275/AB

 

 

 

Auf die - aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie bei-

geschlossene - schriftliche Anfrage der Abgeordneten Wabl, Lang-

thaler, Freundinnen und Freunde vom 12. März 1996 , Nr. 265/J, be-

treffend Verbilligung von Pflanzenschutzmitteln, beehre ich mich

folgendes mitzuteilen:

 

Bevor ich auf die Beantwortung Ihrer Fragen näher eingehe, darf ich

folgendes ausführen:

 

Speziell im Bereich der landwirtschaftlichen Betriebsmittel, insbe-

sondere bei Pflanzenschutzmitteln, waren die Preise in Österreich

vor dem EU-Beitritt oft um ein Vielfaches höher als in den benach-

barten EU-Ländern. Durch die drastischen Senkungen der Erzeuger-

preise für landwirtschaftliche Produkte nach dem Beitritt Öster-

reichs zur EU war eine Senkung der Betriebsmittelpreise zur

 

Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Landwirtschaft

notwendig und gerechtfertigt .

 

 

Zur Beantwortung Ihrer Fragen im einzelnen :

 

Zu Frage 1 :

 

Im Rahmen der Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln wird

eine genaue Überprüfung und Bewertung der humantoxikologischen,

ökotoxikologischen und phytotoxikologischen Eigenschaften des je-

weiligen Pflanzenschutzmittels durchgeführt . Unter Bedachtnahme auf

das Ergebnis dieser Bewertung werden die Risikosätze und Sicher-

heitsratschläge zum Schutz des Anwenders unter Berücksichtigung in-

ternationaler Standards in Form der Kennzeichnungselemente festge-

legt . Kennzeichnungselemente sind insbesondere :

 

- Gefährliche Eigenschaften des Pflanzenschutzmittels gemäß § 2

Abs . 5 Chemikaliengesetz in Form von Gefahrensymbolen, Kenn-

buchstaben und Gefahrenbezeichnungen;

 

- Hinweise auf besondere Gefahren (Risikosätze ) ;

 

- Sicherheitsratschläge nach dem Chemikaliengesetz und nach dem

Pflanzenschutzmittelgesetz ;

 

- Sonstige Auflagen oder Bedingungen , z . B. im Zusammenhang mit

der Erteilung einer Giftbezugsbewilligung durch die Bezirks-

verwaltungsbehörde aufgrund der Bestimmungen der Giftverord-

nung 1989 , BGBl . Nr . 212 .

 

Die AnAnwendungsbestimmungen als Bestandteil der Kennzeichnung eines

Pflanzenschutzmittels sind nach dem Stand der wissenschaftlichen

Erkenntnisse dermaßen gestaltet , daß bei bestimmungsgemäßer und

sachgerechter Anwendung des Pflanzenschutzmittels (unter Berück-

sichtigung der Sicherheitsratschläge ) keine schädlichen Auswirkun-

gen auf die Gesundheit des Menschen und keine unvertretbaren Beein-

trächtigungen der Umwelt zu erwarten sind.

 

 

Zu Frage 2 :

 

Bei den Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Vinclozolin wurde

einvernehmlich zwischen dem Zulassungsinhaber und dem Bundes-

ministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz die Aufnahme zu-

sätzlicher Kennzeichnungselemente vereinbart .

 

Zu Frage 3 :

 

em Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft liegt nur eine

Zusammenfassung der vorläufigen Ergebnisse vor. Ohne Zugang zu den

einzelnen Daten ist eine nähere Beurteilung mit konkreten Schluß-

folgerungen bzw. Empfehlungen nicht möglich.

 

 

Zu Frage 4 :

 

Im Amtlichen Pflanzenschutzmittelverzeichnis sind gemäß § 17 Abs . 2

Pflanzenschutzmittelgesetz nur diej enigen Pflanzenschutzmittel auf-

genommen, für welche die Zulassungsinhaber dem Bundesamt und For-

schungszentrum für Landwirtschaft bis 31. Oktober des vorausgegan-

genen Kalenderjahres bekanntgegeben haben, daß sie das Pflanzen-

schutzmittel im Folgejahr in Verkehr zu bringen beabsichtigen. Das

Pflanzenschutzmittel Miltoxan ist unter der Pflanzenschutzmittel-

Registernummer 1708 in das Pflanzenschutzmittelregister eingetragen

und daher zugelassen .

Zu Frage 5 :

 

Die zum Ministerialentwurf eines Pflanzenschutzmittelgesetzes im

Zuge der Begutachtung eingelangten Stellungnahmen wurden einer ein-

gehenden fachlichen und juristischen Prüfung unterzogen. Ein über-

arbeiteter Entwurf wurde bereits verschiedenen Stellen, u.a. auch

dem Bundesministerium für Umwelt , Jugend und Familie und dem Bun-

desministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz übermittelt.

 

Verhandlungen mit den beiden genannten Ressorts über diesen Entwurf

laufen.

 

Der von Ihnen angeführte Kritikpunkt , daß "die 500 ältesten und

z .T. kaum geprüften Pestizide wieder erlaubt werden sollen" ent-

spricht nicht den Tatsachen. Es ist aber beabsichtigt , die dies-

bezüglichen Übergangsbestimmungen im Entwurf neu zu fassen.

 

Eine Vereinfachung und Beschleunigung des Zulassungsverfahrens von

Pflanzenschutzmitteln war vorzusehen, weil seit Inkrafttreten des

Pflanzenschutzmittelgesetzes 1990 nur wenige Zulassungsverfahren zu

Ende gebracht werden konnten.

 

Darüber hinaus ist die Republik Österreich aufgrund der Bestimmung

des Art. 9 Abs. 4 der "Richtlinie 91/414/EWG über das Inverkehr-

bringen von Pflanzenschutzmitteln" zur Entscheidung über Zulas-

sungsanträge innerhalb angemessener Frist verpflichtet . Die Er-

fahrungen bei der Vollziehung des geltenden Pflanzenschutzmittel-

gesetzes haben gezeigt , daß die durch das Pflanzenschutzmittelge-

setz geschaffenen Strukturen die rasche Durchführung von Zulas-

sungsverfahren erschweren. Aufgrund dessen finden sich auch keine

ausreichenden Möglichkeiten für die rasche Zulassung von moder-

neren, ökologisch verträglicheren Pflanzenschutzmitteln. Insbeson-

dere bei Pflanzenschutzmitteln, welche nach der "Verordnung (EWG)

2092/91 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kenn-

zeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel'' ,

 

Anhang II B, unter der Voraussetzung einer nationalen Zulassung im

biologischen Landbau eingesetzt werden dürfen, ergeben sich beim

derzeitigen Zulassungsverfahren erhebliche Probleme.

 

Die von Ihnen aufgestellte Behauptung, daß durch den Gesetzesent-

wurf die Einfuhr von in Österreich verbotenen Pflanzenschutzmitteln

erlaubt wird, ist unzutreffend.

 

 

Zu Frage 6 :

 

Für die Jahre 1991 bis 1994 liegen dem Bundesministerium für Land-

und Forstwirtschaft Statistiken über den Einsatz von Pflanzen-

schutzmitteln (auf Wirkstoffbasis) vor. Im Vergleich der Jahre l991

und 1994 ergibt sich ein Rückgang des Wirkstoffeinsatzes um insge-

samt 866 Tonnen bzw. um 20% ( Beilage 1) .

 

Bereits im Jahre 1993 hat das Bundesministerium für Land- und

Forstwirtschaft einen Vergleich des Pflanzenschutzmitteleinsatzes

der Länder Österreich, Deutschland, Dänemark, Schweden und Nieder-

lande durchgeführt, wobei für die Länder Dänemark, Schweden und

Niederlande die Daten des WWF über die Pestizidreduktionsprogramme

herangezogen wurden (Beilage 2 ) . Aus diesem Vergleich ist ersicht-

lich, daß Österreich hinsichtlich des Pflanzenschutzmitteleinsatzes

pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche nach Schweden an zweit-

bester Stelle liegt (in bezug auf die Ausbringung an Pflanzen-

schutzmittelwirkstoffen pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzflä-

che) . Die Reduktionsprogramme anderer Länder, insbesondere der Nie-

derlande, gingen von einem extrem hohen Niveau aus . Damit beweist

Österreichs Landwirtschaft , daß sie auch mit geringem Pflanzen-

schutzmitteleinsatz qualitativ hochwertige Nahrungsmittel zu produ-

zieren imstande ist.

 

Im Bereich der EU besteht nur in Dänemark und Schweden eine Abgabe

 

auf Pflanzenschutzmittel. Die Einführung einer Abgabe auf Pflanzen-

schutzmittel in Österreich hätte gravierende Wettbewerbsnachteile

für die heimische Landwirtschaft und für die österreichische

Wirtschaft .

 

Eine derartige Maßnahme wird daher nicht ins Auge gefaßt .

 

 

Zu Frage 7 :

 

Die zur Verfügung stehenden Daten ergeben aufgrund der sehr gerin-

gen Häufigkeit der Belastung der Fließgewässer mit Metolachlor, daß

es sich um saisonal aufgetretene , kurzzeitige Spitzenwerte und

nicht um eine dauerhafte Belastung dieser Gewässer handelt

( Beilage 3 ) . Bei der Bewertung dieser Befunde ist zu berücksichti-

gen, daß der erwähnte Trinkwasser-Vorsorgegrenzwert eben nur für

Trinkwasser gilt und damit nicht direkt auf Fließgewässer übertrag-

bar ist . Der Nachweis solcher Spuren bedeutet daher nicht automa-

tisch eine Gefährdung . Fließgewässer spielen für die Trinkwasserge-

winnung in Österreich kaum eine Rolle . Trinkwasser wird zu 99% aus

Quell- und Grundwasser gewonnen. Eine zeitweilige Überschreitung

des Trinkwasser-Vorsorgegrenzwertes in einem Fließgewässer ist da-

her für die österreichische Trinkwasserversorgung nicht von Bedeu-

tung.

 

Selbst wenn man für die gemessenen Rückstände die Oualitätskrite-

rien von Trinkwasser zugrundelegt bleibt festzuhalten, daß die

aufgefundenen Werte deutlich unter jenen 10 Mikrogramm pro Liter

liegen, welche die Weltgesundheitsorganisation WHO selbst bei

lebenslanger täglicher Aufnahme als für den Menschen unbedenklich

eingestuft hat . Schädliche Auswirkungen auf die Umwelt (Wasserlebe-

wesen, Nahrungskette ) sind bei den gemessenen Werten ebenfalls aus-

zuschließen.

 

Zu Frage 8 :

 

Für den Einsatz von üngemitteln sind die "Richtlinien für die

sachgerechte Düngung" des "Fachbeirates für Bodenfruchtbarkeit und

Bodenschutz " , welcher im Bundesministerium für Land- und Forstwirt-

schaft eingerichtet ist, heranzuziehen. Diese Richtlinien legen die

maximalen Einsatzmengen an üngemitteln für die jeweiligen Kulturen

fest und berücksichtigen die Notwendigkeiten des Umwelt- und Boden-

schutzes. Im Rahmen des ÖPUL ist die Einhaltung dieser Richtlinien

für bestimmte Maßnahmen bindend. Damit ist gewährleistet, daß Dün-

gegrenzen nicht überschritten werden.

 

Die am ÖPUL teilnehmenden Landwirte verpflichten sich außerdem hin-

sichtlich des Pflanzenschutzes für einen Zeitraum von 5 Jahren zum

ökologischen Ausgleich und zur Verwirklichung der Ziele der Agrar-

und Umweltpolitik beizutragen. Im ÖPUL sind eine Reihe von Maßnah-

men vorgesehen, welche den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im be-

sonderen betreffen und einzuhalten sind:

 

- Förderung von Betrieben mit biologischer Wirtschaftsweise;

 

- Verzicht auf bestimmte ertragssteigernde Betriebsmittel im

Acker- und Grünland;

 

- Integrierte Produktion im Obstbau;

 

- Integrierter kontrollierter Weinbau;

 

- Integrierte Produktion im Zierpflanzenbau;

 

- Extensive Grünlandbewirtschaftung;

 

- Extensiver Getreidebau für den Nahrungsmittelbereich;

 

- Integrierter kontrollierter Gemüsebau;

 

 

- Verzicht auf bestimmte ertragssteigernde Betriebsmittel auf

 

ausgewählten Einzelflächen im Ackerland (einzelflächenbezo-

 

gen) und

 

 

- Verzicht auf leicht löslichen Handelsdünger und flächende-

 

ckenden chemisch-synthetischen Pflanzenschutz im Grünland.

 

 

 

Beilagen wurden nicht gescannt !!