2796/AB XX.GP

 

zur Zahl 2893/J-NR/1997

Die Abgeordneten zum Nationalrat Theresia Haidlmayr, Freundinnen und Freunde

haben an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend Erhebungsbogen über den Be-

treuungsbedarf von Menschen mit Behinderungen in Oberösterreich, gerichtet und

folgende Fragen gestellt:

"1. Aufgrund welcher Rechtslage dürfen Daten der Intimsphäre erhoben werden?

2. Welchem Datenschutz unterliegen die im Erhebungsbogen angeführten Fra-

gen?

3. Aufgrund welcher Rechtssprechung dürfen Mitarbeiterinnen von stationären,

teilstationären und ambulanten Einrichtungen Fragen nach IQ, Sterilisation, se-

xueller Auffälligkeiten und Sozialverhalten von betreuten Personen erheben?

4. Sind Sie der Meinung, daß die Würde von behinderten Menschen durch die

Fragestellungen dieses Erhebungsbogens verletzt wird?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, warum nicht?

5. Sind Sie der Meinung, daß zur Verhinderung solcher prekären Fragestellungen

ein Antidiskriminierungsgesetz für behinderte Menschen unumgänglich ist?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, warum nicht?“

Ich beantworte diese Fragen wie folgt:

Zu 1 bis 4:

Hintergrund der Anfrage ist ein konkreter Erhebungsbogen über den Betreuungsbe-

darf von Menschen mit Behinderungen, der für eine Ermittlung im Auftrag des Lan-

des Oberösterreich von einem Forschungsinstitut vorbereitet wurde. Es gehört nicht

zum Wirkungsbereich des Bundesministers für Justiz, rechtliche Gutachten, Stel-

lungnahmen oder wertende Urteile über die Vollziehung in anderen Zuständigkeits-

bereichen, insbesondere solchen der Länder, abzugeben. Der Anfrage ist auch kein

Sachverhalt zu entnehmen, der ein amtswegiges Vorgehen der Strafverfolgungsbe-

hörden erfordern würde. Sofern der dargestellte Sachverhalt überhaupt die Justiz

berührt, könnte er zu Entscheidungen der Zivilgerichte führen. Schon aus grund-

sätzlichen Erwägungen, nämlich um auch jeden Anschein zu vermeiden, der Bun-

desminister für Justiz versuche in die unabhängige Rechtsprechung einzugreifen,

bitte ich daher um Verständnis dafür, daß ich mich einer Beantwortung dieser Fra-

gen enthalte.

Zu 5:

Allgemein muß ich vorausschicken, daß es sowohl rechtlich als auch faktisch un-

möglich ist, "prekäre“ Fragestellungen zu verbieten. Für den hier konkret angespro-

chenen Bereich sieht jedoch bereits das geltende Recht eine Lösung vor: Nach Auf-

fassung des Bundesministeriums für Justiz haben sämtliche Einrichtungen, die Men-

schen beherbergen oder betreuen, gleichgültig ob es sich bei den Betreuten um Be-

hinderte, Kranke oder andere Menschen handelt, die dem Betreuungs- oder Beher-

bergungsvertrag auch ohne ausdrückliche Vereinbarung innewohnende Neben-

pflicht, die Weiterleitung von vertraulichen Informationen über die betreffenden Per-

sonen - und im besonderen eine solche unter Namensnennung - zu unterlassen. Es

ist also solchen Einrichtungen nicht gestattet, ihnen bekanntgewordene personen-

bezogene Daten ohne Billigung durch die betreffenden Personen oder gegebenen-

falls durch deren gesetzliche Vertreter weiterzugeben, sofern hiefür keine gesetzli-

che Ermächtigung oder gar Verpflichtung besteht. Bei dieser Rechtslage käme somit

auch im Rahmen einer Erhebung der in der Anfrage angesprochenen Art eine Wei-

tergabe der genannten personenbezogenen Daten wohl nur in anonymisierter Form

in Betracht.

Obgleich ich im Rahmen meines Wirkungsbereichs ständig darum bemüht bin, dem

Anliegen der Behinderten besonderes Augenmerk zu widmen, sehe ich im gegebe-

nen Zusammenhang kein Problem, das in besonderer Weise bloß Behinderte treffen

könnte. Aus diesem Grund, aber auch deshalb, weil die geltende Rechtslage dem

Problem in ausreichender Weise Rechnung trägt, halte ich legislative Schritte nicht

für erforderlich. Im übrigen verweise ich zu der Frage auf das vor kurzem vom Parla-

ment verabschiedete Bundesverfassungsgesetz BGBI. I Nr.87/1997, mit dem in den

Art. 7 Abs. 1 B-VG ein allgemeines Verbot der Diskriminierung behinderter Men-

schen eingefügt wurde.