrere Nachweismethoden für GVO‘s in
Lebensmitteln. Für die derzeit im Lebensmittelbereich relevanten zugelassenen
GVO‘s (z.B. RR-Soja/Fa. Monsanto und Bt-Mais/Fa. Ciba-Geigy) wurden mehrere
Nachweisverfahren veröffentlicht:
RR-Soja: Fa. Gene-Scan/Hydrotox, Freiburg, D (Wurz A et.al. BgVV-Heft 111997)
Arbeitsgruppe Prof. Lüthy, Univ. Bern (Köppel et.aI., Mitt.Geb.Lebenm.Hyg. 88/1997)
Bt-Mais: Robert Koch Inst. Berlin (Ehlers et.aI., Bundesgesundheitbl. 4/97)
Arbeitsgruppe Prof. Engel, TU München (in
Vorbereitung).
Screeningmethode für Marker- und kontrollgene (gültig für ca. 80% der für Frei-
setzungen angemeldeten GVO): deutsch-schweizerische Arbeitsgruppe
(Dt. Lebensm.Rundschau 93/1997).
Zusätzlich ist seit kurzem ein Testkit zum Nachweis von RR-Soja kommerziell
erhältlich (entwickelt von Fa. Hanse-Analvtik, Bremen1 D).
Bereits 1995 wurde für das erste GVO-Lebensmittel (Flavr SavrTM~Tomaten) ein
Nachweisverfahren veröffentlicht (R.Meyer, Z.Lebenm,Unters.Forsch.).
Zu Frage 2:
Zum Nachweis von GVO sind entsprechend ausgerüstete molekularbiologische
Laboratorien mit ausreichend geschultem Personal notwendig. Die BALUF Wien
arbeitet seit 1996 mit molekularbiologischen Methoden. In anderen Bundes- bzw.
Landesanstalten sind entsprechende Labors im Aufbau.
Zu Frage 3:
Der Sachaufwand pro Labor für Geräte - Grundausstattung (je nach bereits vorhan-
dener Ausrüstung) ist mit einem Betrag zwischen Ös 100.000,-- bis Ös 200.000,--
zu beziffern. Das Labor muß unbedingt zwei getrennte Räume haben. Eine ver-
besserte Ausrüstung, z.B. Thermocycler mit höherer Kapazität, kostet ca.
Ös 100.000,--, DNA-Seqencer ca. ÖS 600.000,--.
Der Personalaufwand pro Labor ist mit einem Akademiker mit entsprechender
molekularbiologischer Ausbildung sowie mindestens einem Chemotechniker mit
entsprechender molekularbiologischer Ausbildung (je nach Probenanzahl und
Untersuchungsaufwand) zu veranschlagen.
Zu den Fragen 4 und 5:
Folgende Nachweismethoden stellt die amtliche Sammlung von Untersuchungsver-
fahren nach § 35 LMBG (Deutschland) fest:
L 24.01-1, Nachweis einer gentechnischen Veränderung von Kartoffeln, Jan.1997.
L 08.00-44, Nachweis einer gentechnischen Veränderung von Lactobaclllus curvatus
in Rohwurst, Jan.1997.
L 02.02-4, Nachweis einer gentechnischen Veränderung von Streptococcus
thermophilus in Joghurt, vor Veröffentlichung.
L..., Nachweis einer gentechnischen Veränderung in Sojabohnen, in
Vorbereitung.
Der Nachweis einer gentechnischen Veränderung in einem Lebensmittel ist nur
möglich, wenn noch genügend DNA vorhanden ist.
Gentechnisch erzeugte Zusatzstoffe sind selbst nicht verändert, sondern mittels
gentechnischer Verfahren hergestellt (aus GVO oder deren Kulturüberständen
isoliert).
Ein gentechnisch hergestellter Süßstoff hat dieselbe chemische Struktur wie ein
konventionell synthetisierter Süßstoff. Der Nachweis einer gentechnischen Her-
stellung gelingt nur, wenn dieser Zusatzstoff nach der Herstellung von DNA des
GVO nicht gereinigt wurde.
Zum Beispiel ist bei Soja-Lecithin das Lecithin selbst nicht verändert, sondern enthält
durch das Herstellungsverfahren in ca. 80% der Proben noch genügend DNA, um
eine eventuelle Herstellung aus GVO-Soja nachweisen zu können.
Zu Frage 6:
Aufgrund der rasanten Entwicklung der molekularbiologischen Technik auf dem
Gebiet der Medizin und Biotechnologie hat die Molekularbiologie auch in der
Lebensmittelanalytik Anwendung gefunden. Beispielsweise publiziert die Arbeits-
gruppe Prof. Lüthy, Univ.Bern, seit 1995 über den Nachweis von GVO, Nachweis
von Tier- und Pflanzenarten.
Zu den Fragen 7 und 8:
Die BALUF Wien wurde eingeladen, an der Arbeitsgruppe nach § 35 LMBG
(Deutschland) „Entwicklung von Methoden zum Nachweis mit Hilfe gentechnischer
Verfahren hergestellter Lebensmittel“ teilzunehmen. An dieser Arbeitsgruppe, die
vom Bundesgesundheitsamt für
Veterinär- und Verbraucherschutz Berlin koordiniert
wird, sind über 30 Laboratorien (Bundes- bzw. Landesuntersuchungsämter, Uni—
versitätsinstitute u.a.) vornehmlich aus Deutschland beteiligt. Zur Zeit wird an dem
Verfahren zum Nachweis von gentechnisch veränderten Sojabohnen gearbeitet. An
dem diesbezüglichen Ringversuch hat auch die BALUF Wien teilgenommen. Die
bereits veröffentlichten Verfahren sind in der Beantwortung der Fragen 4 und 5
zitiert. Weiters nimmt die BALUF Wien an dem EU-Projekt SMT4-CT96-2072
„Development of methods to identify foods produced by means of genetic
engineering“ als Ringversuchspartner teil. An diesem seit Herbst 1996 laufenden
Projekt sind 12 europäische Staaten mit 14 Institutionen als Forschungs- und Ent-
wicklungsteilnehmer und 10 als Ringversuchspartner beteiligt.
Dadurch haben sich intensive Kontakte der BALUF Wen zu diversen untersuchen-
den Stellen in Deutschland und in der Schweiz ergeben.
Im Rahmen von OECD-Workshops arbeitet die BALUF Wen an der Sicherheits-
bewertung der Auswirkungen der „Novel Food Verordnung“ mit.